Neuer Schutzzoll im Handelsstreit Peking schränkt Chemie-Import ein
27.06.2013, 09:28 Uhr
Wirtschaftsstreit mit harten Bandagen: Lanxess bekommt einen Zoll-Nachlass.
(Foto: picture alliance / dpa)
Es ist eine harsche Maßnahme von großer Symbolik: China verlangt von europäischen Unternehmen bei der Einfuhr einer Spezialchemikalie künftig hohe Aufschläge. Die neue Zollschranke gilt allerdings nicht für alle Handelspartner. Der deutsche Chemieriese Lanxess bekommt eine Ausnahme.
Peking zieht noch vor dem Wochenende neue Zollschranken hoch: Bereits ab Freitag will China Schutzzölle in Höhe von bis zu 37 Prozent auf eine bestimmte Spezialchemikalie aus der Europäischen Union erheben.
Künftig werde der chemische Stoff "Toluidin" bei der Einfuhr in China mit einem Zoll von 36,9 Prozent belegt, kündigte das Pekinger Handelsministerium kurzfristig am Tag vor dem Inkrafttreten der Maßnahme an. Eine Sonderregelung gibt es lediglich für den deutschen Chemiekonzern Lanxess: Hier werde bei der Einfuhr des vielseitigen Vorprodukts lediglich eine Abgabe in Höhe von 19,6 Prozent fällig, hieß es aus Peking. Die neue Regelung soll bereits an diesem Freitag in Kraft treten und zunächst für fünf Jahre gelten.
Alle übrigen Exporteure zahlen dagegen den vollen Satz in Höhe von 36,9 Prozent. Die neuen Einfuhrbestimmungen treffen eine ganze Reihe europäischer Firmen. Die Ausnahme für die Deutschen dürfte branchenintern für Unmut sorgen. Welchen Zweck die Wirtschaftslenker in Peking mit den unterschiedlich hohen Zollschranken für Toluidine-Exporte nach China verfolgen, blieb zunächst offen. Möglicherweise geht es bei den Überlegungen darum, die Toluidine-Versorgung für die chinesische Industrie über die Lanxess-Lieferungen sicherzustellen.
Peking hatte vor einem Jahr offiziell Untersuchungen eingeleitete, ob die Toluidin-Importe aus der EU zu Dumpingpreisen ins Land kommen. Dies sei der Fall, erklärte nun das Handelsministerium. Die chinesische Toluidin-Industrie habe "materielle Schäden" erlitten.
Solar, Wein, Chemikalien?
Die Chemikalie Toluidine (chemische Formel: C7 H8 Cl N) kommt unter anderem bei der Herstellung von Pestiziden, Farbpigmenten, Druckerschwärze oder medizinischen Produkten zum Einsatz.
Beobachter gehen davon aus, dass die neuen Sonderzölle den Handelsstreit zwischen China und der EU neu anfachen dürften. China und die EU streiten derzeit über ein Vielzahl von Handelsthemen. Die EU hatte Anfang Juni vorläufige Schutzzölle auf die Einfuhr chinesischer Solarmodule verhängt und damit erhebliche Verstimmung in der chinesischen Staatsführung ausgelöst.
Peking reagierte mit einer Prüfung von Schutzzöllen auf Wein aus Europa. Schutzzölle auf Luxus-Autos könnten folgen. Auch zu anderen Waren gibt es Verfahren auf beiden Seiten. Politiker und Industrievertreter warnen bereits vor einem Handelskrieg mit China.
Um welche Summen es geht, zeigt ein Blick in die Statistik: Der Handel zwischen China und der EU schrumpfte im vergangenen Jahr um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Chinesischen Angaben zufolge stiegen die Importe aus der EU um 0,4 Prozent auf 212 Mrd. Dollar (162 Mrd. Euro), die Exporte nach Europa gingen demnach um 6,2 Prozent auf 334 Mrd. Dollar zurück.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/DJ/rts