Keine Hoffnung auf Erstattung Tausende Air-Berlin-Kunden gehen leer aus
24.01.2018, 19:50 Uhr
Von dem Bundeskredit über 150 Millionen Euro kann die insolvente Air Berlin voraussichtlich nur etwas mehr als 75 Millionen zurückzahlen.
(Foto: picture alliance / Daniel Karman)
Wer vor dem Stichtag der Insolvenzanmeldung Flugtickets bei Air Berlin gebucht hat, wird sein Geld wahrscheinlich nicht wieder sehen. Das dürfte auf rund 100.000 Tickets zutreffen. Andere Gläubiger haben Vorrang. Doch auch denen drohen herbe Verluste.
Zahlreiche Passagiere mit verfallenen Flugtickets der insolventen Air Berlin können nicht mehr mit einer Erstattung rechnen. Das wurde bei einer Gläubigerversammlung in Berlin deutlich. Ein Sprecher von Insolvenzverwalter Lucas Flöther sagte, das Unternehmen sei nicht einmal in der Lage, einen Kredit komplett zurückzuzahlen, mit dem der Bund die Airline nach dem Insolvenzantrag in der Luft gehalten hatte. Von den 150 Millionen Euro würden voraussichtlich mindestens 75 Millionen Euro zurückgezahlt, sagte der Sprecher. "Das ist eine vorsichtige Prognose."
Die ehemalige Lufthansa-Rivale hatte am 15. August Insolvenz angemeldet. Wer vor diesem Tag gebucht hat, geht voraussichtlich leer aus, weil die Forderung aus der Insolvenzmasse bedient wird. Betroffen sind nach früheren Angaben der Airline rund 100.000 Tickets. Forderungen können noch bis 1. Februar angemeldet werden, Flöther rechnet mit einer Gesamthöhe von mehr als einer Milliarde Euro.
Auf der Gläubigerversammlung war nach Teilnehmerangaben von einem aktuellen Stand von 760 Millionen Euro die Rede - zuzüglich des Bundeskredits von 150 Millionen Euro, der als Massedarlehen vorrangig bedient werden muss. Bislang wurden davon rund 61 Millionen Euro zurückgezahlt. Nach Angaben des zuständigen Berliner Amtsgerichts Charlottenburg kann es bis zu zehn Jahre dauern, bis alle Ansprüche abgearbeitet sind.
Staat droht Verlust von 200 Millionen Euro
In der Kreide steht Air Berlin bei Lieferanten, Dienstleistern, Vermietern, Leasing-Partnern und auch bei der Arbeitsagentur, die nach dem Insolvenzantrag ein Vierteljahr lang Löhne und Gehälter der Beschäftigten gesichert hatte. Sie fordert 46,3 Millionen Euro, die Steuerbehörden 75 Millionen Euro, wie WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung" erfahren haben. Demnach drohen dem Staat insgesamt Ausfälle in Höhe von rund 200 Millionen Euro. Das verwertbare Vermögen der Fluggesellschaft liege bei 88 Millionen Euro, hieß es. Viele Gläubiger dürften deshalb von dem Geld, das ihnen zustehe, kaum mehr etwas zurückbekommen.
Air Berlin äußerte sich nicht zu den Zahlen. Die Verantwortlichen erwägen nach Angaben von Teilnehmern der Gläubigerversammlung noch, ob sie vom Großaktionär Etihad Geld fordern können. Die arabische Fluggesellschaft hatte die chronisch defizitäre Air Berlin jahrelang in der Luft gehalten.
Lauda schließt Leiharbeit aus
Große Teile der Air Berlin waren an Lufthansa und Easyjet verkauft worden. Die Tochter Niki mit rund 1000 Beschäftigten soll nach Beschluss der Gläubiger in Österreich an den früheren Rennfahrer Niki Lauda zurückgehen. Zuvor war Niki erst der Lufthansa, dann dem britischen IAG-Konzern zugesagt worden. Lauda warb um die Belegschaft und für einen Neustart. Auf einer Mitarbeiterversammlung sicherte er den Beschäftigten nach deren Angaben reguläre Anstellungsverträge zu. Eine Leiharbeitskonstruktion wie zu Zeiten, als Lauda schon einmal Chef der Airline war, schloss er aus.
Lauda will mit 15 Maschinen die Airline unter dem Namen Laudamotion ab Ende März auf dem Markt der Ferienflieger etablieren. Niki-Betriebsratschef Stefan Tankovits sagte zur Stimmung unter der Niki-Mannschaft: "Skeptisch trifft es am besten." Die juristischen Hürden des Geschäfts scheinen genommen.
Quelle: ntv.de, fhe/hul/dpa/AFP