Entspannung im Ukraine-Konflikt An den US-Börsen schwindet die Angst
15.02.2022, 23:33 Uhr
Die Stimmung an der Wall Street war deutlich optimistischer als am Vortag.
(Foto: REUTERS)
Nach den wenig optimistischen Schlagzeilen vom Montag scheint sich die Gefahr eines bevorstehenden Krieges in Europa etwas abgeschwächt zu haben. An den US-Börsen macht sich bereits Erleichterung breit. Die Antikrisen-Währung Gold verbilligt sich, während Anleger mit Kryptowährungen mehr auf Risiko setzen.
Die nachlassende Furcht vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine lockt Anleger an die Wall Street zurück. Der US-Standardwerteindex Dow Jones schloss am Dienstag 1,2 Prozent höher bei 34.988 Punkten. Der technologielastige Nasdaq rückte 2,5 Prozent auf 14.139 Punkte vor. Der breit gefasste S&P 500 legte 1,6 Prozent auf 4471 Punkte zu.
"Wir sind in einer Erleichterungsphase nach den jüngsten Schlagzeilen zur Russland/Ukraine-Krise", sagte Anlagestratege Peter McCallum von der Investmentbank Mizhuo. Einige Anleger blieben aber vorsichtig, um bei unvorhergesehenen Entwicklungen nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden. Mut machten Börsianern zufolge vor allem Berichte über einen Teilabzug russischer Truppen von der ukrainischen Grenze. Gleichzeitig liefen die Bemühungen für eine diplomatische Lösung des Konflikts auf Hochtouren. Vor diesem Hintergrund zogen sich einige Investoren aus "sicheren Häfen" wie der Weltleitwährung zurück.
Dies brockte dem Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, ein Kursminus von 0,4 Prozent ein. Die "Antikrisen-Währung" Gold verbilligte sich um ein Prozent auf 1852 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). US-Staatsanleihen gerieten ebenfalls unter Verkaufsdruck, wodurch die Rendite der zehnjährigen T-Bonds auf 2,045 Prozent stieg.
Andere riskante Anlagen wie Kryptowährungen standen dagegen wieder hoch im Kurs. Bitcoin rückte vier Prozent auf 43.935 Dollar und Ethereum sechs Prozent auf 3093 Dollar vor. Daher griffen Investoren auch bei Werten aus dem Kryptowährungssektor und Unternehmen, die sich mit der Bitcoin & Co zugrundeliegenden Blockchain-Technologie befassen, beherzt zu. So stiegen die Papiere von Coinbase, Riot, Marathon, Overstock und Silvergate um bis zu zwölf Prozent. Die Titel des Elektroautobauers Tesla und der Softwarefirma MicroStrategy, die Milliarden in Bitcoin investiert haben, rückten bis zu knapp sieben Prozent vor.
Wegen einer nachlassenden Furcht vor Lieferausfällen ging es für den Ölpreis dagegen abwärts. Die US-Sorte WTI verbilligte sich um 3,7 Prozent auf 91,93 Dollar je Barrel (159 Liter), nachdem sie am Montag ein Siebeneinhalb-Jahres-Hoch von 95,72 Dollar erreicht hatte. "Russland exportierte im Januar knapp 4,7 Millionen Barrel Rohöl pro Tag", rechnete Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch vor. "Sollte im Falle einer militärischen Auseinandersetzung und aufgrund von westlichen Sanktionen ein Teil davon wegfallen, könnte dies nicht so ohne weiteres aufgefangen werden." Im Sog des fallenden Ölpreises gaben die Aktien von Konzernen wie Exxon oder Chevron bis zu 1,2 Prozent nach.
Bei den Unternehmen rückte Intel ins Rampenlicht. Der Chip-Hersteller schluckt für 5,4 Milliarden Dollar den israelischen Auftragsfertiger Tower Semiconductor. Dessen in den USA notierte Aktien stiegen zeitweise um mehr als 40 Prozent auf ein 17,5-Jahres-Hoch von 47,47 Dollar. Das Unternehmen sei mit einem Kaufpreis von 53 Dollar je Aktie ein Schnäppchen, lobte Analyst Gus Richards von der Investmentbank Northland. Außerdem sichere sich Intel Expertise bei bestimmten Chips, die besonders stark gefragt seien. Intel-Papiere verteuerten sich um 1,8 Prozent, und der Philadelphia Halbleiterindex rückte 5,5 Prozent vor.
Bei den Titeln von Marriott griffen Investoren dank eines überraschend starken Quartalsergebnisses ebenfalls beherzt zu. Die starken Zahlen untermauerten seine Prognose, dass die Hotelkette ab dem zweiten Halbjahr 2022 wieder Geld an seine Aktionäre ausschütten werde, schrieb Analyst David Katz von der Investmentbank Jefferies. Marriott-Papiere stiegen um bis zu 5,8 Prozent auf ein Rekordhoch von 181,34 Dollar. In ihrem Windschatten gewannen die Aktien des Rivalen Hilton, der Fluggesellschaft Delta und des Online-Reisebüros Expedia bis zu 7,5 Prozent.
Quelle: ntv.de, ino/rts