Rekord seit Wiedervereinigung Deutschland zählt "so viele Erwerbstätige wie noch nie"
02.01.2025, 09:34 Uhr Artikel anhören
Es gibt wieder mehr Erzieherinnen und Erzieher.
(Foto: picture alliance / dpa)
Um die deutsche Wirtschaft steht es nicht gut. Dennoch steigt die Anzahl der Erwerbstätigen im zurückliegenden Jahr auf einen Rekordwert. Der Positiv-Trend wird im neuen Jahr wohl nur schwer zu halten sein. Viele Verbände rechnen mit einer rückwärtigen Entwicklung.
Trotz anhaltender Konjunkturflaute ist die Zahl der Beschäftigten hierzulande im vergangenen Jahr auf ein Rekordniveau gestiegen. Im Durchschnitt waren rund 46,1 Millionen Menschen mit Arbeitsort in Deutschland erwerbstätig, wie das Statistische Bundesamt nach vorläufigen Berechnungen mitteilte. "Das waren so viele Erwerbstätige wie noch nie seit der deutschen Vereinigung im Jahr 1990", hieß es dazu.
Der alte Rekord von 2023 wurde damit um 0,2 Prozent beziehungsweise 72.000 Personen übertroffen - und das, obwohl Europas größte Volkswirtschaft den führenden Instituten zufolge 2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft ist. "Mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020 wuchs die Erwerbstätigenzahl damit seit 2006 durchgängig", erklärten die Statistiker. Allerdings habe der Anstieg seit Mitte 2022 deutlich an Dynamik verloren.
Ursächlich für die Beschäftigungszunahme waren erneut die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte und eine gestiegene Erwerbsbeteiligung der inländischen Bevölkerung. "Diese beiden Wachstumsimpulse überwogen die dämpfenden Effekte des demografischen Wandels, die zum verstärkten Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben führen", so das Bundesamt.
Großer Zuwachs im Öffentlichen Dienst
Nach Angaben der Statistiker trugen ausschließlich die Dienstleistungsbereiche zum Anstieg der Erwerbstätigenzahl bei. 75,5 (2023: 75,3) Prozent aller Erwerbstätigen arbeiteten 2024 in den Dienstleistungsbereichen. Die Zahl der Beschäftigten wuchs hier um 153.000 Personen (plus 0,4 Prozent) auf 34,8 Millionen.
Innerhalb der Dienstleistungsbereiche entwickelte sich die Beschäftigung allerdings unterschiedlich: Einen großen Zuwachs gab es wie in den Vorjahren im Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit mit plus 184.000 Personen (plus 1,5 Prozent). Dagegen ging bei den Unternehmensdienstleistern, zu denen auch die Arbeitnehmerüberlassung zählt, die Erwerbstätigkeit erstmals seit 2020 wieder zurück (minus 55.000 Personen; minus 0,9 Prozent).
Geringe Zunahmen gab es in den Bereichen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (plus 12.000 Personen; plus 1,1 Prozent) sowie Information und Kommunikation (plus 6000 Personen; plus 0,4 Prozent), während die Zahl der Erwerbstätigen im Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe mit minus 1000 Personen (minus von knapp über 0,0 Prozent) nahezu unverändert blieb.
Weniger Beschäftigte in diesen Branchen
Außerhalb des Dienstleistungsbereichs nahm die Beschäftigung ab: Im produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) sank die Erwerbstätigenzahl 2024 um 50.000 (minus 0,6 Prozent) auf 8,1 Millionen Personen. Im Baugewerbe ging der seit dem Jahr 2009 andauernde und nur 2015 unterbrochene Aufwärtstrend mit einem Rückgang um 28.000 Erwerbstätige (minus 1,1 Prozent) auf 2,6 Millionen zu Ende. Insgesamt arbeiteten damit 23,3 (23,5) Prozent aller Erwerbstätigen im Produzierenden Gewerbe.
Im Bereich Land- und Forstwirtschaft, Fischerei waren 3000 Personen weniger erwerbstätig als im Vorjahr, was einem Rückgang um 0,5 Prozent auf 569.000 Personen entspricht. Damit setzte sich der negative Trend der vergangenen Jahre fort.
Die Zahl der Erwerbslosen (nach international vergleichbarer ILO-Definition) stieg nach vorläufigen Schätzungen auf Basis der Arbeitskräfteerhebung im Jahresdurchschnitt um 179.000 Personen oder 13,4 Prozent auf 1,5 Millionen. Die Zahl der aktiv am Arbeitsmarkt verfügbaren Erwerbspersonen, definiert als Summe der Erwerbstätigen und Erwerbslosen, stieg im gleichen Zeitraum um 260.000 Personen (plus 0,6 Prozent) auf 47,4 Millionen. Die Erwerbslosenquote, gemessen als Anteil der Erwerbslosen an der Zahl der Erwerbspersonen, stieg auf 3,2 (2,8) Prozent.
Im neuen Jahr droht Gegenwind durch die erwartete Fortsetzung der Konjunkturflaute. 25 Wirtschaftsverbände prognostizieren in ihren Branchen einen Stellenabbau, nur sieben rechnen mit mehr Beschäftigten, wie das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW Köln) bei seiner Umfrage herausfand. Weniger Jobs dürfte es demnach vor allem in der Industrie geben, etwa im Eisen- und Stahlbereich, im Maschinenbau oder im Baugewerbe. Mehr Jobs werden etwa in der Pharmaindustrie, im Luft- und Raumfahrzeugbau sowie in der Investmentbranche erwartet.
Quelle: ntv.de, mpa/rts/DJ