"Höchster Preis" im Bürgerkrieg Libyens Zentralbank stellt Betrieb ein
18.08.2024, 15:48 Uhr Artikel anhören
Die Zentralbank verwaltet unter anderem die Ölexporteinnahmen Libyens und zahlt die öffentlichen Gehälter.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Machtkampf zwischen den zwei verfeindeten Regierungen in Libyen spielt die Zentralbank eine wichtige Rolle, um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Sie verwaltet unter anderem die Einnahmen aus dem Ölexport. Dass die Bank nun schließen muss, ist ein besorgniserregendes Zeichen.
In Libyen hat die Zentralbank nach der Entführung eines Mitarbeiters die Arbeit eingestellt. Der IT-Leiter der Bank sei von "unbekannten Gruppen" entführt und die Arbeit deshalb eingestellt worden, hieß es. Auch andere Angestellte hätten entsprechende Drohungen erhalten. Bis zur Freilassung ihres IT-Chefs würden alle Bankgeschäfte und die Arbeit aller Abteilungen ausgesetzt. Von dem Schritt ist auch das Depot für Umsätze aus dem staatlichen Ölgeschäft betroffen.
Damit spitzt sich die neue Krise um die zwei verfeindeten Regierungen in dem Land weiter zu. In dem Wüstenstaat in Nordafrika läuft seit Langem ein Kampf um Einfluss und Ressourcen zwischen zwei großen Lagern. Sie werden angeführt von Ministerpräsident Abdel Hamid Dbaiba im Westen und Feldmarschall Chalifa Haftar sowie dessen Söhnen im Osten des Landes. Es gibt zwei parallel arbeitende Regierungen und Verwaltungen.
In der Zentralbank werden Umsätze aus dem Öl- und Gasgeschäft eingezahlt, die etwa 95 Prozent der staatlichen Einnahmen ausmachen. Die Zentralbank ist unter anderem zuständig für die Zahlung öffentlicher Gehälter, auch im Osten. Sie sei der "höchste Preis" für die in Libyen kämpfenden Gruppen, nämlich die "größten Devisenreserven Afrikas und das sprudelnde Herz der libyschen, vom Öl angetriebenen Wirtschaft", schrieb Experte Wolfram Lacher von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Laut Zahlen des internationalen Währungsfonds verfügt die libysche Zentralbank über Reserven in Höhe von fast 90 Milliarden US-Dollar.
Der Konflikt im Land wird angeheizt durch andere Länder, die ebenfalls um Einfluss in dem ölreichen Staat ringen. Haftar wird vor allem von Russland unterstützt, die Dbaiba-Regierung von der Türkei. Diese hatte 2020 auch geholfen, eine Offensive von Haftars selbst ernannter Libyschen Nationalarmee (LNA) auf Tripolis abzuwehren. Seitdem ist das Land faktisch geteilt, größere Kämpfe gibt es seit dem Sommer 2020 nicht mehr. Nun wird jedoch wieder aufgerüstet und befürchtet, dass eine neue Phase größerer Kämpfe bevorstehen könnte.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa