Scheinverträge und BedrohungenBas prüft Subunternehmer-Verbot für Lieferdienste

Recherchen belegen schwere Missstände bei Subunternehmen von Essensbestellplattformen. Die Arbeitsministerin will die Ausbeutung von Fahrern nicht dulden. Die Hürden, die Plattformen zu zwingen, ihre Lieferanten anzustellen, sind allerdings hoch.
Angesichts zahlreicher Arbeitsrechtsverstöße bei Subunternehmen von Essensbestellplattformen wie UberEats, Wolt und Lieferando hat Arbeitsministerin Bärbel Bas angekündigt, ein Direktanstellungsgebot für die Branche zu prüfen. Sie sehe darin die einzige Chance, in der Branche für Transparenz zu sorgen und den Beschäftigten Sicherheit zu bieten, sagte sie dem RBB.
Bei einem solchen Gebot müssten die Kuriere direkt bei den Plattformen angestellt sein und nicht, wie oft üblich, bei Subunternehmen. Zu den Missständen bei Letzteren zählen nach Recherchen des RBB die Ausstellung von Scheinarbeitsverträgen, organisierte Schwarzarbeit, physische und psychische Bedrohungen, der Einsatz von Strohleuten sowie Entlohnungen deutlich unter den gesetzlichen Mindestlohnvorgaben.
Dem Investigativteam des Senders liegen nach eigenen Angaben zahlreiche Belege vor. Bas sagte demnach im Interview, "wenn ich Menschen direkt anstelle, dann habe ich auch eine Verpflichtung der Arbeitgeber, alles, was wir an nationalem Recht haben, auch einzuhalten." Deshalb prüfe nun das Arbeitsministerium die Einführung des Direktanstellungsgebots. Allerdings seien die verfassungs- und europarechtlichen Hürden dafür hoch, da der Einsatz von Leiharbeit oder Subunternehmen grundsätzlich legitim seien. "Ein Direktanstellungsgebot sollte deshalb regelmäßig nur das letzte Mittel sein, um Missstände in einer Branche zu bekämpfen," stellte das Ministerium auf Anfrage des Senders klar.
SPD sieht Verbot in Fleischindustrie wirken
Auch die Arbeits- und Sozialminister der Länder haben sich für ein Direktanstellungsgebot ausgesprochen. Vor wenigen Tagen stimmten sie einem entsprechenden Antrag aus mehreren Ländern zu. Der niedersächsische Arbeitsminister Andreas Philippi kritisierte, immer häufiger würden Subunternehmen oder scheinbar selbstständige Fahrer eingesetzt. In Wirklichkeit seien die Fahrerinnen und Fahrer aber eng in deren Betriebsablauf eingebunden, unterlägen deren Weisungen und Zeitvorgaben und der digitalen Kontrolle durch die Plattform. Insbesondere Essenslieferdienste bauten auf diesem Weg Festanstellungen ab.
Der SPD-Politiker schlug daher vor, "die im Umgang mit der Fleischindustrie und der Paketbotenbranche gewonnenen Erfahrungen auf die Plattformökonomie zu übertragen". Dort habe das Arbeitsschutzkontrollgesetz mit einem gesetzlichen Verbot von Werkverträgen und einem verpflichtenden Direktanstellungsgebot zu "spürbaren Verbesserungen" geführt.
Auch die Gewerkschaft NGG forderte die Bundesregierung auf, unverzüglich zu handeln. "Wir brauchen endlich klare Regeln, die verhindern, dass Unternehmen systematisch Verantwortung auslagern." Die immer wieder bekanntgewordenen massiven Verstöße in der Branche - von Mindestlohnumgehung über unzureichende Sicherheitsstandards bis hin zur Missachtung von Mitbestimmungsrechten - zeigten deutlich, dass es verbindliche gesetzliche Vorgaben brauche.