Wirtschaft

GM droht mit Jobabbau Opfer von Trumps Handelskrieg rebellieren

Je mehr Donald Trump mit seinen Strafzöllen ernst macht, desto mehr wehren sich die Verlierer des Handelskriegs.

Je mehr Donald Trump mit seinen Strafzöllen ernst macht, desto mehr wehren sich die Verlierer des Handelskriegs.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nicht nur in Europa, auch in den USA formiert sich Widerstand gegen Donald Trumps Strafzölle. Immer mehr Firmen gehen ihm von der Fahne. Und selbst die ersten Republikaner wollen die Allmacht des Präsidenten begrenzen.

Je mehr Donald Trump seinen Handelskrieg mit China und Europa vorantreibt, desto mehr laufen die potentiellen Verlierer in der US-Wirtschaft dagegen Sturm. Denn wie in jedem Konflikt wird es auch in diesem große Schäden und zahlreiche Verluste geben. Und wie in jedem Kampf wollen auch im Handelskrieg die Opfer nicht einfach wehrlos zu Trumps Kanonenfutter werden.

Den Anfang machte vergangene Woche die Motorrad-Kultmarke Harley-Davidson. Einst hatte Trump sie für ihre vorbildliche Produktion "Made in America" noch gelobt und sogar ins Weiße Haus geladen. Doch als sie wegen Trumps Zollkrieg mit der EU ankündigte, einen Teil ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern, wurde der Bike-Hersteller schnell zum Sündenbock des Präsidenten. Die Firma habe "aufgegeben", schäumte Trump auf Twitter, und müsse nun mit drakonischen Steuern rechnen, sobald sie ihre Motorräder wieder in die USA zurückverkaufe.

Dabei bewahrheitete sich an Harley-Davidson nur das, wovor alle Experten Trump lange gewarnt hatten: Seine Strafzölle schaden der US-Wirtschaft womöglich mehr als sie nützen. Denn viele US-Firmen verdienen einen Großteil ihres Geldes im Ausland oder haben in anderen Ländern Werke. Durch die Vergeltung der Handelspartner gehen den USA deshalb sehr wahrscheinlich mehr Jobs verloren als Trump mit seinen Schutzzöllen schafft. Zudem erhöhen die Zölle auch die Preise für US-Verbraucher und Unternehmen, die beispielsweise Stahl verarbeiten, und kosten so zusätzlich Arbeitsplätze, weil in diesen Branchen viel mehr Menschen arbeiten als in der Stahlindustrie selbst.

US-Autobauern droht ein Jobmassaker

Auch General Motors stieß kurz nach Harley-Davidson ins gleiche Horn. Denn als nächstes dürfte Trump bald Strafzölle auf Autos verhängen. Diese könnten auch in den USA zu Jobverlust und letztlich zu einem "kleineren GM" führen, warnte der Autoriese. Und selbst die US-Handelskammer, normalerweise einer der größten Unterstützer der Republikaner, macht nun offen gegen Trumps Handelspolitik mobil. "Die Regierung droht die wirtschaftlichen Fortschritte zu untergraben, für die sie so hart gearbeitet hat", warnt der mächtige Lobbyverband. Ziel der USA müsste eigentlich ein freier und fairer Handel sein: "Aber so nicht."

Es ist auffällig, dass Trump bisher noch keine Twitter-Tiraden auf GM oder die Handelskammer abgefeuert hat. Denn die beiden Schwergewichte verdeutlichen anders als der kleine Motorradhersteller, was für die US-Wirtschaft auf dem Spiel steht. Die EU rechnet bereits vor, dass die USA bei der Einführung von Autozöllen mit Gegenmaßnahmen auf Exporte im Wert von 249 Milliarden Dollar rechnen müssen - das wären rund 20 Prozent aller US-Ausfuhren. Zum Vergleich: Zur Vergeltung für Trumps Stahlzölle hat Brüssel Gegenzölle auf Produkte im Wert von gerade mal 2,8 Milliarden Dollar erlassen.

Der Zoll-Krieg droht nicht nur die EU-Hersteller, sondern auch die US-Autobauer schon sehr bald mit voller Wucht zu treffen. Am Freitag will die Trump-Regierung Strafzölle auf chinesische Waren im Wert von 34 Milliarden Dollar in Kraft setzen. Zur Vergeltung sollen in China dafür Ende der Woche Zölle von 25 Prozent auf Autoimporte gelten - zusätzlich zu den 15 Prozent, die bereits jetzt fällig werden. Die großen Verlierer wären neben BMW und Daimler, die die meisten Autos aus ihren US-Werken ins Reich der Mitte exportierten, die US-Autobauer Tesla und Ford.

Senatoren wollen Trumps Macht beschneiden

Die drohenden Jobverluste machen auch immer mehr Mitglieder von Trumps eigener Partei nervös. Einige Republikaner wollen es schon lange nicht mehr bei Appellen ans Weiße Haus belassen. Sie setzen da an, wo sie den Handelskrieg sofort stoppen könnten: bei Trumps Macht. Denn eigentlich darf laut US-Verfassung nur der Kongress Zölle erlassen oder aufheben.

Doch ein Zugeständnis konnte das Weiße Haus den Volksvertretern nach dem Zweiten Weltkrieg abringen: Um die nationale Sicherheit zu schützen darf der US-Präsident auch im Alleingang Zölle verhängen. Was als Ausnahme für dringende Notfälle gedacht war, um Gefahren abzuwenden während der Kongress debattiert, nutzt Trump nun offensiv als Schlupfloch, um die Entscheidungsgewalt der Abgeordneten in Handelsfragen zu unterlaufen.

Die wenigen Republikaner, die trotz Trumps Übermacht in der republikanischen Partei noch Kritik an ihrem Präsidenten üben, wehren sich nun immer offensiver dagegen. Senator Bob Corker aus Tennessee etwa hat ein Gesetz eingebracht, das Trumps Machtergreifung beenden soll: Alle Zölle, die Trump im Namen der "Nationalen Sicherheit" erlässt, müssten danach künftig vom Kongress bestätigt werden. Doch der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, verhindert bisher eine Abstimmung über Corkers Entwurf. Vor den Zwischenwahlen im November, bei denen die Republikaner schon jetzt mit massiven Verlusten rechnen müssen, will er mit Trump keinen Streit anfangen.

Auch Senator Jeff Flake aus Arizona hat bereits im März erfolglos ein Gesetz eingebracht, um Trumps Stahlzölle zurückzudrehen. "Wir befinden uns im Anfangsstadium eines ausgewachsenen Handelskriegs", warnte Flake vergangene Woche im Interview mit dem US-Sender ABC. "Der Senat sollte sich mit einem Gesetz über Zölle befassen, das sagt: Wir leisten dagegen Widerstand, denn sie missbrauchen ihre Kompetenzen. Kanada und Mexiko sind keine Bedrohungen der nationalen Sicherheit. Dass die EU Autos in die USA exportiert stellt keine Bedrohung der nationalen Sicherheit dar. Wenn wir das nicht tun, wozu sind wir dann überhaupt da?"

Flake droht Trump offen mit Blockade. Und hat erhebliches Erpressungspotential. Denn noch vor den Wahlen im November will Trump einen neuen Richter am Obersten Gerichtshof ernennen, der die Gewichte auf Jahrzehnte zugunsten der Konservativen verschieben könnte. Die historische Chance hatte sich nach dem Rücktritt eines Richters vergangene Woche ergeben. Doch weil die Republikaner im Senat nur eine hauchdünne Mehrheit von 51 Sitzen haben, brauchen sie für die Bestätigung von Trumps Kandidat jede Stimme - auch die von Flake.

Doch der hat eine Bedingung gestellt. "Ich und eine Reihe von Senatoren, immerhin einige von uns, werden aufstehen und sagen: Lass uns keine weiteren Richter ernennen bis wir eine Abstimmung über Zölle bekommen", kündigte Flake auf ABC an. Der Senator kann sich die Rebellion gegen Trumps Zollpolitik allerdings auch leisten: Er tritt nicht zur Widerwahl an und wird im November aus dem Senat ausscheiden. Bis dahin könnte Trumps Handelskrieg längst in vollem Gange sein.

Quelle: ntv.de

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