Pfui, Niedrigverdiener! Taubers Satz ist wenigstens ehrlich
04.07.2017, 13:20 Uhr
Angriffslustig: CDU-General Tauber
(Foto: dpa)
CDU-Generalsekretär Peter Tauber entschuldigt sich für einen Satz über Minijobber. Dabei spricht er womöglich nur aus, was vermutlich viele in der Union von sozial Schwachen halten: nicht so viel.
Im Wahlkampf präsentieren sich die Parteien gern von ihrer besten Seite. Alles glänzt und strahlt, damit das Gesamtpaket möglichst attraktiv, ja wählbar ist. Das gelingt jedoch nicht immer. "Wenn Sie was Ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs", schrieb CDU-Generalsekretär Peter Tauber einem Twitternutzer und erntete dafür viel Kritik. Tauber entschuldigte sich. Es tue ihm leid, dass er "so blöd formuliert und damit manche verletzt habe".
Als Generalsekretär muss Tauber zuspitzen und angreifen, kurz vor der Wahl erst recht. Aber diesmal hat er ganz schön danebengehauen. Seine Entschuldigung dient allein der Schadensbegrenzung. In der Union wird sich mancher wünschen, Tauber hätte das nie gesagt. Sein Zurückrudern ändert nämlich nichts an der Wucht seines Satzes. Dieser enthält eine unmissverständliche Ansage an Geringverdiener: Ihr seid selbst schuld an eurer Misere, hättet ihr doch mal etwas Ordentliches gelernt. Das ist ganz schön dreist.
Die Union richtet sich traditionell stärker an eine andere Klientel als die Sozialdemokraten, nämlich an Wohlhabende und Gutsituierte. Das ist nicht neu und wurde bei der Vorstellung des Regierungsprogramms am Montag erneut deutlich. CDU und CSU sprechen vor allem zufriedene Wähler an und versprechen ihnen "ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben". Unzufriedene zufriedener zu machen, ist kein Schwerpunkt der Wahlstrategie. Bestes Beispiel ist die Steuerpolitik. Die SPD will besonders Geringverdiener entlasten, die Union dagegen eher nach dem Gießkannenprinzip vorgehen. Gut- und Schlechtverdiener sollen die gleiche Entlastung erfahren. Der Solidaritätszuschlag soll für alle Einkommensgruppen gleichzeitig wegfallen. Die, die es nötiger haben als andere, profitieren davon also verhältnismäßig weniger.
Taubers Äußerung war nicht besonders elegant. In Deutschland gibt es mehr als zwei Millionen Minijobber. Nicht nur die, sondern alle sozial Schwachen können aus seinem Satz Arroganz und Verachtung herauslesen. Politiker sind häufig dem Vorwurf ausgesetzt, die Probleme und Interessen der einfachen Bevölkerung nicht nachvollziehen zu können. Der frühere SPD-Chef Kurt Beck blaffte einst einen Arbeitslosen mit den Worten an: "Wenn Sie sich waschen und rasieren, haben Sie in drei Wochen einen Job." Der verstorbene FDP-Politiker Guido Westerwelle bereute später eine Interviewaussage, in der er im Zusammenhang mit Sozialleistungsbeziehern von "spätrömischer Dekadenz" gesprochen hatte.
Tauber hätte daher sensibler mit dem Thema umgehen müssen. Sein Satz ist ehrlich, im Wahlkampf aber nicht unbedingt hilfreich, wirft er doch ein schlechtes Licht auf CDU und CSU. Dank Peter Tauber kann sich so mancher Wähler jetzt vorstellen, was viele in der Union von Geringverdienern halten: nichts.
Quelle: ntv.de