"Pauschale Verdächtigungen" BDI empört über Habecks Kartellrechtspläne
15.06.2022, 07:05 Uhr
Auf die Preise an den Zapfsäulen hatten die geplanten Entlastungen für Autofahrer bislang kaum Einfluss.
(Foto: IMAGO/Lobeca)
Wirtschaftsminister Habeck will das Kartellrecht erweitern, um gegen Mineralölkonzerne schärfer vorgehen zu können. Dies ruft Handel und Industrie auf den Plan. Der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie warnt, ein solches Vorgehen würde "die Grundfesten unseres Rechtssystems treffen".
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hat die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für ein härteres Kartellrecht scharf kritisiert. "Die Zerschlagung von Unternehmen ist das schärfste Mittel, was dem Rechtsstaat zur Verfügung steht", sagte Russwurm den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Die Schwelle für den Einsatz dieses Instrumentes noch niedriger zu setzen, um beim bloßen Anschein von Missbrauch reagieren zu können - das würde die Grundfesten unseres Rechtssystems treffen."
Nach Habecks Plänen soll das Kartellamt mehr Eingriffsmöglichkeiten erhalten, um gegen Mineralölkonzerne schärfer vorgehen zu können. Wettbewerbshüter sollen neben schlagkräftigeren Sektoruntersuchungen auch Gewinne abschöpfen können, wenn Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen. Als letztes Mittel sollen Entflechtungen möglich sein. Hintergrund der geplanten Maßnahme ist, dass zum 1. Juni zur Entlastung der Autofahrer die Energiesteuer auf Benzin und Diesel gesenkt worden war. An den Zapfsäulen wurde dies aber kaum spürbar.
Der Industriepräsident wandte sich auch gegen eine sogenannte Übergewinnsteuer für Krisenprofiteure. "Ich tue mich sehr schwer, Gewinn von Übergewinn zu unterscheiden. Wo ist da die Grenze?", sagte er. Gewinne würden in Deutschland bereits hoch besteuert. Außerdem verteidigte er die Mineralölkonzerne: "Wir sprechen über einen komplexen globalen Markt in einer Krisensituation. Daraus ergeben sich Knappheiten und Kostensteigerungen bei Versorgung, Transport, Weiterverarbeitung", sagte er. "Das alles muss man sauber analysiert und belegt haben, ehe man pauschale und schwerwiegende Verdächtigungen äußert."
Zuvor hatte bereits der Handelsverband Deutschland Habecks Pläne für ein schärferes Kartellrecht scharf kritisiert. "Wir halten die Einführung missbrauchsunabhängiger Entflechtungsmöglichkeiten und kartellrechtlicher Gewinnabschöpfungsansprüche ohne Nachweis des Verschuldens für einen Irrweg", sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. "Ein solcher Blankoscheck für das Bundeskartellamt würde willkürliche und politisch motivierte Entscheidungen begünstigen." Er empfehle "dringend", das Vorhaben nicht weiterzuverfolgen.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa