Geld, Gas und Kühe im Überfluss Katar hält jeder Blockade stand
14.07.2017, 10:14 Uhr
Blockade hin oder her: Das Leben in Doha geht weiter.
(Foto: REUTERS)
Während die arabischen Nachbarn Katar bedrohen, signalisiert der isolierte Inselstaat Stärke. Das Gas fließt, die Notenbank sitzt auf milliardenschweren Dollarreserven. Und die Kühe sind auch schon zur Rettung unterwegs.
"Wir haben genug Geld, um jede Art von Schock zu verkraften", prahlte der katarische Zentralbankchef Scheich Abdullah Saud al Thani in dieser Woche. Er signalisierte damit: Dem kleinen Golfstaat können die Drohungen aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten nichts anhaben.
Die Sanktionen, die diese gemeinsam mit Ägypten und Bahrain erlassen haben, haben zumindest bislang kaum Spuren in der Wirtschaft des kleinen Golfstaates hinterlassen. Dank seiner riesigen Gasvorkommen ist Katar eines der reichsten Länder der Erde. Der Staatsfonds QIA ist an vielen internationalen Unternehmen beteiligt. Er verfügt über Mittel von 300 Milliarden Dollar. Hinzu kommen die Reserven der katarischen Notenbank über 40 Milliarden Dollar plus Gold.
Die vier benachbarten Regionalmächte werfen Katar Terror-Unterstützung und enge Kontakte zum Iran - dem Erzfeind Saudi-Arabiens - vor. Ihre diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Emirat haben sie gekappt. Um die Normalität wiederherzustellen, sollte Katar eine ganze Liste von Forderungen erfüllen.
Bislang perlten alle Beschuldigungen und Forderungen jedoch an Katar ab. Erst vergangene Woche ließ Doha ein Ultimatum seiner arabischen Nachbarn verstreichen. Man werde keine Bedingungen akzeptieren, die man für eine Verletzung des Völkerrechts halte, hieß es.
Auch die Friedensinitiative von US-Außenminister Rex Tillerson verpuffte. Nicht, weil Katar sich unkooperativ zeigte, sondern weil "den Zusagen Katars nicht zu trauen sei", wie es in einer Erklärung Saudi-Arabiens im Namen aller verbündeten Staaten gegen Katar heißt. Doha müsse "die Finanzierung und Unterstützung des Terrorismus'" einstellen. Die Sanktionen würden erst dann aufgehoben, wenn das Land die Forderungen erfülle. Doha ist das egal.
Warten auf die nächste Eskalationsstufe
Die Vereinigten Arabischen Emirate sind bereits einen Schritt weitergegangen. Sie haben mit weiteren Sanktionen gedroht. Ob Doha Grund hätte, ein Kräftemessen mit seinen arabischen Nachbarn zu fürchten und ihm aus dem Weg zu gehen, können selbst Experten nur schwer beantworten. "Es ist überhaupt nicht klar, was die arabische Staaten tun können, um den Druck zu erhöhen", sagt Farouk Soussa, Nahost-Chefökonom der Citibank. Am wahrscheinlichsten sei, dass es bei der gegenwärtigen Isolierung Katars bleibe.
Möglich wäre aber auch, dass die Staaten doch noch eine weitere Front aufmachen. "Die Verbündeten könnten versuchen, ausländische Unternehmen und Verbündete zu zwingen, Partei zu ergreifen", sagt Torbjorn Soltvedt, Analyst bei der Sicherheitsberatung Maplecroft CNBC. Im schlimmsten Fall hätte das Auswirkungen bis nach China, den wichtigsten Gaskunden des Emirats.
Außerdem könnte auch noch der Finanzsektor in Mitleidenschaft gezogen werden. Wenn Regionalbanken keine Geschäfte mehr mit Katar machen wollten oder Geld abzögen, hinterließe das Spuren, sagt Amy McAlister, Ökonom bei Oxford Economics. Die Investoren sind auf jeden Fall nervös. Der Aktienmarkt in Doha hat zehn Prozent eingebüßt, seitdem die Sanktionen am 5. Juni verhängt wurden. Dafür, dass große internationale Unternehmen kalte Füße bekommen, gibt es bislang aber keine Anzeichen.
Richtig eskalieren würde die Krise laut Soltvedt, wenn Katar aus dem Golfkooperationsrat GCC ausgeschlossen würde. Das würde Katar "in die Umlaufbahn Irans" schleudern. Bislang ist das alles jedoch nichts weiter als blanke Theorie. Anlass zur Sorge sieht Katar deshalb offenbar nicht. Es gibt sich weiter stoisch: Weder die Beziehungen zum Iran wurden gekappt, noch wurde der staatliche Sender Al Jazeera geschlossen. Auch die türkische Militärbasis in Katar wurde nicht geschlossen, wie die Saudi-Allianz es gefordert hat.
Was ist unsicher, solange es Gas gibt?
Die Ratingagentur Moody's hält Katar derweil nicht für so unverwundbar, wie es sich gibt. Es sei zu erwarten, dass es für das Land eine längere Phase der Unsicherheit gebe, die in das kommende Jahr hineinreichen werde. Eine schnelle Lösung scheine unwahrscheinlich. Die wirtschaftliche und finanzielle Stärke Katars könne beeinträchtigt werden, wenn der Disput länger andauere und noch weitere Sanktionen gegen das Land hinzukämen.
Die Geschäftstätigkeit in Katar könnte schwieriger und kostspieliger werden. Aber solange die Gasexporte nicht blockiert werden, gibt es wohl wenig Grund zur Sorge. Selbst die Vereinigten Arabischen Emirate lassen sich weiter Gas aus Katar liefern.
Außerdem macht das Emirat auch Fortschritte bei seinem Vorhaben, unabhängiger von Nahrungsmittel-Importen zu werden. Ein findiger Unternehmer hat die größte Rinderluftbrücke der Geschichte und eine "Botschaft des Trotzes" an Saudi-Arabien ins Leben gerufen: In 60 Flugzeugen von Qatar Airways lässt er insgesamt 4000 Kühe in die Wüste fliegen, um die gut eine Million Bewohner mit frischer Milch zu versorgen. 165 sind bereits am Golf gelandet und die nächsten Holstein-Kühe sind schon unterwegs.
Quelle: ntv.de