Politik

Was jetzt, Armin? Laschets "Mission Impossible"

Leitet die Staatskanzlei in Düsseldorf und seit zwei Monaten auch die CDU: Armin Laschet.

Leitet die Staatskanzlei in Düsseldorf und seit zwei Monaten auch die CDU: Armin Laschet.

(Foto: imago images/Reichwein)

Maskenaffäre, Corona-Blues und Personalquerelen - im Wahljahr 2021 hat CDU-Chef Laschet reichlich Probleme am Hacken. Sie aus dem Weg zu räumen, ist das eine. Der Partei neuen Mut zu machen, das andere. Die Gefahr zu scheitern ist größer denn je.

Armin Laschet trifft keine Schuld. Darin ist man sich offenbar weitgehend einig in der Partei. Als CDU-Chef ist er noch zu kurz im Amt für Attacken auf seinen Führungsstil. Doch das Schweigen des Vorsitzenden am Wahlabend deuten einige, wenn schon nicht als Zeichen der Ratlosigkeit, dann zumindest als Indiz dafür, dass die CDU-Spitze mit der richtigen Deutung des Fiaskos bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg und einer klugen Reaktion darauf hadert. Lag es an den falschen Kandidaten? Haben die Wähler ihren Unmut über die Corona-Politik der Bundesregierung auf die CDU projiziert? Oder war es doch die Maskenaffäre, die das Vertrauen der Wähler in die Union erschüttert hat? Laschet muss Antworten finden - und zwar schnell.

Schon im Juni steht die nächste Landtagswahl an. In Sachsen-Anhalt regiert Reiner Haseloff bisher mit recht großem Rückhalt der Wähler. Dennoch sitzt ihm die AfD im Nacken. Schon 2016 war die Mehrheitsfindung in Magdeburg eine schwere Geburt. Dass es noch einmal reichen wird für eine "Kenia-Koalition", ist keineswegs ausgemacht. Ein bisschen Rückenwind vom Bund wäre durchaus hilfreich. Laschet muss also in kurzer Zeit das Kunststück fertig bringen, die CDU einerseits "als Partei von der Regierung zu emanzipieren", wie es Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann fordert. Andererseits muss er glaubwürdig vermitteln, dass die CDU dem "schwarzen Filz" ein Ende setzt. Gelingt ihm das nicht, stehen der Kanzlerpartei schwere Zeiten bevor. Wahlergebnisse wie jene vom Sonntag könnten dann zur Regel in der Post-Merkel-Ära werden.

Schon jetzt geht in der Union die Furcht vor der Ampel im Bund um. CSU-Generalsekretär Markus Blume warnte noch am Abend der Landtagswahlen vor einem "Linksrutsch" bei der Bundestagswahl und forderte von FDP und Grünen ein klares Bekenntnis zur bürgerlichen Mitte. Indes arbeitet die SPD-Spitze offen darauf hin, das Corona-Missmanagement allein dem Koalitionspartner in die Schuhe zu schieben. Eine Ursache für das Wahldebakel seien "die Leistungsdefizite bei einigen von CDU/CSU gestellten Bundesministern", sagte Parteichef Norbert Walter-Borjans am Morgen bei ntv. In der CDU-Präsidiumssitzung sorgte das für ordentlich Unmut. So könne man nicht miteinander umgehen, schimpfte Laschet dem Vernehmen nach. Die SPD müsse sich entscheiden, ob sie Regierungspartner oder Opposition sein will.

Auch die Schwesterpartei stichelt

Mit der strauchelnden CDU steht Laschet ohnehin ziemlich allein da. Auch von der Schwesterpartei kommt wenig Zuspruch. Am Morgen hatte es CSU-Chef Markus Söder recht eilig zu betonen, dass die Wahlklatsche vor allem auf das Konto des Bundeskabinetts gehe - und machte indirekt die Minister Spahn und Altmaier mitverantwortlich. Die Union brauche frische Köpfe für den Wahlkampf, forderte er. Laschet kann er damit wohl kaum gemeint haben. Seine Warnung taugt aber durchaus als Botschaft an den CDU-Vorsitzenden: "Wir werden die Bundestagswahl nicht mit dem Schlafwagen gewinnen können", sagte Söder. Dass der CDU-Parteichef seinem Generalsekretär am Wahlabend die ersten Worte zum Ausgang überlässt, mag Tradition sein - aber es spricht eben auch nicht gerade für Aufbruch im Konrad-Adenauer-Haus.

Dazu passt, dass Laschet, als er am späten Mittag doch noch vor die Kameras trat, kaum aus der Defensive herauskam. Eine Kabinettsumbildung, wie sie gerüchteweise in der CDU diskutiert wurde, sei nicht erforderlich, erklärte der Parteivorsitzende. Er erwarte von jedem Bundesminister, dass er eine gute Arbeit abliefere - und "sich nicht an anderen abarbeitet, die einen schwierigen Job zu leisten haben". Ein klarer Angriff auf SPD-Finanzminister Olaf Scholz, der bis zu zehn Millionen Impfdosen pro Woche in Aussicht gestellt hatte. Die Corona-Politik sei keine parteipolitische Frage, deshalb solle man sie auch nicht parteipolitisieren, so Laschet. Den Vorwurf, als CDU-Chef nicht präsent genug gewesen zu sein, bügelte er ab. "Ich bin sehr viel präsent, aber eben digital."

Methode Merkel - Augen zu und durch

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Laschet plant für die Zeit nach der Pandemie. Immer wieder verweist er auf die Programmatik der CDU, die "jetzt an Fahrt aufnehmen" werde, wie er sagte. Dort sieht er seinen Arbeitsauftrag als Parteivorsitzender, nicht bei Impfstrategie und Corona-Lockerungen. Sein Fahrplan aus der Krise folgt dem Prinzip Merkel: Augen zu und durch - und das mit allen Konsequenzen. Ohnehin wird Laschet die gelockerte Corona-Politik der Bundesregierung zwangsläufig mittragen müssen, auch wenn steigende Inzidenzzahlen einen dritten Shutdown notwendig machen sollten. Immerhin war er einer der ersten Ministerpräsidenten, die Öffnungen forderten. Seine Hoffnung kann lediglich sein, dass die Pandemie durch verstärktes Impfen und mehr Tests bis zum Spätsommer an Dynamik verliert. Nur dann werden andere Themen wieder wichtiger.

In der Maskenaffäre soll indes ein selbstauferlegter Verhaltenskodex für Unions-Abgeordnete die Wogen glätten, zusätzlich zur sogenannten Ehrenerklärung, die in der Bundestagsfraktion gefordert worden war. Ob das aufs Wählervertrauen durchschlägt, ist allerdings offen - ebenso wie die leidige Führungsfrage. Weil die Krisenkanzlerin als Zugpferd im Wahlkampf ausfällt, muss es Laschet entweder selbst angehen. Oder er überlässt Markus Söder den Job. Für Laschet hätte das durchaus Vorteile. Die CDU aus dem Stimmungstief zu holen, dürfte schwer genug sein. Dabei auch noch den Wähler zu überzeugen: fast schon eine Mission Impossible. Vielleicht ist das auch Laschet bewusst. Den Wahlabend soll er jedenfalls nicht im Konrad-Adenauer-Haus, sondern in Nordrhein-Westfalen verbracht haben. Klingt nicht gerade nach Kampf ums Kanzleramt.

Quelle: ntv.de

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