Ruinöse Konkurrenz Weltgrößter E-Autobauer sitzt auf Hunderttausenden unverkaufter Wagen
03.07.2025, 14:14 Uhr Artikel anhören
Wohin damit?
(Foto: IMAGO/CFOTO)
Chinas E-Automarkt wächst rasant. Doch die Produktionskapazitäten sind noch schneller gewachsen, der Preiskampf ist ruinös. Berichten zufolge kämpft auch Marktführer BYD mit einer gewaltigen Überproduktion. Ein Konkurrent spricht vom "Evergrande" der Autobranche.
Der chinesische Autobauer und Weltmarktführer bei Elektroautos, BYD, sitzt auf einer gewaltigen Überproduktion. Berichten zufolge hat der Konzern bereits die Produktion in einigen Werken gedrosselt und versucht, mit massiven Rabatten den Absatz weiter anzukurbeln. Die Folge ist ein massiver Preiskrieg, der Sorgen vor einer Schieflage von BYD und der Branche ausgelöst hat. Auch die chinesische Regierung soll sich eingeschaltet haben.
Unter Berufung auf den Datenanbieter Marklines berichtet das "Handelsblatt" von einem "Überhang" von mehr als 340.000 unverkauften Autos, der sich Ende Mai bei BYD angestaut habe. Zum gleichen Zeitpunkt zeigten Zahlen des chinesischen Händlerverbands, dass in Autohäusern der Marke der Lagerbestand so groß sei, dass er rechnerisch für mehr als drei Monate reichen würde. Chinesischen Medienberichten zufolge schloss ein BYD-Händler in der Provinz Shandong mehr als 20 Filialen.
Die Überproduktion ist Folge der aggressiven Expansion von BYD. Der Konzern schraubte im vergangenen Jahr seinen Absatz auf 4,3 Millionen Fahrzeuge hoch. BYD löste Tesla als weltgrößter Hersteller von Elektroautos ab. Das Absatzziel für dieses Jahr liegt noch einmal fast 30 Prozent höher bei 5,5 Millionen Stück. Hinter diesem Ziel liegt BYD bisher jedoch weit zurück. Während der chinesische E-Automarkt im ersten Quartal um rund 45 Prozent zulegte, konnte BYD den Absatz nur um gut fünf Prozent hochschrauben.
Der chinesische Automarkt ist trotz des Wachstums hart umkämpft, leidet unter zu hohen Kapazitäten und Überproduktion. Obwohl die Kapazitätsauslastung der Hersteller im Durchschnitt bei weniger als 50 Prozent liegt, drängen weiter neue Hersteller und Marken auf den Markt. Viele verbrennen Geld. Dass viele dieser Anbieter im Rahmen einer unausweichlichen Marktbereinigung verschwinden werden, ist für Beobachter klar. Die jüngsten Nachrichten von BYD wecken Sorgen, dass nicht nur kleinere Hersteller in Schwierigkeiten geraten könnten, sondern auch der Marktführer.
"Noch nicht explodiert"
BYDs Probleme haben Folgen für die ganze Branche. So hat das Unternehmen seine Rabatte noch einmal drastisch erhöht. Der Neupreis für das günstigste Modell liegt inzwischen umgerechnet unter 7000 Euro. Konkurrenten kritisieren diese Kampfpreise mit scharfen Worten. Von einem "Teufelskreis" ist die Rede. Allerdings zogen auch andere Unternehmen mit ähnlichen Kampfpreisen nach. Um den Absatz zusätzlich anzukurbeln, verkaufen viele Hersteller Neuwagen auch mit hohen Nachlässen als sogenannte "Null-Kilometer"-Autos an Gebrauchtwagenhändler oder über entsprechende Online-Plattformen. Im vergangenen Monat zitierte die Regierung die Chefs der größten chinesischen Autobauer nach Peking und verlangte, derartige Praktiken einzustellen.
Vergangene Woche berichtete unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters, BYD habe die Produktion in mehreren Werken gedrosselt, Schichten reduziert und die Inbetriebnahme neuer Produktionslinien gestoppt. Dies ist ein erstes Zeichen, dass BYD einlenken und seinen aggressiven Expansionskurs anpassen könnte. Offen ist, ob das Unternehmen dabei aus Gehorsam gegenüber Peking handelt oder aus finanzieller Notwendigkeit. Zwar weist BYD im Gegensatz zu einigen Konkurrenten keine roten Zahlen aus. Einige Analysten vermuten jedoch, dass der Konzern höher verschuldet ist, als auf den ersten Blick erkennbar ist, unter anderem weil BYD immer höhere Verbindlichkeiten bei Zulieferern anhäuft.
Wei Jianjun, der Chef des Autokonzerns Great Wall Motor, sprach kürzlich - eindeutig auf BYD gemünzt, dass es ein "Evergrande der Autoindustrie" in China gebe. Evergrande war Chinas größter Immobilienkonzern, der vor vier Jahren unter einer Schuldenlast von umgerechnet mehr als 200 Milliarden Euro zusammenbrach. Anders als der Immobilienriese sei, so Great-Wall-Boss Wei, das "Evergrande" der Autobranche allerdings "noch nicht explodiert".
Quelle: ntv.de