Ukraine greift mit ATACMS an Zieht Russland jetzt seine Luftstreitkräfte zurück?
18.10.2023, 10:37 Uhr Artikel anhören
Partner der USA verfügen bereits über ATACMS-Raketen, so jetzt auch die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Die Ukraine greift die russischen Invasoren mittlerweile auch mit ATACMS an und zerstört dabei mehrere Helikopter. Vermutlich sind die Raketen mit Streumunition ausgerüstet. Für Moskaus Truppen stellt das eine ernste Bedrohung dar - und könnte einen Rückzug von Luftstreitkräften auslösen.
Der Angriff mit ATACMS-Raketen auf Luftwaffenstützpunkte in von Russland besetzten Gebieten bei Berdjansk und Luhansk könnte laut dem Institut für Kriegsstudien (ISW) "wahrscheinlich" dafür sorgen, dass Moskau seine Luftstreitkräfte verteilt und "einige auf weiter von der Frontlinie entfernte Flugplätze abzieht". Die ATACMS wurden der Ukraine kürzlich aus den USA geliefert und haben laut einer Sprecherin des Weißen Hauses eine Reichweite von 165 Kilometern. Dadurch kann Kiew Ziele weiter hinter der Frontlinie angreifen. Bei dem Angriff in der Nacht von Montag auf Dienstag sind laut Angaben der ukrainischen Armee neun Helikopter zerstört worden.
Das ISW weist in seiner aktuellen Analyse darauf hin, dass auf früheren Satellitenbildern des Luftwaffen-Stützpunktes in Berdjansk zu erkennen war, dass die russischen Streitkräfte ihre Helikopter über diesen verteilt hatten. Wahrscheinlich seien die ukrainischen Streitkräfte deswegen "nur in der Lage, einzelne Objekte mit den bisher verfügbaren Langstreckenraketen anzugreifen". Die Ukraine besitzt seit einigen Wochen Marschflugkörper des Typs Storm Shadow aus Großbritannien, die eine Reichweite von mehr als 250 Kilometern haben sollen.
Gefahr für russische Luftwaffe
Die mit Streumunition bewaffnete Version der ATACMS würde es den ukrainischen Streitkräften laut ISW ermöglichen, russische Flugplätze anzugreifen und Flugzeuge und andere Einrichtungen in größerem Umfang zu zerstören. Die "Washington Post" berichtete im September, es handele sich bei den zugesagten Raketen für die Ukraine um solch eine spezielle Variante, die mit Streumunition statt eines einzelnen Sprengkopfes bewaffnet ist. Dafür fällt die Reichweite mit 165 Kilometern geringer aus als die 300 Kilometer, die möglich wären.
Der Militärökonom Markus Keupp schreibt auf der Plattform X: "Entweder verlagert Russland seine stationären und rotierenden Flugzeuge außerhalb der Reichweite oder sie werden ausgelöscht." Es werde "sehr schwer" für Russland sein, überhaupt Luftwaffenstützpunkte im besetzten Gebiet zu betreiben. "Selbst wenn die Ukraine nur die Variante mit 165 Kilometern Reichweite hat."
Aus Moskau kamen zugleich erwartbar scharfe Worte in Richtung der Vereinigten Staaten. "Die Folgen dieses Schritts, der der Öffentlichkeit bewusst vorenthalten wurde, werden sehr ernst sein", zitieren russische Agenturen den russischen Botschafter in den USA, Anatoli Antonow. Dass die Ukraine ATACMS erhalten hat, wurde durch Kiew und Washington erst nach dem Angriff auf Luftwaffenstützpunkte verkündet.
"Wir brauchen mehr"
In einem Video, das unter anderem der Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Ukraine teilte, ist der Start von ATACMS-Raketen zu sehen. Mychajlo Podoljak, Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, fordert auf X zu dem Clip: "Einfach ATACMS. Nur klare und verständliche Sprache für den Aggressor. Einfach spektakuläre und korrekte Arbeit der Streitkräfte. Sie kennen die Ergebnisse. Wir brauchen mehr, öfter, weiter."
Die Ukraine würde gerne Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland erhalten, die eine Reichweite von 500 Kilometern haben können. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt dies bislang ab.
Quelle: ntv.de, rog