Ampel stellt neuen Haushalt vor Überleben vorerst gesichert, Chance für lange vertan


Scholz, Habeck und Lindner haben eine Chance vertan.
(Foto: dpa)
Mit ihrer Einigung auf einen neuen Haushalt rettet sich die Ampel ins neue Jahr. Beeindruckend ist das Paket aber nicht. Die Bürger werden zur Kasse gebeten, statt ernsthaft zu sparen. Um neues Vertrauen aufzubauen, werden sich Scholz, Lindner und Habeck mehr anstrengen müssen.
Bei der Bewertung der amtierenden Bundesregierung ist man bescheiden geworden. Da ihr politisches Überleben ernsthaft in Zweifel stand, ist es wohl eine Leistung an sich, dass sich die Herren Scholz, Habeck und Lindner geeinigt haben. Immerhin. Es sind viele kleine und einige große Kompromisse, die da gemacht wurden, aber das muss an sich ja nichts Schlechtes sein. Ein Scheitern an dieser Übung hätte diese Regierung in den Abgrund und das Land in eine gelähmte Zeit bis zu Neuwahlen getrieben.
Von Anfang an war klar, dass alle drei Parteien etwas würden zubilligen müssen, was sie eigentlich nicht zubilligen wollten. So ist es gekommen: Die SPD lässt immerhin ein paar Abstriche am Sozialstaat zu, der allein im Etat des Sozialministers mit 170 Milliarden Euro zu Buche steht. Die Grünen verzichten auf manche Programme und Förderungen im Klimaschutz - von denen freilich eh' nicht sicher war, wie gut sie wirklich abfließen würden. Und die FDP lässt Steuern und Abgaben steigen - auf Strom, Gas, Öl, Benzin und Diesel sowie innerdeutsche Flugreisen. Ihre Wähler trifft das am wenigsten hart.
Wahr ist aber auch - der größte Teil des Haushaltsloches wird mit sehr simplen und ideenlosen Methoden geschlossen: Im Klimaschutzfonds fehlen 60 Milliarden Euro Kreditmittel bis 2027? Dann kürzen wir bei eben diesen Klimaschutzplänen als erstes 45 Milliarden bis 2027. Und - zack - ist das Loch der nächsten vier Jahre schon zu drei Vierteln geschlossen. Als zweites werden die Bürger auf breiter Front zur Kasse gebeten, aber musste das wirklich sein? Die Preise für Strom, Gas, Benzin und Diesel werden Anfang des Jahres steigen und die für Flüge und Plastikprodukte womöglich auch. Das mag gut für den Klimaschutz sein, aber nicht fürs persönliche Portemonnaie. Viele Bürger werden das als weitere Zumutung empfinden. Auch sie werden zur Kasse gebeten, weil die Regierung sich mit Schulden verzockt hat.
Verpasste Gelegenheit
Und vor allem: Politisch ist der neue Haushalt eine vertane Chance. Denn eine große Inventur aller Ausgaben des Staates ist diese Haushalts-Neuberatung ganz klar nicht geworden. "Was wir uns leisten können und was nicht", wollte man prüfen, so der Kanzler. Aber das ist er schuldig geblieben, soweit reichte die Kraft nicht. Es ist eine verpasste Gelegenheit. Stattdessen wurschtelt man sich auch im riesigen Sozialetat weiter und möchte punktuell nur die "Treffsicherheit" erhöhen. Eine Reform an Haupt und Gliedern ist das nicht, leider.
Zugleich wurden diverse Hoffnungswerte verbucht, als wären sie bares Geld: ukrainische Flüchtlinge schneller aus dem staatsfinanzierten Bürgergeld in (steuerzahlende) Arbeit zu bekommen, ist so einer. Und zu allem gibt es noch eine große Hintertür: Wenn für die Ukraine mehr Geld nötig sein sollte, wird eine Ausnahme von der Verschuldungsgrenze doch gemacht.
Bleibt die Frage, ob diese Einigung der Koalition Luft verschafft. Im Inneren zwischen den drei Parteien und nach außen als eine Art Versöhnung mit den Bürgern? Immerhin, der Dreier-Kreis von Scholz, Habeck und Lindner scheint persönlich noch zu funktionieren. Wäre aus dieser Runde während der Verhandlungen etwas herausgesickert, wäre es ein weiterer Nagel in den Sarg dieser Regierung gewesen.
Doch für eine Versöhnung mit den Bürgern, die so viel Vertrauen verloren haben, wird es mehr brauchen als diese Einigung. Sie rettet die Koalition in das Neue Jahr, in die nächste Etappe. Weitere Zumutungen dürfen nicht folgen: nicht bei der Verteuerung des Klimaschutzes, nicht beim Dauerstreit der Koalitionspartner.
Quelle: ntv.de