Mögliches Liefer-Aus vor Embargo Dreht Putin uns jetzt auch den Ölhahn zu?
22.09.2022, 11:55 Uhr
Die Druschba-Pipeline, zu deutsch "Freundschaft", ist eine der größten der Welt. Betrieben wird sie von dem russischen Unternehmen Transneft.
Russlands Präsident Putin könnte die Öllieferungen nach Deutschland noch vor dem geplanten Embargo stoppen, sagen Experten. Über die Zukunft der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen diskutieren DIW-Präsident Marcel Fratzscher und Osteuropa-Experte Stefan Meister im ntv-Podcast "Wirtschaft Welt & Weit".
Druschba ist russisch und heißt soviel wie Freundschaft. Der Name der Druschba-Pipeline, die russische Ölfelder im Westen Sibiriens mit der mehr als 5000 Kilometer entfernten Raffinerie im brandenburgischen Schwedt verbindet, wirkt wie aus einer anderen Zeit. Seit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine ist freundschaftlicher Handel vorbei. Stattdessen steigt die Sorge, dass schneller als erwartet kein russisches Öl mehr nach Deutschland fließen wird.
Für den Russland-Experten Stefan Meister sind diese Befürchtungen mehr als berechtigt. Man müsse dringend Alternativen suchen, warnt er im ntv-Podcast "Wirtschaft Welt & Weit". Denn es sei durchaus möglich, dass der russische Präsident Wladimir Putin Deutschland nach dem Gas- auch den Ölhahn zudreht. Zwar ist schon jetzt klar, dass das Öl-Embargo der EU demnächst greift und Deutschland ab dem 1. Januar 2023 auf russisches Öl verzichten muss. Doch bis zum Stichtag sind es noch über drei Monate. Genug Zeit für Putin, um das Öl frühzeitig abzudrehen und damit die Energiekrise zu verschärfen.
"Russlands Wirtschaftsmodell ist tot"
Russland war lange Zeit einer der größten Energie-Exporteure der Welt. Während von dort aus in den vergangenen Jahren viel Öl, Gas und Kohle nach Europa strömten, flossen andersherum täglich Millionen Euros nach Russland zurück. Deutschland baute auf die vermeintliche Freundschaft mit Putin und muss jetzt den Preis für diese Abhängigkeit zahlen. Nicht nur bei der Gaspipeline Nord Stream 2, die zum Milliardengrab wurde, sondern auch beim Öl. Die massiv gestiegenen Preise, so Meister, spülten in der Übergangsfrist noch einmal viel Geld in die russischen Kassen.
Ob Deutschland den Angriffskrieg gegen die Ukraine durch diese Ausgaben indirekt mitfinanziert, darüber diskutiert Meister in der neuen Folge des Podcasts "Wirtschaft Welt & Weit" mit Ökonom Marcel Fratzscher. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) verweist darauf, dass Deutschland die Importe bereits innerhalb dieser Frist zurückfahre. Man müsse auch sicherstellen, dass man die Sanktionen durchhalten könne. Unterm Strich sieht Fratzscher die russische Wirtschaft schon jetzt in der Rezession.
Als Rohstoff-Exporteur ist Russland extrem abhängig von Importen. Maschinen- und Ersatzteillieferungen aus Deutschland bleiben nun sanktionsbedingt aus und schwächen die russischen Unternehmen immer mehr. Für Fratzscher ist jetzt schon klar: "Russlands Wirtschaftsmodell ist tot". Das Land werde einen massiven und langanhaltenden wirtschaftlichen Niedergang erfahren, wenn es nicht den Kurs wechsle.
Was muss Deutschland tun, um in der Wirtschaftswelt von morgen noch eine wichtige Rolle zu spielen? Von wem sind wir abhängig? Welche Länder profitieren von der neuen Weltlage? Das diskutiert Mary Abdelaziz-Ditzow im ntv-Podcast "Wirtschaft Welt & Weit" mit relevanten Expertinnen und Experten.
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Quelle: ntv.de