"Finanzielle Zeitbombe" Briten droht doppelter Energie-Preisschock im Winter
09.08.2022, 16:36 Uhr
Bisher werden britische Bürger mit rund 474 Euro pro Haushalt entlastet.
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Eine Reihe britischer Energieversorger meldet aufgrund hoher Großhandelspreise Insolvenz an. Um weitere Pleiten zu verhindern, passt die britische Regulierungsbehörde den Preisdeckel für Energiekosten an. Nach Ansicht von Experten droht vielen Verbrauchern ein Abrutschen in die Armut.
Auf die Verbraucher in Großbritannien kommen durch die Energiekrise im Winter massiv steigende Kosten zu. Das Prognose-Institut Cornwall Insight hat berechnet, dass der staatliche Preisdeckel für die durchschnittliche jährliche Energierechnung im Januar auf mehr als 4266 Pfund angehoben werden dürfte. Das entspricht 5052 Euro und wäre ein Plus von 230 Prozent zum Vorjahresmonat. Aktuell liegt der Preisdeckel noch bei 1971 Pfund.
Die Zahlen übersteigen bisherige Prognosen deutlich. Grund für die Preisexplosion sind die steigenden Preise für Gas und Strom, die durch den Ukraine-Krieg in die Höhe getrieben werden. Gleichzeitig will die britische Regulierungsbehörde Ofgem mit ihrer Preisgestaltung verhindern, dass weitere Energieversorger des Landes pleitegehen, wodurch Verbraucher noch stärker belastet würden. Ziel ist es, sie durch die Krise zu bringen, damit die Energiepreise in der zweiten Hälfte 2023 wieder sinken.
Verteuerung in zwei Wellen
Laut dem Institut Cornwall Insight wird die Verteuerung die Verbraucher in zwei Wellen treffen. Die erste ist demnach im Oktober zu erwarten, mit einer an steigenden Großhandelspreisen orientierten Erhöhung des Preisdeckels um voraussichtlich 82 Prozent auf dann 3582 Pfund. Die zweite käme im Januar 2023 auf die Briten zu und würden den gedeckelten Durchschnittspreis für Gas und Strom auf 4266 Pfund hieven.
Eine Reihe britischer Energieversorger musste seit Mitte vorigen Jahres aufgeben, da sie bei rekordhohen Großhandelspreisen und gedeckelten Kundenrechnungen nicht mehr bestehen konnten. Mit der staatlich reglementierten Obergrenze sollen die steigenden Preise für Verbraucher begrenzt werden. Die Regierung hat bislang eine Entlastung von 400 Pfund (rund 474 Euro) pro Haushalt angekündigt. Viele Experten sind sich einig, dass dies nicht ausreichen wird, um Menschen vor dem Abrutschen in die Armut zu bewahren.
"Finanzielle Zeitbombe"
Der frühere Labour-Premierminister Gordon Brown warnte vor einer "finanziellen Zeitbombe" und fordert einen Notfallhaushalt. Auch Wirtschaftsverbände fordern die beiden Kandidaten für die Nachfolge des scheidenden britischen Premiers Boris Johnson auf, bereits jetzt Notfallmaßnahmen vorzubereiten. Die beiden verbliebenen Anwärter auf das Amt - Außenministerin Liz Truss und Ex-Finanzminister Rishi Sunak - versprechen Entlastungen entweder durch Steuersenkungen oder direkte Unterstützung bei der Begleichung der Stromrechnungen.
Die neue Regierung soll Anfang September ihren Dienst antreten. Johnson selbst will in den nächsten Wochen keine essenziellen Entscheidungen mehr treffen. Da er zuletzt in den Flitterwochen war, während die Bank of England ihre dramatischen Wirtschaftsprognosen verkündete, spricht die Opposition von einer "Zombie-Regierung". Die Notenbank befürchtet, dass die britische Wirtschaft in eine tiefe Rezession schlittern und die Inflationsrate auf 13 Prozent ansteigen wird.
Quelle: ntv.de, chr/rts/dpa