Flüssiggas ist zu teuer RWE-Chef: Industrie wird sich nicht vollständig erholen
10.04.2024, 11:46 Uhr Artikel anhören
"Wir werden eine leichte Erholung sehen, aber ich denke, wir werden einen erheblichen Nachfrageschwund in den energieintensiven Industrien erleben", sagte Krebber.
(Foto: IMAGO/Panama Pictures)
Die Abkehr von russischem Erdgas hat in Deutschland zu deutlich höheren Energiekosten geführt. RWE-Chef Markus Krebber ist pessimistisch, dass sich der Industriestandort auf Vorkriegsniveau erholen kann.
Der Ukraine-Krieg hat Deutschland gezwungen, auf Erdgaslieferungen aus Russland zu verzichten. Diese Entscheidung hatte unmittelbare Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft. Laut RWE-Chef Markus Krebber ist eine Erholung der Industrie auf Vorkriegsniveau unwahrscheinlich. Schuld daran sind seiner Ansicht nach die hohen Preise für importiertes Flüssiggas (LNG).
"Die Gaspreise in Kontinentaleuropa, insbesondere in Deutschland, sind jetzt strukturell höher, weil wir letztlich von LNG-Importen abhängig sind", sagte der Chef des Energiekonzernes der "Financial Times". Die deutsche Industrie habe einen Nachteil. "Wir werden eine leichte Erholung sehen, aber ich denke, wir werden einen erheblichen Nachfrageschwund in den energieintensiven Industrien erleben", sagte Krebber.
Die europäischen Gaspreise sind zwar um 90 Prozent gegenüber den Rekordwerten von 2022 eingebrochen. Sie liegen jedoch über den Durchschnittswerten vor der Krise und damit fast zwei Drittel höher als zum gleichen Zeitpunkt im Jahr 2019, so die Rohstoffpreisagentur Argus.
Für den RWE-Chef war die Entscheidung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2011, die Atomkraftwerke abzuschalten, ohne den Brennstoff durch eine andere Energiequelle als die russischen Pipeline-Importe zu ersetzen, ein Fehler. "Wenn man genau weiß, was man abschalten will, muss man sofort darüber nachdenken, wie man die neue Technologie in den Boden bekommt", betonte der Manager. Unternehmen und Investoren hätten sich inzwischen nach anderen Ländern umgesehen, die attraktive Subventionen und günstigere Erntepreise bieten.
Laut einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer planen 43 Prozent der großen Industrieunternehmen, ihre Betriebe ins Ausland zu verlagern - besonders beliebt sind die USA. RWE ist dort inzwischen einer der größten Investoren in saubere Energien. Im Gespräch mit der "Financial Times" zeigt sich Krebber zuversichtlich in Bezug auf die Zukunft des "Inflation Reduction Act" (IRA) genannten riesigen US-Subventionsprogramms - selbst wenn in Zukunft der US-amerikanische Präsident Donald Trump heißen sollte. Er weist darauf hin, dass viele republikanische Bundesstaaten von Investitionen im Zusammenhang mit den Anreizen der IRA profitiert haben und die Nachfrage nach erneuerbaren Energien stark bleiben wird.
"Wenn sie es danach ABC nennen, ist mir das egal. Die Frage ist, ob es ein langfristiges Investitionsumfeld geben wird, das günstig ist. Und wenn nicht, hören wir auf zu investieren, aber die Investitionen sind notwendig", so Krebber.
Quelle: ntv.de, jki/dpa