Für den Fiskus kein PlusDurch "Aktivrente" könnten rund 33.000 Stellen entstehen

Mit der sogenannten Aktivrente möchte die Bundesregierung mehr Ältere zum Weiterarbeiten animieren. Eine Studie zeigt nun, wie dies die Erwerbstätigkeit steigern könnte - aber auch, was das den Staat kostet.
Durch die von der Bundesregierung geplante "Aktivrente" könnten in den kommenden Jahren umgerechnet 33.000 Vollzeitstellen auf dem deutschen Arbeitsmarkt entstehen. Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor. Durch den steuerfreien Hinzuverdienst von bis zu 2000 Euro monatlich könne die Erwerbstätigkeit von Menschen im gesetzlichen Rentenalter um bis zu zehn Prozent steigen. Damit ergebe sich umgerechnet der Wert von 33.000 Stellen.
Der Bundestag befasst sich am Freitag erstmals mit dem Vorhaben der Bundesregierung. Die von der CDU durchgesetzte sogenannte Aktivrente ist Teil eines vereinbarten Rentenpakets, zu dem auch die Ausweitung der Mütterrente und die Festlegung der Rentenhöhe bei 48 Prozent des Durchschnittseinkommens zählen. Das Bundeskabinett brachte die "Aktivrente" im Oktober auf den Weg.
Das Gesetz sieht vor, dass Erwerbstätige nach Erreichen des Renteneintrittsalters im Monat 2000 Euro, also im Jahr 24.000 Euro, steuerfrei aus nichtselbstständiger Arbeit verdienen können. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen aber Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abführen, der Arbeitgeber auch zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Ermöglicht werden soll die Aktivrente für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die das gesetzliche Renteneinstiegsalter erreicht haben. Ob Betroffene bereits Rente beziehen oder den Rentenbezug aufschieben, ist unerheblich.
Rechnet sich für den Staat nicht
Das Finanzministerium rechnet durch die "Aktivrente" mit einem Minus bei den Steuereinnahmen von rund 890 Millionen Euro im Jahr. Wie die Bertelsmann-Studie nun errechnet, wären rund 40.000 Vollzeitstellen - also rund 7000 mehr als höchstens erwartet werden - nötig, damit sich die Aktivrente auch für den Staat rechnet. Notwendig sei also eine umfassende Informationskampagne, damit noch mehr Rentner das Angebot nutzten.
52 Prozent der älteren Arbeitnehmer sagten in der von Bertelsmann beauftragten und vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) durchgeführten Befragung, sie wollten nach Erreichen des Ruhestands nicht mehr weiterarbeiten. Bei der Möglichkeit eines steuerfreien Hinzuverdienstes von bis zu 2000 Euro im Monat verringere sich der Anteil derjenigen, die nicht mehr arbeiten möchten, um rund fünf Prozentpunkte. Fast alle der 3000 Befragten, die sich vorstellen können, weiterzuarbeiten, sagen zudem, sie seien bereit, ein Jahr oder mehr zu verlängern.
"Grundsätzlich setzt die Politik mit der Aktivrente ein wichtiges Zeichen: Arbeit im Alter ist gewollt - und sie lohnt sich", erklärte Eric Thode, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung. "Damit die Reform die Erwerbsbeteiligung Älterer tatsächlich erhöhen kann, muss die Politik die neuen Möglichkeiten aber aktiv bewerben - verständlich, über zielgruppengerechte Kanäle, mit klaren Beispielen. Sonst droht das Potenzial der Aktivrente zu verpuffen." Denn selbst bestehende Regeln im Rentenrecht seien vielen nicht bekannt.
In Skandinavien arbeiten mehr Ältere
Hintergrund der Pläne ist der Fachkräftemangel. Ältere Arbeitnehmer verfügten über wertvolle Erfahrungen, von denen Unternehmen profitieren könnten, hieß es in der Studie. Derzeit seien in Deutschland 21 Prozent der 65- bis 69-Jährigen erwerbstätig. In Ländern wie Dänemark oder Schweden liege die Quote bei rund 30 Prozent. Eine weitere Hürde für die Beschäftigung Älterer sind einer zweiten Untersuchung zufolge komplizierte rechtliche Rahmenbedingungen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen schreckten vor dem Einstellen Älterer zurück. Grund sei die Rechtsunsicherheit bei befristeten Arbeitsverträgen und das Risiko, dass unbefristete Arbeitsverhältnisse entstünden.
Gleichzeitig seien auch die Arbeitgeber gefordert, die Arbeitsbedingungen für ältere Menschen attraktiver zu gestalten. Dazu zählten altersgerechte Tätigkeiten, mehr zeitliche Flexibilität und ein gutes Arbeitsklima. "Um sich für ältere Arbeitskräfte attraktiv zu machen, sind Unternehmen gut beraten, mit Wertschätzung auf die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen zuzugehen", sagte Thode. Das Arbeitsumfeld müsse so gestaltet sein, dass sich deren Erwartungen erfüllten, geistig fit zu bleiben, Spaß an der Arbeit zu haben und soziale Kontakte zu pflegen.