
Bowlinghallen müssen "instagrammable" sein, sagt Experte Alexander Funk im Podcast.
(Foto: imago/Panthermedia)
Bowling hat seine besten Zeiten hinter sich? Bowlero sieht es anders. Die Kette betreibt nur in den USA fast 300 Hallen und will der verschnarchten Industrie an der Wall Street neues Leben einhauchen - mit weltweiten Turnieren, Sportwetten und Bowlingcentern, die auf Instagram glänzen.
Mit vorgehaltener Waffe macht John Goodman in "The Big Lebowski", dem Filmklassiker aus den 90er Jahren, seine Gegner in einem Ligaspiel darauf aufmerksam, dass sie bei ihrem letzten Wurf übertreten haben. Nur wenige Menschen nehmen Bowling so ernst. Nur wenige gehen überhaupt noch bowlen. Etwa 253.000 Mitglieder waren 2002 beim Deutschen Kegler- und Bowlingbund gemeldet. 20 Jahre später sind davon noch knapp 70.000 übrig.
Gerade in Deutschland sei Bowling inzwischen eine eher verschnarchte Industrie, sagt Isabella Bauer vom Kapitalmarktportal Going Public. Trotzdem kann sie nachvollziehen, warum das amerikanische Bowling-Unternehmen Bowlero ausgerechnet jetzt an die Börse gehen möchte. "Die betreiben fast 300 Standorte, sind achtmal größer als der nächste Wettbewerber, im Besitz der Professional Bowlers Association. Die gehen rein in die Bereiche E-Sports und Sportwetten, möchten weiter expandieren", erklärt die Finanzexpertin im ntv-Podcast "Wieder was gelernt". Bowlero sei eine klassische Kette wie McDonald's, ein gut aufgestelltes Unternehmen mit Zukunftspotenzial.
Nach eigenen Angaben schnüren jedes Jahr etwa 28 Millionen Menschen ihre Bowlingschuhe auf einer der vielen Bahnen in den Hallen von Bowlero und versuchen, möglichst viele Strikes zu erzielen. Aber mit lauten und kahlen Bowlinghallen, wie man sie aus Deutschland kennt, haben die Center nicht mehr viel zu tun. Entspannte Atmosphäre, hochwertige Inneneinrichtung und gutes Essen - das sind die Schlagworte, mit denen Bowlero um Kunden wirbt.
Börsengang durch die Hintertür
Bisher kommt das Konzept an: Das Unternehmen meldet schon jetzt mehr Besucher als vor der Corona-Krise, obwohl viele Center nur eingeschränkt geöffnet sind. Nächstes Jahr soll der Umsatz auf 860 Millionen Dollar steigen, der Gewinn vor Steuern und anderen Abzügen auf 275 Millionen Dollar - eine Marge, die Begehrlichkeiten weckt. Zum Beispiel bei der Isos Acquisition Corporation. Denn die übernimmt Bowlero und bringt das Unternehmen im Oktober mit einer Bewertung von 2,6 Milliarden Dollar an die Börse. Nicht auf dem klassischen Weg, sondern über eine SPAC.
"Eine SPAC ist ein leerer Börsenmantel, in den Bowlero reinschlüpft. Bowlero macht den Börsengang sozusagen durch die Hintertür, indem die SPAC Bowlero übernimmt", erklärt die Kapitalmarktexpertin Bauer den aktuellen Wall-Street-Hype. "Hinter der SPAC stehen Sponsoren, die einen Background aus der Branche mitbringen. Das ist auch hier der Fall: Die Sponsoren sind die früheren Präsidenten der World Wrestling League."
Nach dem eigenen Börsengang hat eine SPAC ungefähr ein bis zwei Jahre Zeit, mit dem Geld seiner Sponsoren und Investoren ein geeignetes Unternehmen zu finden, das sie übernehmen und dadurch ebenfalls an die Börse bringen kann. Über die Aktien, die dann verkauft werden, nehmen die SPAC, ihre Sponsoren und das Ziel-Unternehmen neues Geld ein.
Bowlingcenter mit 96 Bahnen
Das zusätzliche Kapital möchte Bowlero dafür nutzen, um weiter zu expandieren. Unter anderem sind neue Bowlingcenter im Ausland und Turniere auf der ganzen Welt geplant - analoge der hauseigenen Profi-Liga, aber auch digitale der Bowlingfans: Eine Software soll sie miteinander verknüpfen. Beide Angebote sollen Wettanbieter anlocken.
"Wieder was gelernt" ist ein Podcast für Neugierige: Warum wäre ein Waffenstillstand für Wladimir Putin vermutlich nur eine Pause? Warum fürchtet die NATO die Suwalki-Lücke? Wieso hat Russland wieder iPhones? Mit welchen kleinen Verhaltensänderungen kann man 15 Prozent Energie sparen? Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein wenig schlauer.
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Ein sinnvolles Geschäft, findet nicht nur Isabella Bauer. Auch Bowlingbahnbauer Alexander Funk von Funk Bowling ist von dem Modell angetan. Bei seinem Besuch einer Megahalle waren zwar nur zehn von insgesamt 96 Bahnen belegt. "Aber es ist egal, wenn viele Bahnen unter der Woche nicht bespielt werden, weil die Fixkosten gering sind", erklärt er im Podcast. Wichtig sei, das Wochenende. "Wenn die Bahnen an zwei oder drei Abenden ausgelastet sind, kann man den Umsatz trotzdem maximieren".
Eine einzelne Bowlingbahn koste etwa 30.000 Euro, sagt der Unternehmer. Bei 96 Bahnen macht das eine Investition von knapp drei Millionen Euro. Die Kosten für die Immobilie, das Personal und die weitere Inneneinrichtung noch nicht eingerechnet. Und gerade die kann teuer werden. Denn moderne Hallen sind Unterhaltungstempel für die ganze Familie und eine Begegnungsstätte für Freunde, die einen netten Abend miteinander verbringen wollen - egal, ob sie gerne bowlen oder nicht. Dafür gibt es Spielautomaten, Billardtische, Restaurants, Lounges und Bars, in denen Fußball und anderer Live-Sport gezeigt wird. Orte, an denen das Geld meist etwas lockerer sitzt.
Instagram als Leitlinie
"Ich sage den Betreibern immer: Ihr müsst eure Center 'instagrammable' machen", erklärt Alexander Funk das Konzept. Früher habe es viel Massenabfertigung gegeben, bei der es hieß: Kommt her, leiht eure Schuhe aus, spielt ein Spiel, nehmt ein Getränk zu euch und dann geht bitte wieder, damit die Bahnen für die nächsten Kunden frei sind. "Heutzutage ist das Drumherum viel wichtiger, weil die Gäste gerne Bilder für Instagram machen", sagt Funk. "Es geht darum, die Besuchszeit in angenehmer Atmosphäre zu maximieren: Bleibt doch noch da, wir haben noch ein Shuffleboard, Spielautomaten, Axt-Wurf oder eine Lounge zum Entspannen."
Das einzige Problem der hippen Instagram-Tempel ist: Die allermeisten Bowlingcenter sind nach wie vor familiengeführt, auch in den USA. Denen fehlt aber häufig das nötige Kleingeld, um ihre kahlen Hallen in ein modernes Entertainmentparadies zu verwandeln. Ein Umstand, den Bowlero zu nutzen weiß: Die Kette finanziert den Familien die Umbauten, wenn die im Gegenzug eine Franchisehalle eröffnen. Das Geld holt sich das Unternehmen später über Franchisegebühren zurück.
Quelle: ntv.de