Bei Eskalation um TaiwanInstitut warnt vor Schaden für deutsche Wirtschaft in Ostasien

Rund 300 deutsche Unternehmen sind in Taiwan aktiv, darunter große Konzerne wie Siemens, Bosch und BASF. Spitzt sich die Lage in Ostasien weiter zu, könnte das auch der deutschen Wirtschaft teuer zu stehen kommen. Ein Industrie-Zweig steht besonders im Fokus.
Das Mercator Institut für Chinastudien (Merics) warnt angesichts zunehmender Spannungen in Ostasien vor erheblichen Konsequenzen auch für Deutschland. "Jegliche politische, wirtschaftliche oder sogar militärische Eskalation in der Region und speziell um Taiwan könnte der deutschen Wirtschaft erheblich schaden", sagte Merics-Expertin Claudia Wessling. Die Straße von Taiwan sei eine der wichtigsten Wasserstraßen für die globale Containerschifffahrt. "Ein Konflikt in der Region würde weltweit Lieferketten unterbrechen, was natürlich auch Deutschland treffen würde." Hinzu komme, dass Tausende deutsche Unternehmen in der Volksrepublik China und Hunderte in Taiwan präsent sind, die im Falle eines Konflikts mit Disruptionen ihrer Markt- und Handelstätigkeit rechnen müssten.
Dem in Berlin ansässigen Merics-Institut zufolge ist die Insel enorm wichtig für die deutsche Wirtschaft. "Taiwan ist mit seiner fortschrittlichen Chip-Industrie für die globale Digitalindustrie von hoher Bedeutung und ein zentraler Lieferant von wichtigen IT-Komponenten", sagte Wessling. Ungefähr 300 deutsche Unternehmen verschiedener Branchen seien in Taiwan aktiv, darunter große Konzerne wie Siemens, Bosch oder BASF. Deutsche Firmen seien auch wichtige Zulieferer für die taiwanische Halbleiterproduktion.
Das deutsche-taiwanische Außenhandelsvolumen liegt nach Merics-Angaben seit Jahren bei etwa 20 Milliarden US-Dollar. Der Commerzbank zufolge sind die deutschen Einfuhren von Computerchips aus Taiwan in den ersten drei Quartalen dieses Jahres nur vier Prozent gestiegen. "Für Deutschland ist Taiwan derzeit der wichtigste Anbieter von Computerchips", sagte Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer. Deutschland habe bis Ende September Halbleiter im Wert von etwa drei Milliarden US-Dollar aus Taiwan importiert. Dort produziert unter anderem mit TSMC der weltgrößte Hersteller von Chips für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz.
Chinas Führung betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik, obwohl die Insel über eine eigene demokratisch gewählte Regierung verfügt. Taiwan weist die Ansprüche Chinas zurück: Nur die Inselbewohner könnten über ihre Zukunft entscheiden. Die Spannungen in der Region haben zuletzt deutlich zugenommen. Auslöser waren Äußerungen der japanischen Ministerpräsidentin Sanae Takaichi, wonach ein möglicher chinesischer Angriff auf Taiwan eine japanische Militäraktion auslösen könnte. Das chinesische Militär simuliere regelmäßig Angriffe auf ausländische Marineschiffe in der Taiwanstraße, warnte der Generaldirektor des taiwanischen Nationalen Sicherheitsbüros, Tsai Ming-yen, am Mittwoch im Parlament.
"Massive wirtschaftliche Kosten"
Merics zufolge gibt es derzeit etwa 200 Forschungskooperationen mit Taiwan. Neben den Digitalisierungsbereichen bestünden auch in anderen innovativen Sektoren - von Green Tech, Automatisierung oder Luft- und Raumfahrt bis hin zu Photonik und Life Sciences - gute Perspektiven für die Zusammenarbeit.
"Ein eskalierender Konflikt zwischen China und Taiwan würde die Produktionsstätten und Markttätigkeit deutscher Unternehmen vor Ort erheblich beeinträchtigen, womöglich sogar lahmlegen", warnte Merics-Expertin Wessling. "Mögliche Sanktionen gegen China wegen einer Aggression gegen Taiwan wären mit massiven wirtschaftlichen Kosten für deutsche Unternehmen in der Volksrepublik verbunden."