Wirtschaft

Neue Art von Verteilungskämpfen Schröder nennt Betrieb von Nord Stream 2 "einfachste Lösung"

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Vom Kreml gebe es keine Anweisung, den Gaszufluss zu drosseln. Das habe ihm Staatschef Putin versichert, sagt Altkanzler Schröder im Interview mit dem "Stern" und RTL/ntv. Schuld an der derzeitigen Lage habe unter anderem Siemens. Berlin könne die Situation zudem schnell entspannen - mit Nord Stream 2.

Altkanzler Gerhard Schröder empfiehlt der Bundesregierung die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2, um so den Gas-Engpass in Deutschland zu lindern. "Die einfachste Lösung wäre, die Pipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen. Sie ist fertig. Wenn es wirklich eng wird, gibt es diese Pipeline, und mit beiden Nord-Stream-Pipelines gäbe es kein Versorgungsproblem für die deutsche Industrie und die deutschen Haushalte", sagte er dem "Stern" und RTL/ntv. Schröder ist Verwaltungsratschef von Nord Stream 2.

Wolle man Nord Stream 2 nicht benutzen, müsse man die Folgen tragen. "Und die werden auch in Deutschland riesig sein. Jeder, der mit Gas heizt, bekommt das jetzt schon zu spüren." Für die, die "mit jedem Cent rechnen müssen, wird das richtig hart", sagte er weiter.

Die Einschätzung von Außenministerin Annalena Baerbock, es könnten Volksaufstände in Deutschland drohen, wenn das Gas knapp und richtig teuer werde, nannte er "Quatsch". Doch es dürfte zu einer "neuen Dimension von Verteilungskämpfen" kommen. "Da möchte ich nicht in der Haut der Verantwortlichen stecken."

Der "Stern" erscheint am Donnerstag.

Der "Stern" erscheint am Donnerstag.

Mit Blick auf die Anregung der EU-Kommission, andere europäische Staaten sollten ihren Gasverbrauch deutlich reduzieren, um Deutschland zu helfen, sagte er: "Da sagen die uns doch genau das, was wir den Südländern in der Eurokrise gesagt haben: Ihr habt über eure Verhältnisse gelebt". In diesem Zusammenhang verwies er darauf, dass Deutschland zu seiner Amtszeit "nur zu 35 Prozent abhängig von russischem Gas" war. "Am Ende der Ära von Frau Merkel war unsere Abhängigkeit deutlich höher."

"Der Grund liegt bei Siemens"

Unverständnis zeigte Schröder angesichts der Tatsache, dass die gerade viel debattierte Turbine, die es zur Gasversorgung nach russischen Angaben braucht, "aus der Wartung in Kanada nach Mülheim an der Ruhr gebracht" wurde. "Warum sie dort ist und nicht in Russland, verstehe ich nicht." Mit dieser Turbine wäre die Liefermenge doppelt so hoch, sagte er weiter. "Das liegt in der Verantwortung von Siemens, wenn ich das richtig sehe."

Zu Aussagen aus der Politik, Kreml-Chef Wladimir Putin gehe es um die Drosselung von Gaslieferungen an Deutschland, sagte er: "Ich habe genau das natürlich auch gefragt bei meinem Besuch in Moskau. Aber die klare Antwort lautete: Es gibt keine politische Ansage des Kreml, den Gasfluss zu drosseln. Es handelt sich hier vorwiegend um ein technisches und bürokratisches Problem, übrigens eins auf beiden Seiten. Und eine Seite schiebt der anderen den Schwarzen Peter zu."

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Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler. Anschließend arbeitete er für verschiedene russische Staatskonzerne aus dem Energiebereich.

Das ganze gemeinsame Interview finden Sie bei Stern+ und im aktuellen "Stern".

Quelle: ntv.de, jwu

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