"Weitreichendes Paket" Royal Mail an tschechischen Milliardär verkauft
29.05.2024, 14:08 Uhr Artikel anhören
Zur britischen Royal Mail gehört auch der DHL-Konkurrent GLS.
(Foto: picture alliance / Sipa USA)
Nach erheblichen Zugeständnissen und einer deutlichen Anhebung der Offerte hat die Muttergesellschaft der britischen Post dem Verkauf der Tochter zugestimmt. Briefe werden weiter an sechs Tagen zugestellt, Jobs und Pensionen bleiben erhalten. Das letzte Wort hat die Regierung - und damit wohl die Labour-Partei.
Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky baut sein Firmen-Imperieum weiter aus. Die Muttergesellschaft der britischen Royal Mail hat einem nachgebesserten Übernahmeangebot zugestimmt. Damit geht die International Distributions Services (IDS) für knapp 3,6 Milliarden Pfund (4,2 Milliarden Euro) an den tschechischen Investor, wie das Unternehmen mitteilte. "Der Vorstand von IDS hat ein weitreichendes Paket ausgehandelt", sagte Keith Williams, der Vorsitzende des Gremiums. Dazu zähle unter anderem, dass die Royal Mail weiter an sechs Tagen pro Woche die Post zustelle. Leistungen und Pensionen an Mitarbeiter sollen ebenso beibehalten werden, wie die Firmenzentrale in London und der britische Steuersitz.
Die Investmentgesellschaft EP Group von Kretinsky werde als Käuferin die Gewerkschaften der Royal Mail nach der Übernahme für mindestens fünf Jahre anerkennen und sich dazu verpflichten, das Lohnniveau zu halten. Zwangsentlassungen soll es nicht geben. "Der Umfang der Verpflichtungen zeigt, wie ernst wir diese Verantwortung nehmen", erklärte Kretinsky.
Die Gewerkschaft CWU will sich in der nächsten Woche mit Vertretern der EP Group treffen, um über die künftige Zusammenarbeit zu sprechen. "Wir werden auch direkt mit der Labour-Partei und anderen Interessengruppen in Kontakt treten, um ein neues Eigentümermodell für Royal Mail zu fordern", erklärte die CWU mit Blick auf die britische Oppositionspartei, der für die kommenden Wahlen am 4. Juli hohe Siegchancen zugesprochen werden. Die britische Regierung hat noch ein Veto-Recht.
Die Investmentgesellschaft EP Group von Kretinsky hatte ihr Gebot zuvor auf 370 Pence pro Aktie erhöht, nachdem die IDS eine frühere Offerte von 320 Pence abgeschmettert hatte. Der jetzige Preis unterstelle einen Unternehmenswert von 5,28 Milliarden Pfund, hieß es in der Mitteilung. Dem Deal müssen noch behörden zustimmen. Die Übernahme soll zudem im September von der Aktionärsversammlung abgesegnet werden.
Kretinsky herrscht über ostdeutsche Braunkohle
Kretinsky war bereits über das gemeinsam mit seinem Investment-Partner Patrik Tkac gehaltene Vehikel Vesa Equity Investment mit einem Anteil von 27 Prozent an IDS beteiligt. Zur IDS gehören neben der mit den Folgen sinkender Briefmengen kämpfenden Royal Mail der Paket-Dienst und DHL-Konkurrent GLS.
Mit der Übernahme baut Kretinsky sein Firmenimperium weiter aus. Erst in der vergangenen Woche hatte er von Thyssenkrupp eine Zusage für den Kauf von 20 Prozent der Stahltochter Thyssenkrupp Steel Europe erhalten, um ein Joint-Venture mit seiner Energieholding zu schmieden. Unter anderem gehören ihm in Ostdeutschland ganz oder in Teilen die Braunkohlekonzerne Mibrag und Leag, die künftig verstärkt klimaneutral erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen wollen. Auch der größte Stromproduzent der Slowakei, Slovenske elektrarny, gehört zu seinem Firmenkonglomerat. Kretinsky ist zudem unter anderem auch Großaktionär beim Lebensmittelgroßhändler Metro und gibt den Ton bei der französischen Einzelhandels-Kette Casino an.
Kretinsky wurde 1975 in Brünn geboren. Das Vermögen des studierten Juristen und Investors schätzte "Forbes" auf 9,7 Milliarden Dollar. Er hält auch 27 Prozent der Anteile an dem englischen Premier-League-Fußball-Klub West Ham United. Zudem ist er Eigentümer des tschechischen Spitzenklubs Sparta Prag.
Die Royal Mail wurde 2013 privatisiert. Weil immer mehr Menschen online kommunizieren, hatte das Kerngeschäft mit Briefen seitdem deutlich zu kämpfen. Das Paketgeschäft profitierte indes von dieser Entwicklung.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/DJ/AFP