Licht aus an Weihnachten? "Im Dunkeln zu feiern, darf keine Antwort sein"
03.09.2022, 10:03 Uhr
Die weihnachtliche Beleuchtung in der Berliner Friedrichstraße.
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Die Gaskrise zwingt Deutschland, so viel Energie zu sparen wie nur möglich. Genug Einsparpotenzial gibt es - schon jetzt bleiben Bauwerke und Werbetafeln dunkel. Doch die Kritik aus der Wirtschaft wächst. Und einige fürchten bereits um das so wichtige Weihnachtsgeschäft.
Die Bundesregierung will wegen der Abhängigkeit von russischem Gas mit neuen Auflagen Energie einsparen. "Jede eingesparte Kilowattstunde hilft ein Stück weit aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen heraus", heißt es. Vielerorts bleibt deshalb schon jetzt das Licht aus. In Berlin war zuletzt bereits die Außenbeleuchtung vieler markanter Bauwerke abgeschaltet worden. Und auch Leuchtreklamen sollen in der Zeit von 22 bis 16 Uhr ausgeschaltet werden - es sei denn, das Licht wird für die Abwehr von Gefahren oder die Verkehrssicherheit benötigt.
Die Deutsche Werbewirtschaft sieht sich deshalb schon jetzt in Existenznöten. Die beschlossenen Maßnahmen bedrohten die Branche der sogenannten "Out of Home"-Medien im Kern, erklärte Kai-Marcus Thäsler, Geschäftsführer des Fachverbands Außenwerbung (FAW). Darunter ist jegliche Außenwerbung - wie etwa Plakate oder auch beleuchtete Werbetafeln - im öffentlichen Raum zu verstehen. Die Branche sei zwar grundsätzlich bereit, ihren Beitrag zu leisten, allerdings gebe es einen Knackpunkt: Das Licht müsse zu lange ausgeschaltet werden.
Gerade morgens zwischen 6 und 9 Uhr sei Außenwerbung effektiv. Der FAW hatte deshalb dafür plädiert, das Licht nur zwischen 22 und 6 Uhr abzuschalten. Rückendeckung kommt vom Wirtschaftspsychologen Florian Becker: "Leuchtreklame, die nicht leuchtet in der Nacht, fällt nicht auf", so der Experte. Das könne vor allem für jene Unternehmen zum Problem werden, die auf Laufkundschaft angewiesen sind. Es müsse überdacht werden, wo es sinnvoll sei, das Licht auszuschalten. Bei Tankstellen fiele nachts ohne Leuchtreklame gar nicht mehr auf, dass da eine Tankstelle sei.
"Das ist reine Symbolpolitik"
Mit Blick auf Weihnachten wachsen die Befürchtungen, dass sich die Einsparmaßnahmen auch auf andere Branchen auswirken könnten. Ein Verzicht etwa auf die Weihnachtsbeleuchtung hätte nach Einschätzung des Berliner CDU-Landesvorsitzenden Kai Wegner negative Folgen für den Handel sowie die Gastronomie- und Hotelbranche. In eine dunkle Metropole wolle über die Feiertage und den Jahreswechsel niemand kommen, gab Wegner zu bedenken. "Licht bedeutet auch Hoffnung. Und Weihnachten ist das Fest der Hoffnung."
Deutschland und Berlin befänden sich nunmehr im dritten Krisenjahr, so der Politiker. Vielen mache die Situation schwer zu schaffen. "Viele Menschen waren während der Corona-Pandemie sehr einsam, gerade durch die zahlreichen Auflagen und Regeln. An Weihnachten war es für viele besonders schwierig", sagte er. Hinzugekommen sei ein Krieg mitten in Europa - mit der Folge explodierender Energie- und Lebensmittelpreise. "Jetzt auch noch zu Weihnachten das Licht abzuschalten, um im Dunkeln zu feiern, darf keine Antwort sein."
An der Sinnhaftigkeit der Abschaltung von Außenbeleuchtung äußerte Wegner ganz generell Zweifel. "Das ist reine Symbolpolitik, die eigentlich gar keinem nutzt", so der Berliner Abgeordnete. Der tatsächliche Spareffekt sei nicht erwiesen. Und besonders Fußgängerzonen, Parks und Gehwege müssten helle Orte sein, sagte Wegner. Je mehr dunkle Räume entstünden, desto mehr Angsträume gebe es.
Quelle: ntv.de, jug/dpa