Wirtschaft

US-Inflation auf 40-Jahres-Hoch "Ein Schlag in die Magengrube für die Fed"

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Amerikanischen Arbeitnehmern bleibt von ihren üppigen Lohnzuwächsen real nichts übrig. Der Druck auf die US-Notenbank, entschlossen auf die Bremse zu treten, wird immer größer.

(Foto: AP)

Es sind Inflationszahlen wie ein Donnerhall. Die Angst vor größeren Zinsschritten der US-Notenbank wächst an der Börse. Druck, die Zinsen schneller und drastischer zu erhöhen, gibt es jetzt auch aus den Reihen der Fed. Auch EZB-Chefin Lagarde meldet sich zu Wort.

Für viele Beobachter ist das ein Weckruf: Die US-Verbraucherpreise sind im Januar so stark gestiegen wie seit 40 Jahren nicht mehr. Die Preisentwicklung ist damit deutlich dramatischer als erwartet und bringt die US-Notenbank zunehmend unter Druck. Nicht nur Investoren an der Wall Street zeigen Nerven. Auch Notenbanker und Ökonomen rätseln, ob und wie die Fed nun darauf reagieren wird. "Das könnte bedeuten, dass die Fed aggressiver werden muss", sagte Peter Cardillo, Chef-Volkswirt des Vermögensberaters Spartan.

"Diese Inflationsdaten waren für Jay Powell und seine Kollegen wie ein Schlag in die Magengrube", kommentierte Citi-Chefökonom Nathan Sheets im US-Sender CNBC. "Ich denke, wir werden eine zunehmend aggressive Federal Reserve sehen müssen. Und ich denke, dass nach den heutigen Inflationsdaten eindeutig 50 Basispunkte für März auf dem Tisch liegen müssen", so Sheets weiter. Und selbst das, fügte er hinzu, sei möglicherweise nicht genug. Es sehe nicht danach aus, als würde die Inflation "von alleine nachlassen - zumindest gibt es noch keine Anzeichen dafür", sagte Sheets.

Goldman Sachs: Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale ernst nehmen

Auch die Ökonomen von Goldman Sachs und Bank of America sehen dringenden Handlungsbedarf. Goldman Sachs prognostiziert nach den jüngsten Zahlen, dass es dieses Jahr insgesamt "sieben aufeinanderfolgende Zinserhöhungen um 25 Basispunkte" geben wird. Die Investmentbank hatte zuvor fünf Zinserhöhungen für das Jahr für wahrscheinlich gehalten.

Das derzeitige Niveau der Leitzinsen erscheine "unangemessen, und die Kombination aus sehr hoher Inflation, heißem Lohnwachstum und hohen kurzfristigen Inflationserwartungen bedeutet, dass Bedenken, in eine Lohn-Preis-Spirale zu geraten, ernst genommen werden sollten", so die Analysten von Goldman Sachs. Die Bank of America erwartet ebenfalls für 2022 sieben Zinserhöhungen um viertel Prozentpunkte, gefolgt von vier weiteren im nächsten Jahr.

Auch aus den eigenen Reihen wächst der Druck auf Fed-Chef Jerome Powell, energischer vorzugehen. James Bullard, Präsident der Notenbank von St. Louis, befürwortet nach dem beschleunigten Preisauftrieb im Januar eine Leitzinsanhebung um einen vollen Prozentpunkt bis Juli. Bullard empfiehlt, die Erhöhungen auf die nächsten drei Sitzungen zu verteilen, die Fed-Bilanz ab dem zweiten Quartal zu verkleinern und dann in der zweiten Jahreshälfte auf der Grundlage aktualisierter Daten über den weiteren Zinspfad zu entscheiden.

Würde es jeweils Anhebungen um die bislang allgemein erwarteten 0,25 Prozentpunkte geben, läge der Satz Anfang Juli "nur" bei 0,75 Prozent. Einen großen Schritt, wie Bullard ihn vorschlägt, hatten die meisten Börsianer bislang nicht auf dem Zettel. Angesichts des zuvor schon starken Preisauftriebs und des zugleich brummenden Arbeitsmarkts hatte die Fed zwar bereits signalisiert, dass sie auf eine Zinswende zusteuert, aber die jetzigen US-Inflationsdaten lassen mehr Tempo erwarten, nachdem Experten lediglich mit Werten von 7,3 beziehungsweise 5,9 Prozent gerechnet hatten. Eine erste Zinserhöhung im März an der Börse gilt als sicher. Investoren taxieren die Wahrscheinlichkeit einer deutlichen Anhebung um einen halben Prozentpunkt inzwischen auf fast 50 Prozent.

Lagarde: Eurozone ist nicht vergleichbar

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Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, warnte derweil einmal mehr vor vorschnellen Zinsanhebungen für die Eurozone. "Wenn wir jetzt überstürzt handeln, könnte die Erholung unserer Volkswirtschaften deutlich schlechter ausfallen und Arbeitsplätze wären gefährdet", sagte Lagarde dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Europäische Zentralbank (EZB) gehe aber vorbereitende Schritte. So werde das Pandemie-Notprogramm zum Ankauf von Anleihen im März beendet und die EZB werde das Gesamtvolumen ihrer Nettokäufe von Vermögenswerten reduzieren.

Lagarde betonte auch, dass die Eurozone nicht mit anderen großen Wirtschaftsräumen verglichen werden kann. "Die US-Wirtschaft ist überhitzt, während unsere Wirtschaft davon noch weit entfernt ist", sagte sie. "Deshalb können - und müssen - wir vorsichtiger vorgehen. Wir wollen den Aufschwung nicht abwürgen."

Quelle: ntv.de, ddi

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