Unerwartete Worte Schäuble lobt die EZB
07.03.2017, 15:41 Uhr
Wolfgang Schäuble.
(Foto: REUTERS)
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist nicht unbedingt als Anhänger der lockeren Geldpolitik der EZB bekannt - im Gegenteil. Insofern ist es durchaus bemerkenswert, dass der CDU-Politiker der Notenbank nun ausdrücklich applaudiert.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat der EZB bescheinigt, dass sie ihre geldpolitische Verantwortung "gut" wahrnehme. Eine gemeinsame Geldpolitik für die gesamte Eurozone sei keine leichte Aufgabe, sagte der Minister vor ausländischen Journalisten in Berlin. Das ist überraschend: Der CDU-Politiker hatte die EZB immer wieder dazu aufgefordert, die Politik des billigen Geldes zu ändern. Im vergangenen Jahr hatte Schäuble EZB-Chef Mario Draghi mitverantwortlich für den Aufstieg der AfD gemacht.
Anlass für die nun freundlichen Worte: Im Februar war die Inflationsrate in der Eurozone auf zwei Prozent gestiegen und lag damit erstmals seit gut vier Jahren etwas über dem Niveau, bei dem die EZB stabile Preise sieht. Das sei ein Zeichen, dass sich die Wirtschaft der Eurozone erhole, so Schäuble.
Am kommenden Donnerstag wird der EZB-Rat über die weitere Geldpolitik entscheiden. Bislang hat sie nicht signalisiert, die Zügel zu straffen. Daran werden auch die Worte Schäubles nichts ändern. Dass die EZB in Kürze den Leitzins anhebt, gilt als ausgeschlossen. Zwar liegt die Inflation in der Eurozone mit zwei Prozent inzwischen knapp über dem EZB-Zielwert. Rechnet man die stark schwankenden Preise für Energie und Nahrungsmittel heraus, stagniert die Teuerung dagegen bei 0,9 Prozent.
Seit rund zwei Jahren pumpt die EZB über den Kauf von Staatsanleihen Milliarden in das Finanzsystem. Zudem liegen die Leitzinsen seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Banken müssen sogar eine Strafgebühr bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. All dies soll dazu führen, dass sich die Wirtschaft in der Eurozone erholt und Banken mehr Kredite vergeben.
"Brauchen keine Krisenpolitik mehr"
Politiker und Ökonomen streiten derweil darüber, wie die Europäische Zentralbank nun reagieren sollte: "Die EZB-Mission ist noch nicht erfüllt", sagte BayernLB-Ökonomin Christiane von Berg. Das sieht Bayerns Finanzminister Markus Söder ganz anders: "Die Nullzinspolitik bei steigender Inflation ist verheerend für den deutschen Sparer. Die EZB muss schnellstmöglich beginnen, die Zinsen wieder Schritt für Schritt anzuheben", forderte der CSU-Politiker.
Auch für den Wirtschaftsweisen Volker Wieland ist die Zeit zum Handeln gekommen: "Die EZB sollte darauf reagieren, indem sie Anleihekäufe verlangsamt und früher beendet." Seit 2014 habe sie die Geldpolitik massiv gelockert und dies unter anderem mit einer Inflation nahe null Prozent begründet. "Nun steigt die Verbraucherpreisinflation, und sie sollte das Ankaufprogramm zurückfahren." Auch Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise ist für ein Umsteuern: "Wir brauchen keine Krisenpolitik mehr", sagte er dem "Münchner Merkur".
Der Chef des Berliner Forschungsinstituts DIW, Marcel Fratzscher, ist auch deshalb der Meinung, die EZB solle Kurs halten: "Forderungen aus Deutschland an die EZB, ihre Geldpolitik zu ändern, sind verfehlt und verfrüht". Die Wirtschaft im Euroraum sei noch immer in einer schwierigen Lage.
Quelle: ntv.de, jga/rts