Wirtschaft

Geiz ist nicht mehr geil Ryanair bekommt die Kurve nicht

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"Wir sind bereit, Streiks auszuhalten", sagt Ryanair-Chef O'Leary.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ryanair erinnert an Ikarus - ziemlich hoch fliegen und etwas übermütig werden. Die Realität holt den Billigflieger nun ein. Und Konzernchef O'Leary muss sich hinterfragen.

Ryanair-Chef Michael O'Leary ging es nie ums Geld. Das sagte er zumindest vor einigen Jahren in einem Interview. Insofern sollte ihn der Kursverfall der Aktie seines Unternehmens nicht stören. Die Entwicklung an der Börse spricht jedoch Bände: Die Investoren merken, dass Ryanair das Rad überdreht hat.

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Denn die Zeiten ändern sich. Beim Elektronikriesen Saturn etwa ist das Werbemotto "Geiz ist geil" schon ein Jahrzehnt lang Geschichte. Die Ryanair positioniert sich allerdings weiterhin als Billigflieger und legt sich mit Gewerkschaften, Piloten, Kabinenpersonal und der Politik an. O'Leary stemmt sich energisch gegen das, was seiner Meinung nach das Geschäftsmodell bedroht.

Trotzdem waren nicht alle Investoren überrascht, als der Ryanair-Chef jüngst eine Gewinnwarnung abgegeben hat. Sie deutet darauf hin, dass die Probleme nicht nur vom schwierigen Umfeld wie etwa steigenden Kerosinpreisen herrühren, sondern auch hausgemacht sind. Die guten Zeiten bei dem Konzern könnten erst einmal vorbei sein.

Für das aktuelle Geschäftsjahr, das im März endet, stellt O'Leary einen Gewinn von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro in Aussicht. Das wäre ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 1,45 Milliarden Euro. Die Reduktion der Prognose führte der Firmenchef neben den steigenden Kerosinkosten auch auf die Streiks seiner Beschäftigten zurück. Zwar hat sich der Konzern in einigen Ländern, beispielsweise Irland und Italien, mit den Gewerkschaften von Piloten und Flugbegleitern auf neue Tarifverträge und bessere Arbeitsbedingungen geeignet.

In vielen Ländern, auch in Deutschland, gehen die Streiks aber weiter. Deshalb halten sich Kunden mit dem Kauf von Tickets zurück, was das Geschäft im laufenden Quartal beeinträchtigt. So lag der Anstieg der Passagierzahlen im vergangenen Monat bei lediglich sechs Prozent, das war das niedrigste Plus für einen September seit 2014.

Extrem profitabel

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Michael O'Leary

(Foto: AP)

"Wir wollen keine Streiks, aber wir sind bereit Streiks auszuhalten, wenn wir so unsere Kosten verteidigen können", sagt O'Leary. Er befürchtet, dass deutliche Lohnsteigerungen das Geschäftsmodell des profitabelsten Preisbrechers Europas in Frage stellen würden. "Bloß weil [die Gewerkschaften] mit Streiks drohen, werden wir (...) nicht bei etwas klein beigeben, dass das Geschäftsmodell gefährdet, das davon abhängt, dass wir die niedrigsten Preise (...) anbieten", so der Ryanair-Chef.

Wenn er sich da mal nicht täuscht. Denn der Arbeitsmarkt hat sich verändert, es gibt Alternativen zu Ryanair. Viele Flugbegleiter haben mittlerweile andere Airlines als Ausweichmöglichkeiten, und Piloten werden beispielsweise von arabischen Fluggesellschaften umworben.

Sein Geschäftsmodell hat dem Billigflieger in den vergangenen Jahren einen enormen Erfolg - durchaus auch auf Kosten der Mitarbeiter - beschert. So hatte der Konzern im vergangenen Geschäftsjahr eine operative Marge von 23,3 Prozent erwirtschaftet - das ist rund das Dreifache des Branchendurchschnitts. Die Marge ist eine wichtige Kennzahl, um die Profitabilität eines Unternehmens zu beurteilen. Sie zeigt an, wie viel Geld vom Umsatz im Unternehmen bleibt - vor Steuern und Zinszahlungen.

Druck von der EU

Derweil hat EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen Ryanair aufgefordert, nationales Arbeitsrecht anzuwenden und in der EU gültige Sozialstandards zu beachten. "Ausschlaggebend für das anwendbare Recht ist nicht die Flagge des Flugzeugs", sagt sie. "Entscheidend ist vielmehr der Ort, von dem aus ein Arbeitnehmer morgens abfährt und am Abend heimkehrt."

O'Leary hat damit die Wahl: Er kann entweder die steigenden Lohnkosten über höhere Ticketpreise zumindest teilweise an die Passagiere weitergeben, was die Nachfrage dämpft. Oder das Unternehmen trägt den gesamten Kostenanstieg selbst - was äußerst unwahrscheinlich ist, weil dieser Schritt die Gewinnmarge senkt. Egal, wofür sich der Konzernchef entscheidet: Dem Aktienkurs hilft beides nicht.

Vor diesem Hintergrund gehen Analysten davon aus, dass O'Leary trotz gegenteiliger Beteuerungen schlussendlich dem Drängen der Gewerkschaften nachgeben dürfte. Laut den Schätzungen der Finanzprofis wird der operative Gewinn von Ryanair im laufenden Fiskaljahr auf rund 1,4 Milliarden Euro sinken, die operative Marge würde damit auf 17,6 Prozent förmlich einbrechen.

Für 2019/2020 sagen die Analysten einen weiteren Rückgang voraus. Der Aktienkurs hat das schon vorweggenommen, er ist seit Sommer vergangenen Jahres um 40 Prozent abgestürzt. Damit hat Ryanair an der Börse gut sieben Milliarden Euro an Wert verloren.

O`Leary sagte in dem Interview, dass ihn statt Geld das Gewinnen antreibe und er die großen Player aus Deutschland, Frankreich oder Spanien schlagen wolle. Das könnte schwierig werden.

Quelle: ntv.de

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