Wirtschaft

"Noch einige harte Monate" Gewinnt die Inflation wieder an Fahrt?

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Im Januar sind die Preise kräftig gestiegen.

(Foto: IMAGO/Martin Wagner)

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Die Inflation in Deutschland bleibt hoch. Im Januar steigt sie wieder leicht, nachdem sie zum Jahresende noch deutlich gesunken war. Doch Ökonomen geben Entwarnung und sehen keine Trendumkehr.

Die Verbraucherpreise in Deutschland sind zu Jahresbeginn wieder gestiegen und bleiben damit auf hohem Niveau. In Zahlen ausgedrückt: Im Januar haben sich die Preise für Waren und Dienstleistungen im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich um 8,7 Prozent verteuert, wie das Statistische Bundesamt ausgerechnet hat.

Das ist hoch - aber immerhin deutlich unter dem im Oktober erreichten Rekord von 10,4 Prozent. Im November war die Inflationsrate erstmals seit dem Sommer wieder gefallen, im Dezember lag sie bei 8,6 Prozent.

Doch trotz des leichten Anstiegs im Januar sieht es nach Einschätzung von Ökonomen derzeit weiter danach aus, dass die Inflation in den kommenden Monaten an Fahrt verliert. Das hat mehrere Gründe. Im Dezember 2022 hatte die einmalige Übernahme der Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärmekunden durch den Staat den Anstieg der Verbraucherpreise gedämpft. Dieser Effekt entfiel im Januar.

Außerdem hat das Statistische Bundesamt die Berechnung der Inflationsrate verändert. Um diese Rate - also die Entwicklung des allgemeinen Preisniveaus - zu ermitteln, stellen die Statistiker einen sogenannten Warenkorb. In ihm sind die Waren und Dienstleistungen enthalten, für die Haushalte üblicherweise Geld ausgeben. Diese werden unterschiedlich gewichtet. Dinge, für die mehr ausgeben wird - beispielsweise die Miete -, werden stärker gewichtet als Dinge, für die weniger ausgegeben wird, beispielsweise Hörhilfen. Daraus wird jeden Monat der "Verbraucherpreisindex" errechnet. Die Veränderung zum Vorjahresmonat ist die Inflationsrate.

Energiepreise sinken

Diese Gewichtung hat das Statistische Bundesamt zu Beginn dieses Jahres einer turnusmäßigen Revision unterzogen und auf das neue Basisjahr 2020 umgestellt. Da in diesem Jahr die Corona-Pandemie begann und sich das Konsumverhalten in Deutschland dadurch deutlich änderte, hat diese Umstellung eine erhebliche Auswirkung auf die ermittelte Preisentwicklung.

So haben beispielsweise Dienstleistungen, Pauschalreisen oder auch Kultur im Warenkorb deutlich an Gewicht verloren, während etwa Energiepreise ein noch größeres Gewicht haben als zuvor. Nach Angaben der Analysten der Bank Bayern LB kommt ein weiterer Effekt dazu: Viele Unternehmen nutzten den Jahreswechsel besonders gern für Preisanhebungen.

Vor diesem Hintergrund gehen die meisten Ökonomen davon aus, dass die Inflation in diesem Jahr unter dem Niveau von 2022 liegen wird. Zur Einordnung: Im vergangenen Jahr hatte die Inflationsrate mit durchschnittlich 7,9 Prozent den höchsten Stand seit Gründung der Bundesrepublik erreicht.

Die Inflation dürfte nach Einschätzung von Ökonomen vor allem deshalb weiter zurückgehen, weil der Preisdruck bei der Energie nachlässt. Die Preise waren nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im vergangenen Februar nach oben geschossen und sind der wichtigste Inflationstreiber. Mittlerweile liegen sie wieder auf dem Niveau, das sie vor dem Überfall erreicht hatten. Bis das bei den Verbrauchern ankommt, vergeht allerdings Zeit.

"Ein Zwischenanstieg"

"Der Inflationsgipfel ist überschritten", sagt Chefökonom Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Das sieht Thomas Gitzel von der VP Bank, auch so. "Die Teuerungsraten werden in den kommenden Monaten weiter fallen. Energiepreisbasiseffekte würden ab März besonders deutlich zu Buche schlagen und die Inflationsraten nach unten drücken, so der Chefvolkswirt.

Die Logik dahinter: Mit der russischen Invasion in der Ukraine waren Gas, Öl und Strom vorübergehend sehr viel teurer geworden. Diese extrem hohen Preise werden nun die rechnerische Basis für die Preise dieses Jahres sein. Sollten im zweiten Halbjahr weitere signifikante Preissteigerungen ausbleiben, kommt der gleiche Effekt bei Lebensmitteln dazu.

"Der erneute minimale Anstieg der Inflation im Januar ist ein Zwischenanstieg und war zu erwarten", sagt Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung (IMK). "Die Zeiten mit zweistelligen Inflationsraten dürften nun endgültig hinter uns liegen." Er erwartet einen "nachhaltigen und deutlichen Rückgang der Teuerung ab März", weil dann die Gas- und Strompreisbremsen greifen.

EZB erhöht die Zinsen

Das heißt allerdings nicht, dass die Inflation schnell in den von der Europäischen Zentralbank angestrebten Bereich zurückkehrt. Die EZB sieht Preisstabilität bei einer Rate von 2 Prozent erreicht. Mit einer Reihe von Zinserhöhungen versucht sie, die Inflation zu drücken. Der Mechanismus: Wenn Kredite teurer werden, werden Konsum und Investitionen und damit die Nachfrage gebremst. Das dämpft tendenziell die Preise. Im Sommer hatte die EZB sich angesichts der nach oben schießenden Inflation von ihrer jahrelangen Nullzinspolitik verabschiedet und die Leitzinsen kräftig nach oben geschraubt. Anfang Februar steht die nächste Sitzung auf der Agenda. Es gilt als sicher, dass die Zentralbanker dann eine weitere Zinserhöhung beschließen

Die Bundesregierung rechnet im Schnitt des laufenden Jahres mit einer Teuerungsrate von 6 Prozent. Das IMK erwartet eine Inflationsrate von leicht über 5 Prozent, die Wirtschaftsforscher vom IFO-Institut 6,4 Prozent.

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel dagegen rechnet im Kampf gegen die ausufernde Inflation mit keinen schnellen Erfolgen. "Das wird noch eine Zeit dauern, bis die Inflation wieder dort ankommen wird, wo sie hingehört, nämlich bei zwei Prozent", hatte er vor dem Jahreswechsel ntv gesagt und ergänzt: "Das heißt, wir werden noch durch einige harte Monate gehen."

Quelle: ntv.de, mit rts/dpa

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