Arbeitgeber schweigt China lässt Top-Banker nicht ausreisen
25.09.2023, 13:48 Uhr Artikel anhören
Das Ausreiseverbot könnte mit dem Verschwinden eines Milliardärs zusammenhängen.
(Foto: AP)
In China verschwinden seit Jahren einflussreiche Geschäftsleute. Nun darf ein Investmentbanker das Land nicht mehr verlassen. Für einen chinesischen Tech-Milliardär könnte das eine schlechte Nachricht sein.
Einem hochrangigen Banker des Finanzkonzerns Nomura, Charles Wang Zhonghe, wurde die Ausreise aus dem chinesischen Festland untersagt. Das berichtet die "Financial Times" und beruft sich dabei auf Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Die Maßnahme stehe im Zusammenhang mit dem Verschwinden des Top-Tech-Dealmakers Bao Fan.
Bao war mit seiner Investment-Firma China Renaissance Holding einer der wichtigsten Finanzierer chinesischer Tech-Startups. Bei Mega-Fusionen in der Branche war er als Berater dabei. Bao wurde im Februar vermisst und ist seitdem nicht wieder aufgetaucht. Zwei Wochen später gab es ein Lebenszeichen: Seine Firma teilte mit, der Milliardär "kooperiert in einer Untersuchung" der Behörden. Mehr wurde bislang nicht bekannt.
Wang war seinem Linkedin-Profil zufolge in den 1990er Jahren an der Wall Street und zog 1996 zurück nach Hongkong, wo er etwa für die Deutsche Bank tätig war. Bis 2016 arbeitete er in der Finanzmetropole für die staatliche Industrial and Commercial Bank (ICBC). Dort war er schließlich stellvertretender Vorstandschef und verantwortete unter anderem das Investmentbanking. Bei Nomura ist er seit 2018.
Wang sei nicht verhaftet worden und dürfe sich innerhalb Festlandchinas bewegen, hieß es. Weder Wang noch sein Arbeitgeber wollten bisher Stellung nehmen. Der "Financial Times" zufolge hat die Ausreisesperre mit seiner Zeit bei der ICBC zu tun. Während er bei der Bank arbeitete, war einer seiner Kollegen Cong Lin. Dieser wechselte später zur Renaissance Holding des derzeit verschwundenen Bao und hatte dort eine Führungsrolle, bis er im Herbst vergangenen Jahres durch eine Anti-Korruptionsbehörde festgenommen wurde. Er sitzt seitdem in Haft.
Erst "Gespräch", dann Gewahrsam
Chinesischen Medienberichten zufolge stand diese Festnahme im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die ICBC, wo er eine wichtige Rolle in der Partnerschaft mit Renaissance spielte. 2017 räumte die ICBC unter Congs Führung der Finanz-Firma einen Kredit in Höhe von 200 Millionen US-Dollar ein, den das Unternehmen nach seinem Börsendebüt ein Jahr später zurückzahlte. Abgesichert wurde das Darlehen durch Anteile des Tech-Finanzierers. Nach dem Börsengang holte Bao Cong zu Renaissance und machte ihn dort zum Präsidenten. Vor einem Jahr wurde er von der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde zu einem "Gespräch" vorgeladen, danach in Gewahrsam genommen.
In China verschwinden seit einigen Jahren einflussreiche Geschäftsleute. Die meisten von ihnen tauchen später wieder auf - entweder in Freiheit oder vor Gericht. Einige von ihnen wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Ihnen wurde in der Regel vorgeworfen, in Korruptions- oder Steueraffären verwickelt zu sein.
2020 verschwand Jack Ma für drei Monate von der Bildfläche, der Gründer des Online-Giganten Alibaba und zeitweise der mit Abstand reichste Chinese. Nachdem er Finanzbehörden öffentlich als Innovationsbremse kritisiert hatte, wurde der Börsengang von Alibabas Finanzvehikel Ant Group in letzter Minute abgesagt und Ma verschwand aus ungeklärten Gründen. Offiziell war er schon damals nicht mehr im Management der von ihm gegründeten Konzerne. Aber als Gründer und Großaktionär war er weiter aktiv in die Unternehmensführung involviert. Als er wieder auftauchte, kündigte er an, sich künftig um wohltätige Projekte kümmern zu wollen und zog sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
Quelle: ntv.de, jga