Streik-Chaos in Deutschland Bahn stellt Fernverkehr komplett ein
10.12.2018, 08:40 Uhr
         			
         		Der Warnstreik der Eisenbahngewerkschaft EVG trifft die Deutsche Bahn mit voller Wucht: Überall in Deutschland fallen Verbindungen aus. Der Fernverkehr wird am Morgen komplett eingestellt. Die Bahn versucht, die Streikfolgen für ihre Kunden abzumildern.
Die kurzfristig angekündigten Arbeitsniederlegungen treffen die Deutsche Bahn sehr viel härter als erwartet: Der von der Gewerkschaft EVG kurzfristig angekündigte Warnstreik sorgt deutschlandweit für erhebliche Behinderungen im Schienenverkehr. Zum Schichtwechsel in den Stellwerken der Bahn legten am frühen Morgen zahlreiche Mitarbeiter ihre Arbeit nieder. Die Ablösung trat vielerorts gar nicht erst zur Arbeit an. Die Folge: Die Deutsche Bahn muss einen Großteil ihrer Zugverbindungen im Nah-, Regional- und Fernverkehr streichen. Die S-Bahnen in Großstädten wie München, Frankfurt am Main oder Berlin fahren nur noch mit erheblichen Einschränkungen.
"Aufgrund von Streikmaßnahmen der Gewerkschaft EVG gibt es massive Beeinträchtigungen im Fernverkehr", teilte die Deutsche Bahn mit. "Aktuell ist der Fernverkehr bis voraussichtlich 9.00 Uhr eingestellt." Bis zu diesem Zeitpunkt soll die von der EVG angesetzte Streikaktion enden und der Betrieb wieder anlaufen. Bis der Schienenverkehr aber wieder nach Plan funktioniert, dürfte es allerdings noch dauern. "Auch im Verlauf des Tages ist mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen."
Bahnkunden erhalten teilweise keine Informationen: In den großen Bahnhöfen würden zum Teil auch die Reise- und Ansagezentren bestreikt, teilte die Bahn mit. Um die Auswirkungen des Streiks auf Bahnkunden abzumildern, bietet der Konzern umfangreiche Kulanzregelungen an: "Für Reisende mit Flexpreis- und Sparpreistickets mit Gültigkeit am Montag wird die Tages- und Zugbindung aufgehoben und die Tickets können auch am Dienstag flexibel genutzt werden", teilte die Bahn mit.
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Die Bahn bemüht sich, betroffenen Reisenden mit erweiterten Kulanzregelungen entgegenzukommen: "Alle Tickets behalten ihre Gültigkeit bis Sonntag, 16. Dezember", bestätigte ein Bahn-Sprecher am Morgen. Tickets und Reservierungen werden demnach kostenlos erstattet, wenn die vorgesehene Reise streikbedingt nicht wie geplant möglich ist.
Kein Fernverkehr vor Neun
Im Regionalverkehr konzentrieren sich die Streikaktionen im Schwerpunkt auf die beiden Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen. Im Freistaat fallen neben dem Fernverkehr auch sämtliche Regionalverbindungen der Bahn komplett aus. Erst ab 9.00 Uhr sollen hier wieder die ersten Züge rollen. In NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, sei der Regionalverkehr "flächendeckend" betroffen, wie die Bahn mitteilte.
  Lange Schlangen in den Bahnhöfen: Allein von dem streikbedingten Komplettausfall im Fernverkehr sind zehntausende Reisende betroffen.
(Foto: dpa)
Erhebliche Auswirkungen gab es auf die Berliner S-Bahn. Es gebe hier nur noch etwa ein Drittel des normalen Angebotes, sagte ein Sprecher. "Wir bemühen uns, während des Streiks ein Angebot aufrecht zu erhalten", teilte das Unternehmen mit. Die Fahrgäste in der Hauptstadt wurden aufgefordert, auf U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse auszuweichen. Für zusätzliche Behinderungen sorgte ein Ausfall der Lautsprecheranlage. Mitten im anschwellenden Pendlerandrang stand an den S-Bahnhaltestellen und -S-Bahnhöfen zeitweise "keine akustische Fahrgastinformation" mehr zur Verfügung. Die S-Bahn in Berlin gehört zur Deutschen Bahn.
Die Einschränkungen im Zugverkehr dürften es Tausenden Berufspendler unmöglich machen, rechtzeitig an ihrem Arbeitsplatz zu erscheinen. Die Bahn rief alle Kunden dazu auf, geplante Reisen auf "nach Möglichkeit (...) auf Dienstag, den 11. Dezember 2018 zu verschieben." Bis dahin, heißt es, sollen die Züge und der gesamte Bahnbetrieb wieder weitgehend nach Plan laufen.
12,7 Millionen Reisende pro Tag
Die Deutsche Bahn hat für Kunden eine kostenfreie telefonische Auskunft freigeschaltet. Betroffene Fahrgäste erreichen die Bahn-Hotline unter der Rufnummer 08000 - 99 66 33.
Aktuelle Informationen finden Kunden der DB auch auf bahn.de/aktuell, m.bahn.de oder in der App "DB-Navigator".
Von den Folgen des Warnstreiks im Schienenverkehr sind in Deutschland Hunderttausende betroffen: Zuletzt gab die Bahn die Zahl der Reisenden pro Tag mit 12,7 Millionen an. Der Großteil davon entfällt allerdings auf den Nah- und Regionalverkehr. Die Zahl der von den Zugausfällen im Fernverkehr betroffenen Menschen dürfte im fünfstelligen Bereich liegen.
Damit dürften sich am Morgen Zehntausende Reisende kurzfristig nach Alternativen umschauen: An den Fernbusbahnhöfen, bei Autovermietern und im Autobahnverkehr muss mit starkem Andrang gerechnet werden. Für Kunden, die von ihrer Reise zurücktreten möchten, hält die Bahn Erstattungsformulare im Internet bereit, die allerdings nur für online gebuchte Tickets gelten.
Abseits vom Fernverkehr können einzelne Verbindungen weiterhin bedient werden. "Bitte informieren Sie sich noch einmal unmittelbar vor Reiseantritt über Ihre aktuelle Reiseverbindung", appellierte die Bahn an alle Reisende.
Auch S-Bahnen und Gütervekehr betroffen
Die EVG hatte angekündigt, mit einem bundesweiten Streik S-Bahnen wie auch Regional- und Fernzüge lahmlegen zu wollen. Der Ausstand soll bis 9.00 Uhr dauern. Auch die Güterbahn sei betroffen. Hintergrund sind die vorerst gescheiterten Tarifverhandlungen zwischen der Eisenbahn- und Transportgewerkschaft (EVG) und der Deutschen Bahn.
Die Deutsche Bahn kritisierte den Warnstreik als völlig unnötig, da man in den Verhandlungen vorangekommen sei. EVG-Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal erklärte, die Gewerkschaft kehre an den Verhandlungstisch zurück, "wenn die DB AG deutlich macht, ernsthaft mit uns verhandeln zu wollen".
Quelle: ntv.de, mmo/rts