Spektakuläre Wendung im Fall HaubEpstein-Akten legen Verbindung zu vermisstem Milliardär nahe
Von Liv von Boetticher
Der seit 2018 vermisste Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub wurde für tot erklärt, doch die Gerüchte um sein Verschwinden reißen nicht ab. Nun taucht sein Name in einem völlig unerwarteten Kontext auf: Dokumente aus dem Umfeld der "Epstein-Files" deuten auf eine Verbindung zwischen dem Sexualstraftäter und dem deutschen Milliardär hin.
Der seit Jahren rätselhafte Vermisstenfall des ehemaligen Tengelmann-Chefs Karl-Erivan Haub erhält neue internationale Brisanz. Aus bislang unveröffentlichten Akten im Komplex um den verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein ergeben sich Hinweise auf eine mögliche Verbindung zwischen beiden Fällen – und auf eine mutmaßliche Schweigegeldzahlung aus dem Umfeld der Milliardärsfamilie Haub.
Konkret geht es um drei Seiten aus den Epstein Files, einem umfangreichen Aktenkonvolut aus Ermittlungen US-amerikanischer und internationaler Behörden. Die Dokumente belegen einen Kontakt zwischen Mark Epstein, dem Bruder von Jeffrey Epstein, und der Kantonspolizei Wallis im Jahr 2020.
Kontaktaufnahme aus den USA
Demnach wandte sich Mark Epstein am 2. Juni 2020 proaktiv an die Polizei in Sion. In Telefonaten und E-Mails äußerte er laut Akten Zweifel an der offiziellen Suizid-Version im Fall seines Bruders und zog Parallelen zum Verschwinden Haubs im April 2018 oberhalb von Zermatt. Beide Fälle könnten, so Mark Epstein, auch auf ein Tötungsdelikt hindeuten.
Ausgelöst worden seien diese Überlegungen durch Hinweise einer bislang anonymen Person mit dem Pseudonym "Mim Mim", die von einem Gespräch mit einem "Mr. Haub" berichtet haben soll. Die Identität der Person ergibt sich aus den vorliegenden Dokumenten nicht.
Schweigegeld aus dem Konzernumfeld?
Besonders heikel: Laut einer internen Korrespondenz des Schweizer Bundesamts für Polizei (fedpol) soll es auch Kontakte zwischen "Mim Mim" und Christian Haub, dem heutigen Tengelmann-Chef und Bruder des Vermissten, gegeben haben. Die Akten legen zudem nahe, dass "Mim Mim" Schweigegeld des Sicherheitschefs von Tengelmann erhalten haben könnte. Dieser Sicherheitschef bestätigte bereits im Februar 2021, dass es "eine Verbindung zwischen Karl-Erivan Haub und Jeffrey Epstein gibt", wollte jedoch keine Details nennen. Eine Anfrage, ob Christian Haub Kontakt zu "Mim Mim" hatte oder Schweigegeld in seinem Auftrag gezahlt wurde, ließ der heutige Tengelmann-Chef unbeantwortet.
Fedpol bat FBI um Einschätzung
In einer E-Mail vom 15. Juni 2020 bittet eine fedpol-Beamtin das FBI um Unterstützung. Sie ersucht um eine Einschätzung zur Glaubwürdigkeit der Aussagen Mark Epsteins und um Informationen, ob US-Behörden Erkenntnisse zu einer möglichen Verbindung zwischen Epstein und Haub hätten. Ob und wie diese Fragen beantwortet wurden, geht aus den vorliegenden Dokumenten nicht hervor.
Ungewöhnliche Aktivität von FBI und CIA
Die Dokumente werfen auch ein neues Licht auf die Rolle der US-Behörden. Bereits unmittelbar nach Haubs Verschwinden im April 2018 ermittelten FBI und CIA in Zermatt und sprachen mit Bergrettern – ein für einen vermissten Wintersportler höchst ungewöhnlicher Vorgang.
Ein interner Ermittler von Tengelmann berichtete Journalisten zudem, er sei 2018 in der US-Botschaft in Bern von sieben Beamten "regelrecht verhört" worden, obwohl er eigentlich um Mithilfe bitten wollte. Sowohl er als auch der Sicherheitschef des Konzerns hegten den Verdacht, dass die US-Behörden mehr über die Hintergründe wussten, als bekannt war.
Der Fall bleibt offen
Karl-Erivan Haub war am 7. April 2018 zu einer Skitour aufgebrochen und nie zurückgekehrt. Trotz intensiver Suche wurde weder seine Leiche noch Ausrüstung gefunden. 2021 erklärte ihn das Amtsgericht Köln für tot. Dennoch halten sich hartnäckig Theorien, Haub könnte sein Verschwinden inszeniert haben und in Russland leben. Erst im März 2025 veröffentlichtn Medien Fotos aus Überwachungskameras in Moskau, die Haub im Februar 2021 zeigen sollen. Interne Ermittler hatten damals angegeben, kurz vor dem "finalen Beweis" für Haubs Fortleben zu stehen.
