"Hilfe an Bedingungen knüpfen" Germanwings-Beschäftigte kritisieren LH
27.04.2020, 12:02 Uhr
Die Lufthansa will den Betrieb von Germanwings einstellen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Staat wird die Lufthansa in der Corona-Krise aller Voraussicht nach stützen. Die Tochter Germanwings will der Konzern dennoch stilllegen. Beschäftigte fordern von der Bundesregierung, Staatshilfen an eine Beschäftigungsgarantie zu koppeln.
Beschäftigte von Germanwings werfen der Lufthansa-Konzernführung vor, die Corona-Krise als Vorwand zu nutzen, um die Tochter abzuwickeln. "Dass die Lufthansa sich vornehmlich von Germanwings trennt, ist reine Strategie, die intern schon vor Längerem beschlossene Sache war", heißt es in einem Offenen Brief, der ntv vorliegt. "Die Spielchen, die hier hinter verschlossenen Türen stattfinden, sind weder sozial, fair noch moralisch vertretbar."
Strategisches Ziel sei es, sich der "teureren" Verträge der Germanwings "mit vorgeschobenen Begründungen zu entledigen." Es entstehe der Eindruck, dass die Krise lediglich als Vorwand genutzt werden soll, "die länger geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen der Lufthansa zulasten der Beschäftigten durchzusetzen".
In der Corona-Krise streicht die Lufthansa ihre Flotte zusammen. Das Management hatte Anfang April entschieden, den Flugbetrieb der Kölner Tochter Germanwings nicht wieder aufzunehmen. Nach Angaben der Airline bedeutet das nicht, dass die rund 1400 Beschäftigten ihren Job verlieren. In Verhandlungen mit den Sozialpartnern solle eine Lösung gefunden werden.
Die Autoren des Offenen Briefes fürchten allerdings, dass zahlreiche Arbeitsplätze verloren gehen. "Unsere berechtigt große Sorge ist nun, dass all die öffentlich deklarierten Zusagen jetzt an Wertigkeit verlieren und die geplanten Umstrukturierungen auf unsere Kosten umgesetzt werden."
Rettungspaket in Planung
Die Beschäftigten kritisierten in diesem Zusammenhang, dass der Vorstand kein Kurzarbeitergeld für Germanwings beantragt habe. "Da Kurzarbeit auch zeitgleich Arbeitsplatzsicherheit bedeutet, ließ das nur den Schluss zu, dass man sich der Mitarbeiter unter dem Deckmantel der Corona-Krise schnell entledigen möchte."
Zugleich dürfe Lufthansa auf Staatshilfen hoffen, heißt es in dem Schreiben. Diese müssen allerdings von der Bundesregierung an Bedingungen geknüpft werden, Arbeitsplätze zu erhalten. Es wäre ein "zutiefst widersprüchlicher Schritt, einem Konzern wie der Lufthansa AG, solch hohe Milliardenbeträge aus Steuermitteln oder mindestens Gelder mit staatlicher Absicherung zukommen zu lassen, während der Steuerzahler am anderen Ende zusätzlich eine Vielzahl an Arbeitnehmern auffangen muss, die aller Voraussicht nach über einen langen Zeitraum erwerbslos bleiben müssen".
Ein milliardenschweres Rettungspaket für die angeschlagene Lufthansa rückt offenbar immer näher. Bei dem Paket gehe es um ein Volumen von neun bis zehn Milliarden Euro, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Es ist allerdings offen, in welcher Form die Bundesregierung dem Dax-Konzern hilft und wie viel Mitspracherecht die Politik im Falle einer vorübergehenden staatlichen Beteiligung haben soll. In der Koalition gibt es dazu unterschiedliche Positionen.
Die Flotte schrumpft
Lufthansa-Chef Spohr hat die Beschäftigten der Airline bereits auf harte Zeiten eingestimmt. Nach der Krise werde Lufthansa voraussichtlich eine um 100 Flugzeuge kleinere Flotte haben, sagte der Vorstandsvorsitzende in einer internen Botschaft an die Mitarbeiter. Daraus ergebe sich ein rechnerischer Überhang von 10.000 Mitarbeitern. "Wir werden aber auch weiterhin alles daransetzen, so viele Mitarbeiter wie möglich an Bord zu behalten", sagte Spohr.
Bislang hatte die Lufthansa die Zahl von 7000 Stellen genannt, die krisenbedingt wegfallen könnten. Vor Ausbruch der Pandemie hatte der größte Luftverkehrskonzern Europas weltweit rund 130.000 Mitarbeiter und 760 Flugzeuge. Der Konzern plante dabei schon vor der Corona-Krise den Verkauf der Catering-Sparte LSG Sky Chefs mit weltweit rund 35.000 Beschäftigten.
Quelle: ntv.de, jga/dpa