Wirtschaft

Bafin "an Seite von Kriminellen" Opposition: "Systemversagen" im Fall Wirecard

Wirecard war im Juni 2020 nach der Aufdeckung eines 1,9 Milliarden Euro großen Lochs in der Bilanz in die Pleite gerutscht.

Wirecard war im Juni 2020 nach der Aufdeckung eines 1,9 Milliarden Euro großen Lochs in der Bilanz in die Pleite gerutscht.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der Skandal um den Ex-Dax-Konzern Wirecard ist aus der Sicht der Opposition im Bundestag auf Fehler in der Regierung und ihren Behörden zurückzuführen. Herbe Kritik gibt es am Finanzministerium - dort sei nicht genug getan worden, um den Betrug rechtzeitig aufzudecken.

Die Initiatoren des Wirecard-Untersuchungsausschusses werfen nach rund fünf Monaten Aufklärung im Bundestag der Regierung und ihren Behörden "Systemversagen" vor. Eine besondere Schuld sehen FDP, Grüne und Linke beim Bundesfinanzministerium, das von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz geführt wird. "Es gab ein kollektives Führungsversagen", sagte Fabio De Masi von den Linken bei einer Pressekonferenz in Berlin. "Die bisherige Aktenlage spricht dafür, dass man der Spitze des Finanzministeriums, dass man dem Minister eben auch den Vorwurf machen muss, nicht alles getan zu haben, was möglich und nötig war, um diesen Skandal und diesen Betrug rechtzeitig aufzudecken", sagte FDP-Finanzsprecher Florian Toncar.

Bis Ende April werden in dem Sondergremium unter anderem noch die Wirtschaftsprüfer von EY befragt, die in dem Skandal um Bilanzbetrug jahrelang die Bücher von Wirecard testiert haben. Auch Scholz und Kanzlerin Angela Merkel sollen Rede und Antwort stehen.

Toncar betonte, es werde vor allem um die Reputation und das Amt von Finanz-Staatssekretär Jörg Kukies gehen. Er habe den Kontakt zu Ex-Wirecard-Chef Markus Braun gepflegt, der mittlerweile in Untersuchungshaft sitzt. Außerdem habe sich die Finanzaufsicht Bafin, die dem Finanzministerium unterstellt ist, mit dem sogenannten Leerverkaufsverbot auf die Seite des Unternehmens gestellt, "an die Seite von Kriminellen", wie Grünen-Experte Danyal Bayaz sagte. Damit wurden Anfang 2019, also weit vor der Pleite des Zahlungsabwicklers, Wetten auf Wirecard-Kursverluste untersagt - ein gravierender und beispielloser Schritt. Toncar zufolge war Kukies hier involviert und vorab informiert gewesen.

"Zu früh, die Akte zu schließen"

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Der einstige Dax-Konzern war im Juni 2020 nach der Aufdeckung eines 1,9 Milliarden Euro großen Lochs in der Bilanz in die Pleite gerutscht. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft mehreren Ex-Managern unter anderem gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation vor. Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD will die Zeugenvernehmung im U-Ausschuss im April abschließen. Die Opposition pocht auf weitere Sitzungen. Damit würde das Thema stärker in den Wahlkampf gezogen. "Es ist zu früh, die Akte zu schließen", sagte Toncar. Ein vorläufiger Abschlussbericht werde wohl noch im April begonnen.

Im Juni solle sich der Bundestag dann im Plenum abschließend mit dem Fall beschäftigen. Um einen ähnlichen Fall künftig zu verhindern, braucht es den Oppositionspolitikern zufolge eine andere Kultur bei der Finanzaufsicht. "Die Bafin ist in der tiefsten Krise ihrer Geschichte", so Toncar. Hier könne sie nur mit Erfolgen rauskommen. Fehler nicht einzuräumen und Verantwortung nicht zu übernehmen, sei aber falsch. "Das ist ganz sicher der Weg in den nächsten Fall Wirecard." Der Skandal sei keine Naturkatastrophe gewesen. Es habe triftige Hinweise auf Ungereimtheiten gegeben in Medien, bei der Bafin, der Staatsanwaltschaft und im Finanzministerium, die aber alle versandet seien. "Wir haben in Deutschland eine Kultur der Nicht-Verantwortung."

Quelle: ntv.de, kst/rts/DJ

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