Wirtschaft

Mindestlohn steigt um 41 Cent DGB empört über "Mini-Erhöhung"

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Wer für den Mindestlohn arbeitet, bekommt derzeit 12 Euro, im kommenden Jahr sollen es 12,41 Euro sein. Angesichts hoher Inflation und Energiekosten halten Arbeitnehmervertreter das für zu wenig. SPD-Chef Klingbeil will sich für eine weitere Erhöhung einsetzen.

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, hat die geplante Mindestlohnerhöhung von 41 Cent scharf kritisiert. "Diese Mini-Erhöhung ist ein Schlag ins Gesicht von fast sechs Millionen Beschäftigten, die hierzulande zum Mindestlohn arbeiten", sagte Fahimi der "Bild am Sonntag". Die Arbeitgeber hätten den gesetzlich neu festgelegten Mindestlohn aus dem vergangenen Jahr "einfach missachtet" und die Inflationsrate komplett ignoriert. Deutschlands Mindestlohn liege damit unter der EU-Mindestlohnrichtlinie von 13,53 Euro.

"Auf diese skandalöse Ignoranz muss das Arbeitsministerium jetzt eine Antwort geben", forderte Fahimi. "Die EU-Richtlinie muss umgehend gesetzlich umgesetzt und die Rolle des Vorsitzes in der Kommission neutralisiert werden." Die EU-Mindestlohnrichtlinie legt zwar keine einheitliche Höhe, aber Standards dafür fest, wie gesetzliche Mindestlöhne festgelegt, aktualisiert und durchgesetzt werden können. Zudem müssen die EU-Länder bis November 2024 Aktionspläne festlegen, um die Tarifbindung zu steigern, wenn deren Quote unter 80 Prozent liegt.

Die von der Regierung eingesetzte Mindestlohnkommission hatte am Montag - allerdings gegen die Stimmen der Gewerkschaften - beschlossen, dass der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland 2024 von derzeit zwölf auf 12,41 Euro und ab dem Jahr 2025 auf 12,82 Euro steigen soll. In der Kommission sitzen Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und Gewerkschaften sowie der Wissenschaft. Dazu kommt die Vorsitzende, die Arbeitsmarktexpertin Christiane Schönefeld. Die Kommission hatte sich dieses Mal nicht einigen können; schließlich stimmte die Mehrheit für einen Vermittlungsvorschlag von Schönefeld. Die Entscheidung der Kommission ist maßgeblich für die gesetzliche Festlegung.

Kern des Streits war die außerplanmäßige Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro im vergangenen Oktober durch die Ampel-Koalition. Die Regierung umging damit die Kommission, was vor allem die Arbeitgeber sehr verärgerte. Auf Empfehlung des Gremiums war der Mindestlohn im Sommer 2022 auf 10,45 Euro gestiegen. Dieser Wert war jetzt bei der Neufestlegung für die kommenden Jahre gegen die Stimmen der Gewerkschaften als Ausgangspunkt genommen worden.

Klingbeil drängt auf weitere Erhöhung

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SPD-Chef Lars Klingbeil kündigte an, seine Partei wolle sich für eine Mindestlohnerhöhung auf bis zu 14 Euro pro Stunde einsetzen. "Wir werden dafür sorgen, dass Deutschland die Europäische Mindestlohnrichtlinie im nächsten Jahr umsetzt. Darauf wird die SPD in der Bundesregierung drängen", sagte Klingbeil der "Bild am Sonntag". "Dann kann auch der Mindestlohn noch einmal ansteigen. Bei einer vollständigen Umsetzung wären das laut Experten zwischen 13,50 und 14 Euro." Das Leben sei teurer geworden, deshalb würden generell höhere Löhne im Land gebraucht. Er sei erschrocken darüber, dass die Arbeitgeberseite nicht sehe, wie die Lebensrealität von vielen Millionen Arbeitnehmern sei. "Die Inflation frisst die Löhne auf, sie müssen überlegen, was sie sich am Monatsende überhaupt noch leisten können. Mehr als 41 Cent wäre absolut gerechtfertigt gewesen."

Grünen-Chefin Ricarda Lang nannte die Entscheidung der Mindestlohnkommission "bedauerlich", da sie "de facto einen Einkommensverlust für die Menschen bedeutet". "In unserem Land soll jeder von seiner Arbeit leben können", sagte Lang der "Bild am Sonntag". "Das ist ein Gebot der Fairness und der Wertschätzung und muss gerade in Zeiten hoher Inflation gelten." Bei der Festsetzung eines angemessenen Mindestlohns sollte zukünftig "auch die Inflation als Kriterium systematisch berücksichtigt werden", forderte Lang.

Quelle: ntv.de, hul/AFP/dpa

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