Person der Woche

Person der Woche: Markus Söder Drei Gründe für Söder als Kanzlerkandidat

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Möchte von der CDU gern gerufen werden, heißt es: Markus Söder.

Möchte von der CDU gern gerufen werden, heißt es: Markus Söder.

(Foto: dpa)

Die CDU taumelt ausgerechnet im Wahljahr in eine schwere Krise. In der Partei wächst die Sehnsucht nach dem Retter aus Bayern. Die Kanzlerkandidatur schien für Laschet schon entschieden, nun ist sie wieder offen - aus guten Gründen

Vor sechs Wochen schien die Kanzlerkandidatur der Union schon entschieden. Armin Laschet hatte Friedrich Merz auf dem Parteitag geschlagen, die Union lag in den Umfragen bei satten 37 Prozent, er verkörperte als ausgleichender Ministerpräsident des größten Bundeslandes die CDU-typische Selbstverständlichkeit der Macht und vor den Landtagswahlen herrschte in der CDU schweigsame Loyalität. Nicht einmal eigenwillige CDU-Hinterbänkler äußerten Zweifel daran, dass Laschet der natürliche Kanzlerkandidat der Union werden würde.

Heute ist die Lage völlig auf den Kopf gestellt. Die Union taumelt in den Umfragen der 30-Prozent-Marke entgegen, die Landtagswahlen im Südwesten waren ein Desaster (die Kommunalwahlen in Hessen auch), CDU-Lagerkonflikte brechen auf, CDU-Bundesminister machen eine miserable Figur in der Corona-Politik und die Maskenaffäre erschüttert obendrein das Grundvertrauen in die Partei. Mit großer Mühe versucht die Parteispitze, Laschet aus dem Schlamassel fernzuhalten, doch in Wahrheit steckt er mittendrin. Die Kanzlerkandidatur, die eben noch ein Selbstläufer schien, ist akut gefährdet. Von Stunde zu Stunde mehrt sich in der CDU die Runde derer, die nun Markus Söder als Kanzlerkandidaten 2021 haben wollen. Es gibt drei gute Gründe dafür:

Erstens hat Söder die mit Abstand besten Umfragewerte. Selbst in der vergangenen Desaster-Woche der Union konnte Söder bei der Kanzlerpräferenz seinen Vorsprung festigen: Wenn die Deutschen ihren Kanzler direkt wählen könnten, würden sich 37 Prozent für Söder entscheiden (plus 1 Prozentpunkt). Grünen-Chef Robert Habeck käme gegen Söder abgeschlagen nur auf 18 Prozent (minus 1), SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gar bloß auf 15 Prozent (unverändert). Würden die Unionsparteien hingegen den neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet als Kanzlerkandidaten aufstellen, würde er die CDU auf das Niveau der Gegenkandidaten senken: Laschet käme auf 22 Prozent (unverändert), Habeck auf 21 Prozent (minus 1), Scholz auf 20 Prozent (plus 2).

Zweitens verkörpert Söder einen Neubeginn. Die Union braucht dringend einen - zumindest gefühlten - Neubeginn, und sie braucht ihn mehr als es Laschet bieten kann. Die Union muss sich dreifach emanzipieren - von einer verkrusteten, zeitlupenhaften Merkelpolitik für Deutschland, von einer skandalerschütterten CDU-Seilschaft und von einer handwerklich fehlerhaften Corona-Politik. Das CDU-Führungs-Duo Laschet-Spahn aber steckt so tief in den aktuellen Problemen fest, dass sie nicht mehr in die Rolle der frischen Aufbrecher wechseln können. Alleine die Vokabeln "Van Laack" und "Spendendinner" reichen, um den Wahlkampf der beiden zu belasten. Söder hat diesen Ballast nicht. Wohl aber kann er in Bayern auf eine gute Regierungsbilanz schauen und mit dem Pfund des erfolgreichen Machers und Wohlstandsgaranten wuchern. Da durch die Pandemie Millionen in Kurzarbeit stecken und Arbeitsplätze bedroht sind, wird die Sehnsucht nach einem Aufschwung-Kandidaten wie Söder groß.

Drittens braucht die CDU jemanden, der die zerstrittenen Flügel der Partei wieder zusammenführt. Vor allem im Wahlkampf. Die beiden Parteitage, in denen Friedrich Merz hauchdünn unterlegen ist, haben die hälftige Spaltung der CDU krass offenbart. Die Konservativen, die Wirtschaftsliberalen, der Mittelstand und die Junge Union fühlen sich am Ende der Merkel-Ära regelrecht ausgegrenzt. Zugleich geht ein Ost-West-Riss durch die CDU. Beide Gräben kann Laschet nur schwer überwinden, weil er zu sehr im Westdeutschen und im Merkel-Lager verortet wird. Söder hingegen ist in beiden Flügeln und ganz besonders im Osten anerkannt. "Er könnte das U der CDU/CSU wieder mit Leben füllen", sagt ein ostdeutscher Spitzenpolitiker. Geschickt hat Söder gleich nach dem CDU-Parteitag öffentlich ermahnt, dass man das Merz-Lager einbinden müsse. Explizit wünschte er sich, dass Friedrich Merz "im Team bleibt". Als jemand, der zwei Mal so knapp eine Vorsitzendenwahl verloren habe, gehöre Merz dringend dazu. Seither gilt Söder in der Merz-Hälfte der Partei als heimlicher Favorit auf die Kanzlerkandidatur.

Laschet weiß, dass die akute Krise seine Chancen auf die Kanzlerkandidatur schmälert. Darum tauchte er am Abend der Landtagswahlen medial völlig ab, darum präsentiert er am Montag einen neuen, hastig formulierten Compliance-Kodex für CDU-Abgeordnete der Zukunft. Beides kritisieren CDU-Profis nun als taktische Fehler. Sich in der Krise nicht vor die Partei und die Wahlkämpfer zu stellen, kommt innerhalb der CDU schlecht an. "Wegducken zeugt nicht von Führungsstärke", hört man aus dem Landesverband Baden-Württemberg. Und der neue Kodex wird sogar vom CDU-Altvater Wolfgang Schäuble als Ungeschicklichkeit kritisiert, weil sich so der Maskenskandal diskursiv nur verlängert.

In den ostdeutschen Landesverbänden, im Südwesten, in Hamburg und in der Wirtschaftsunion mehren sich nun die Stimmen, dass man Laschet bis Ostern nahelegen sollte, zugunsten von Söder auf die Kandidatur zu verzichten. Denn Söder wird von sich aus keine Ambition aktiv kommunizieren. In München hört man: "Er muss aus der CDU klar und deutlich gerufen werden, nur dann wäre er bereit." Darum wartet man bei der CSU die kommenden Wochen ab, ob sich eine Pro-Söder-Stimmung in der CDU formiert und artikuliert. Bei einem Spaziergang am Tegernsee könne man dann - wie weiland Helmut Kohl und Franz-Josef Strauß - die Machtfrage friedlich klären.

Am Ende könnte die Einschätzung von Friedrich Merz doch noch zutreffen: "Historisch betrachtet war es bisher so, dass die CSU den gemeinsamen Kanzlerkandidaten nur dann gestellt hat, wenn die CDU mit ihrer eigenen Führung richtig unzufrieden war. Das war 1980 so, das war 2002 so", sagte Merz vor Weihnachten. Er konnte sich das für 2021 nicht recht vorstellen. Er konnte aber auch nicht ahnen, dass die CDU binnen weniger Wochen in ihre größte Krise seit 20 Jahren taumeln und nun einen Retter suchen würde - und sei es einen aus Bayern.

Quelle: ntv.de

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