Wirtschaft

Brasiliens Schmiergeldmaschine Skandalkonzern Odebrecht ist pleite

Aufstrebendes Schwellenland mit Korruption bis an die Staatsspitze: Der Odebrecht-Skandal wirft dunkle Schatten auf Brasilien.

Aufstrebendes Schwellenland mit Korruption bis an die Staatsspitze: Der Odebrecht-Skandal wirft dunkle Schatten auf Brasilien.

(Foto: picture alliance / Georg Ismar/d)

Der größte Korruptionsskandal Lateinamerikas wirft das einstige Vorzeigeunternehmen Brasiliens aus der Bahn. Der von deutschen Auswanderern gegründete Konzern Odebrecht erklärt sich vorerst für zahlungsunfähig.

Der im Zentrum des spektakulärsten Korruptionsskandals Lateinamerikas stehende Mischkonzern Odebrecht hat einen Insolvenzantrag gestellt. Das brasilianische Unternehmen wolle Schulden in Höhe von 51 Milliarden Reais (11,7 Milliarden Euro) "restrukturieren", wie Odebrecht mitteilte.

Der in São Paulo eingereichte Antrag gelte für den Mutterkonzern Odebrecht S.A. und eine Reihe von Tochtergesellschaften. Andere Firmenteile wie beispielsweise die Petrochemie-Sparte Braskem S.A. seien zunächst nicht betroffen, hieß es.

Zunächst werde die Firma ihre wirtschaftlichen Aktivitäten fortführen und versuchen, finanzielle Stabilität herzustellen, betonte ein Odebrecht-Sprecher. "Angesichts der bevorstehenden Fälligkeit mehrerer Kredite, des Auftretens unvorhersehbarer Ereignisse und der jüngsten Angriffe auf das Vermögen des Unternehmens hat die Geschäftsführung entschieden, dass der Insolvenzantrag die beste Möglichkeit ist, um die Firma zu stabilisieren und fortzuführen."

Millionen für Politiker

Insgesamt soll der von deutschen Auswanderern gegründete Baukonzern nach Schätzungen der US-Justiz umgerechnet rund 785 Millionen Dollar an Schmiergeld gezahlt haben, um an lukrative Staatsaufträge zu kommen. In zahlreichen Ländern der Region wird gegen Hunderte Politiker, Unternehmer und Beamte ermittelt. Im Juli vergangenen Jahres einigte sich Konzern mit der Justiz im Rahmen eines Vergleichs auf eine Strafzahlung in Höhe von 2,7 Milliarden brasilianischen Real (rund 600 Millionen Euro).

Die Summe klingt zwar schmerzhaft, dürfte das Unternehmen aber nicht in Schwierigkeiten gebracht haben. Zur Abzahlung der Strafsumme wurde Odebrecht ein Zeitrahmen von 22 Jahren eingeräumt, wie Staatsanwältin Grace Mendonca vor knapp einem Jahr erklärte. Vor dem Hintergrund einer offenbar systematisch betriebenen Beamtenbestechung muss der Baukonzern allerdings weitere Strafzahlungen in Höhe von umgerechnet rund 2,2 Milliarden Euro an die USA, die Schweiz und Brasilien leisten. Dazu kommt die neue Skepsis der Kreditgeber und offenbar auch die in der Mitteilung erwähnten "Angriffe auf das Vermögen". Was genau sich dahinter verbirgt, blieb zunächst unklar.

Grenzüberschreitendes Schmiergeldsystem

Der Odebrecht-Konzern galt einst als Vorzeigeunternehmen des aufstrebenden Schwellenlands Brasilien. Odebrecht war an Großbauprojekten wie dem Simón-Bolívar-Flughafen in Caracas, der Grand-Parkway-Autobahn in Texas und der Renovierung des Maracanã-Fußballstadions in Rio de Janeiro maßgeblich beteiligt. Als schließlich ans Licht kam, dass Odebrecht im Zentrum eines ausgeklügelten Systems zur Zahlung von Schmiergeldern an Politiker, Parteien, Staatsbeamte und Manager stand, bekamen der Ruf und die Strahlkraft des Unternehmens tiefe Risse.

Der Odebrecht-Skandal schlug hohe Wellen: Zahlreiche Spitzenpolitiker mussten während der Aufarbeitung des Skandals ihre Ämter räumen. Dutzende bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter Brasiliens Präsident Michel Temer und Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der bereits eine langjährige Haftstrafe wegen Korruption verbüßt, gerieten in den Strudel des Skandals.

Den peruanischen Staatschef Pedro Pablo Kuczynski zwang die Affäre im März zum Rücktritt. Der frühere Präsident von Peru, Alan García, erschoss sich bei seiner Verhaftung im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen. In Ecuador wurde der ehemalige Vize-Präsident Jorge Glas wegen Bestechlichkeit zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Die Ermittlungen gegen den Konzern begannen 2014. Firmenchef Marcelo Odebrecht wurde im Juni 2015 verhaftet. Der daraus resultierende weitverzweigte Korruptionsskandal erschütterte mehrere Staaten Lateinamerikas. Die Aufarbeitung beschäftigt die regionale Politik wohl noch auf Jahre.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen