Wirtschaft

Ungeduld in Wirtschaft wächstMerz kontert Vorwurf von Arbeitgeber-Präsident

25.11.2025, 17:45 Uhr
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Merz gilt als "Mann der Wirtschaft". (Foto: picture alliance/dpa)

Arbeitgeberpräsident Dulger kann bislang keinen Reform-Turbo ausmachen. Als Unternehmer wolle er rasche Ergebnisse sehen. Kanzler Merz verweist beim Arbeitgebertag darauf, es sei schon viel auf den Weg gebracht - und bittet weiter um Geduld.

Bundeskanzler Friedrich Merz bittet die Wirtschaft bei grundlegenden Reformen um Geduld. Der CDU-Chef sagte auf dem Arbeitgebertag in Berlin: "Die Bundesrepublik Deutschland ist kein Schnellboot. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Dickschiff, jedenfalls ein ziemlich großer Tanker, mit ziemlich großen Motoren. Aber auch einen solchen großen Tanker fahren Sie nicht innerhalb von wenigen Tagen wie ein Schnellboot mal eben im 180-Grad-Winkel in die andere Richtung." Das brauche seine Zeit - insbesondere, wenn sich Strukturen über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte verfestigt hätten.

Deutschland habe nicht erst seit kurzem ein strukturelles Problem. Merz betonte, die Regierung habe bereits vieles auf den Weg gebracht. Er nannte steuerliche Entlastungen für Firmen, eine Wende in der Migrationspolitik, Maßnahmen für weniger Bürokratie und geringere Energiekosten. Diese würden ihre Wirkung entfalten. Er kündigte außerdem erneut Strukturreformen der Sozialsysteme an.

Der Bundeskanzler sprach zum anderen von geopolitisch großen Veränderungen und einer "brutalen Wirklichkeit": Er nannte den Ukraine-Krieg, autoritäre Systeme auf der Welt, ein nach außen aggressiv auftretendes China und einen US-Präsidenten, der mit Zöllen versuche, "America first" durchzusetzen.

Zuvor hatte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger die Bundesregierung angesichts der wirtschaftlichen Schwäche Deutschlands zu mehr Mut zu Reformen aufgefordert. "Alle in der Koalition brauchen mehr Ambition", sagte Dulger. "Wir sehen die Ansätze, wir sehen die Bemühungen, doch eine Wirtschafts-Wende, einen Reform-Turbo, oder gar eine ganze Reform-Jahreszeit, die haben wir bisher nicht ausmachen können." Das zielte auf eine Aussage von Bundeskanzler Merz, der einen "Herbst der Reformen" angekündigt hatte.

Dulger will "rasch Ergebnisse sehen"

Dulger sagte weiter: "Als Unternehmer wollen wir handeln. Wir wollen rasch Ergebnisse sehen." Er sehe das Potenzial Deutschlands. "Deutschland kann mehr." Er erwarte, dass die Politik endlich konkret werde und nicht nur sage, was sie nicht wolle. "Die Politik muss die Probleme unseres Landes endlich lösen."

Merz gilt als "Mann der Wirtschaft". Er war Chef des deutschen Ablegers des US-Investmentunternehmens Blackrock und Mitglied in der Führungsspitze des Wirtschaftsrats der CDU. In der Wirtschaft genießt der Kanzler deswegen einen Vertrauensvorschuss. Dulger sagte nach der Rede von Merz, man habe weiter Vertrauen in die Regierung und reiche Merz die Hand. Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte Dulger vor dem Arbeitgebertag, er gebe der Bundesregierung Zeit - bis ins nächste Frühjahr.

Auch die Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche richtete sich auf der Veranstaltung mit einer klaren Botschaft an die schwarz-rote Koalition. Die CDU-Politikerin sagte, es brauche Reformen, weil "uns die Zeit davon läuft". Ihrer Einschätzung nach würden die Dramatik, die Ernsthaftigkeit und der Stress, unter denen die Wirtschaft in Deutschland stehe, nicht hinreichend wahrgenommen. Deutschland bleibe unter seinen Möglichkeiten. Man solle die Lage nicht schöner reden als sie sei.

Die demokratischen Kräfte müssten zeigen, dass sie unter schwierigen Bedingungen Reformen hinbekommen, ansonsten werde es in den kommenden Jahren nicht einfacher, sagte Reiche. Es dürfe nicht um den kleinsten gemeinsamen Nenner gehen, sondern es müsse die Kraft gefunden werden, Deutschland nach vorne zu bringen.

Schwerer Stand für Bas

Derweil verwies auch Finanzminister Lars Klingbeil darauf, was die Koalition bereits auf den Weg gebracht habe. Die SPD sei bereit zu Reformen der Sozialsysteme, um sie zielgenauer und effizienter zu machen, sagte Klingbeil - räumte aber mit Blick auf die Arbeitgeber ein, es gebe einen Dissens, wie genau die Sozialreformen aussehen sollten. Klingbeil warb für einen Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften.

Beim Rentenpaket wollen Klingbeil und Arbeitsministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas hart bleiben. Das Paket müsse so kommen, wie es das Kabinett beschlossen habe. Auch Merz verteidigte den umstrittenen Gesetzentwurf, den der CDU/CSU-Nachwuchs in aktueller Form ablehnt. Ohne die Junge Gruppe droht die Koalition keine Mehrheit für das Rentenpaket zu haben.

Bas hatte einen schweren Stand auf dem Arbeitgebertag. Bei ihrer Rede gab es kaum Applaus. Als die Arbeitsministerin mit Blick auf die Sozialpartnerschaft sagte, dass sie "im Gegensatz zu Ihnen" auch immer die andere Seite mit im Blick habe, gab es Protestrufe. Die Botschaft von Bas: auch sie sei offen für Reformen - aber der Sozialstaat dürfe nicht geschleift werden, denn das erschüttere Vertrauen in den Staat. Vom Sozialstaat profitierten auch Arbeitgeber, sagte Bas und nannte das Kurzarbeitergeld oder staatliche Mittel für Qualifizierung.

Deutschland steckt seit Jahren in einer wirtschaftlichen Schwäche. Nach zwei Rezessionsjahren kommt die deutsche Wirtschaft auch 2025 nicht in Fahrt. Wegen Unsicherheiten halten sich Firmen mit Investitionen zurück - oder investieren lieber im Ausland. 2026 soll es zwar bergauf gehen, aber ein spürbarer Aufschwung ist nicht zu erwarten

Quelle: ntv.de, jki/dpa

Friedrich Merz"Herbst der Reformen"Arbeitgeber