Container-Umschlag steigern Nur gemeinsam sind Häfen wettbewerbsfähig
28.10.2021, 14:41 Uhr
Die deutschen Containerhäfen haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, was Zugang, Kapazität und Hinterlandanbindung betrifft.
(Foto: picture alliance/dpa)
Mit Rotterdam, Antwerpen und Danzig ist die Konkurrenz groß. Um mit den ausländischen Containerhäfen mithalten zu können, müssen sich Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven etwas einfallen lassen. Eine Kooperation der Häfen könnte den Container-Umschlag deutlich steigern. Doch man ist sich uneinig.
Die Hamburger Hafenwirtschaft sorgt sich um den größten deutschen Seehafen. Ein Umschlagsplus von 3,1 Prozent in den ersten neun Monaten 2021 stimmt den Unternehmensverband zwar optimistisch, doch die Häfen in Rotterdam und Antwerpen weisen mit 8,6 und 4,8 Prozent höhere Wachstumsraten auf. Der Abstand zu den Hauptkonkurrenten vergrößert sich merklich. Um mit der wachsenden Konkurrenz mithalten zu können, haben die Hafen-Betreiber aus Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven drei Jahre lang eine Fusion geprüft.
Die deutschen Containerhäfen haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, was Zugang, Kapazität und Hinterlandanbindung betrifft. Ein neuer Superhafen würde nicht nur der Anschluss an die Rivalen Rotterdam und Antwerpen gelingen, er könnte sogar den Aufsteiger Danzig überholen. Die Häfen könnten mit einer Kooperation ihren Container-Umschlag und ihre Auslastung deutlich steigern. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger, über das die "Zeit" berichtet.
Demnach haben die drei Häfen im Jahr 2020 addiert etwa 13,7 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen. Hätten sie das gemeinsam getan, hätte sich der Umschlag auf bis zu 15 Millionen Container steigern lassen, heißt es im Gutachten der Beratergesellschaft, in das die Zeitung Einsicht hatte.
Personalfragen sind heikles Thema
Der börsennotierte Logistikkonzern HHLA aus Hamburg hatte das Berger-Gutachten in Auftrag gegeben. Die Berater sollten die Folgen einer Zusammenarbeit der acht Containerterminals in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven einschätzen und Kooperationsformen darstellen. Bis Winter 2020 hatten die Betreiber der Häfen - neben der HHLA ist dies die Logistikfirma Eurogate - ein Bündnis ihrer norddeutschen Containerterminals geprüft, danach waren die Gespräche versandet. Unterschwellig sei es bei den Verhandlungen viel um Macht und darum gegangen, welcher Hafen das sagen habe, berichtet die "Zeit" unter Berufung auf Insider.
"Die Kulturen der beteiligten Unternehmen sind sehr verschieden", zitiert das Blatt den Logistikexperten Jan Ninnemann. Personalfragen könnten seiner Einschätzung nach bei den Verhandlungen ein heikles Thema gewesen sein. Ein weiteres Problem: "Die Kosten für den Containerumschlag sind in Rotterdam und Antwerpen 20 bis 30 Prozent niedriger", zitiert die "Zeit" Ninnemann. Er glaubt, HHLA und Eurogate müssten erst die Personalkosten senken und Anlagen modernisieren, bevor eine Kooperation fruchte. Die HHLA bemüht sich trotzdem gerade um die Wiederaufnahme der Sondierungen.
Andere Player greifen nach der Macht
Eurogate hatte ebenfalls ein Gutachten beim Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) bestellt, das die Vor- und Nachteile einer Kooperation einschätzen sollte und das der "Zeit" in Auszügen vorliegt. Das Fazit: Ein Terminal-Verbund hätte einen "deutlich positiven Effekt auf Kosten, Wettbewerbsfähigkeit und Marktanteilsentwicklung". Anders als das Berger-Gutachten geht die ISL-Studie auch auf die Folgen für Arbeitsplätze ein. Mit der Kooperation gingen "unzweifelhaft" auch "Einsparungen beim Personal" einher, schreiben die ISL-Autoren.
Als beide Studien fertig waren, begann laut Information der "Zeit" die Lästereien an Weser und Elbe. Die Vorwürfe: Roland Berger habe pauschale Schätzwerte verwendet und die ISL ein Gefälligkeitsgutachten erstellt, schließlich handele es sich bei der ISL um das Haus-und-Hof-Institut der bremischen Schifffahrt. Bei den Verhandlungen "spielt sich manches auf Kindergarten-Niveau ab", zitiert die Zeitung einen Insider.
Während eine Fusion bislang noch am Stolz und der Mentalität der Hafen-Betreiber scheitert, greifen andere Player in den Häfen bereits nach der Macht. So hat sich die Reederei Hapag-Lloyd etwa mit 30 Prozent in die Betreibergesellschaft Container Terminal Wilhelmshaven eingekauft.
Quelle: ntv.de, jki