Rheinland-Pfalz & SaarlandKlimageograph sieht Klimakrise-Skeptiker auf dem Rückzug

Leopoldina-Neumitglied Esper nennt die Aufnahme in die Nationale Akademie der Wissenschaften "eine extrem schöne Ehre". Er freue sich, dort nun auf den Austausch zwischen vielen unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen, sagt der Mainzer Klimageograph.
Mainz (dpa/lrs) - Der jüngst in die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina gewählte Mainzer Klimageograph Jan Esper sieht Skeptiker des Klimawandels mittlerweile auf verlorenem Posten. "Die Skeptikerszene ist massiv auf dem Rückzug", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Das liege an eindeutigen Daten und Entwicklungen der vergangenen Jahre. "Die Realität diktiert", sagte Esper. Ein Argument der Skeptiker des menschengemachten Klimawandels sei, dass frühere Warmphasen unterschätzt würden. Rückenwind habe ihnen gegeben, dass es nach dem sehr warmen Jahr 1998 zunächst eine Unterbrechung der Erwärmung gegeben habe. Doch dann habe die Erwärmung in den 2010er Jahren ein neues Niveau erreicht.
Esper ist Professor für Klimageographie am Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Als Dendrochronologe widmet er sich der Analyse von Baumringen. Sein Fokus liegt auf der Erforschung des Paläoklimas, des Klimas im Verlauf der Erdgeschichte. Denn Bäume sind wahre Klimazeugen, enthalten zig Informationen über klimatische Begebenheiten teils weit zurückliegender Jahre, wie Esper erklärte.
Den Klimawandel bezeichnet der Forscher als "Menschheitsproblem". Daher stehe seine wissenschaftliche Disziplin viel mehr im Fokus als früher. "Einen kleinen Beitrag zu leisten, das zu erforschen, das ist eine Motivation." Im aktuell größten, von der EU geförderten Projekt widmen er und seine Kollegen sich dem sogenannten Divergenzproblem. Demnach spiegeln Baumringe seit den 1960er Jahren nicht mehr korrekt die Entwicklung der Temperaturen wider. Das stellt die übliche Rekonstruktion von Temperaturentwicklungen anhand von Jahrringen infrage und kann auch entscheidend für die Frage sein, wie sensibel das Klima auf vom Menschen verursachte Treibhausgase reagiert.
Esper und seine Kollegen sammeln im Rahmen des Projekts Proben von Bäumen von 100 Waldgrenzstandorten verteilt über die Nordhalbkugel - von den Alpen über die Rocky Mountains bis hin zum Himalaya. Die Standorte liegen alle an kalten Waldgrenzen, jenseits derer kein Baumwachstum mehr möglich ist. Das können Höhengrenzen in Gebirgen oder nördliche Baumgrenzen etwa in Skandinavien, Kanada oder Sibirien sein. Die gesammelten Proben werden in Mainz auseinandergesägt und unter Mikroskopen oder in Röntgenbildern betrachtet. Geschaut wird außer auf die Ringe etwa auch auf die Zellwandstärken im Holz.
Am Ende sollen neue Erkenntnisse über das Baumwachstum in unterschiedlichen Gegenden stehen. Das Wachstum ist längst nicht nur von der Temperatur abhängig, sondern von vielen Faktoren darunter der Ozongehalt oder der Gehalt von Treibhausgasen - Faktoren, die von der menschengemachten Industrialisierung maßgeblich verändert wurden.