Wo ist Wu? Chinesischer Konzernchef verschwindet
14.06.2017, 16:45 Uhr
"Mitgenommen": Anbang-Chef Wu Xiaohui.
(Foto: imago/Belga)
Aus dem Nichts erschafft Wu Xiaohui in wenigen Jahren ein Finanzkonglomerat, mischt Chinas Versicherungsbranche auf und macht weltweit mit Milliardendeals Schlagzeilen. Nun soll ihn die Finanzaufsicht "mitgenommen" haben.
Der Chef eines der größten und schillerndsten chinesischen Versicherungskonzerne ist zurückgetreten. Der Vorstandschef von Anbang, Wu Xiaohui, sei "vorübergehend aus persönlichen Gründen nicht in der Lage, seine Aufgaben wahrzunehmen", erklärte der Konzern. Einen Tag zuvor hatte das Finanzmagazin "Caijing" auf seiner Website berichtet, die zuständige Regulierungsbehörde habe Anbang mitgeteilt, Wu bereits am Freitag "mitgenommen" zu haben, ohne Gründe für diese mutmaßliche Festnahme zu nennen.
Mit seinem ab 2004 aus dem Nichts erschaffenen Finanzimperium drehte Wu zuletzt weltweit das ganz große Rad. In den vergangenen Monaten etwa verhandelte er mit der Familie von Jared Kushner, dem Schwiegersohn und Berater von US-Präsident Donald Trump, über den Kauf eines Hochhauses an der New Yorker Fifth Avenue. Die Gespräche wurden im März beendet, nachdem Kritiker der Trump-Regierung vor möglichen Interessenkonflikten warnten. In New York hatte Angbang bereits vor Jahren das berühmte Waldorf Astoria Hotel für die Rekordsumme von 1,95 Milliarden Dollar (1,74 Milliarden Euro) gekauft. In Deutschland wird der Konzern als möglicher Käufer für die HSH Nordbank oder die Deutsche Pfandbriefbank gehandelt.
Doch Berichten zufolge gibt es zahlreiche Ungereimtheiten beim sagenhaften Aufstiegs Wus und seines Finanzimperiums. So sind die Eigentumsverhältnisse des Konglomerats undurchschaubar. Laut der "New York Times" besteht das Firmengeflecht aus knapp 40 Gesellschaften, von denen die meisten offenbar reine Briefkastenfirmen sind. Fast alle ihre Anteilseigner scheinen, soweit feststellbar, Verwandte und Freunde Wus aus dessen Heimatbezirk Pingyang in Ostchina zu sein. Als Ehemann einer Enkelin des legendären Präsidenten und Wirtschaftsreformers Deng Xiaoping werden Wu beste Beziehungen zu allen Ebenen in Staat und Partei nachgesagt.
Chef der Aufsichtsbehörde unter Korruptionsverdacht
Sein Netzwerk schützt ihn aber offenbar nicht vollständig vor den Kontrollen der zuständigen Aufsichtsbehörden - zumindest nicht mehr. Wus Verschwinden erfolgt in einer Zeit großer Unruhe in der chinesischen Versicherungsbranche. Mehrere namhafte Vertreter stehen wegen Korruptionsverdacht oder Missachtung der Vorschriften im Fadenkreuz der Aufsichtsbehörden. Selbst der Chef der Aufsichtsbehörde, Xiang Junbo, musste im April zurücktreten, gegen ihn wird wegen Korruption ermittelt.
Gegen Anbang werden bereits seit langem verschiedene Vorwürfe erhoben. Konkret ermitteln die Behörden laut dem Magazin "Caijing" wegen des Verdachts der Missachtung von Vorschriften für Versicherungsprodukte und Investitionen. Anbag hatte Chinas Versicherungsbranche mit kurzfristigen, hochrentierenden Einlagen kräftig aufgerüttelt. Erst jüngst zwang Peking den Versicherer zu einer Abkehr von diesen Finanzprodukten, weil die Strategie zu riskant sei. Dagegen argumentierten der Konzern und allen voran dessen Chef Wu stets an.
Nach Firmenangaben läuft der Betrieb trotz Wus Abwesenheit normal weiter. Allerdings ist weder klar, wie lange Wu wegbleibt, noch wer seine Aufgaben übernimmt. Aktien von Firmen, in die Anbang stark investiert hatte, verloren nach der Mitteilung kräftig an Wert. Dazu zählen China State Construction sowie die Immobilienentwickler Gemdale und Poly Real Estate, die jeweils um die 3 Prozent abgaben.
Quelle: ntv.de, mbo/DJ/AFP