Wirtschaft

Prekäre Jobs oder freiwillig? Teilzeitarbeit in Deutschland nimmt zu

Wer unfreiwillig in Teilzeit arbeiten muss, kommt mit dem Verdienst oft nicht über die Runden.

Wer unfreiwillig in Teilzeit arbeiten muss, kommt mit dem Verdienst oft nicht über die Runden.

(Foto: dpa)

Die Teilzeitquote in Deutschland ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Zwischen 1991 und 2016 hat sie sich mehr als verdoppelt. Von der Linken kommt scharfe Kritik an Teilzeit als prekärer Beschäftigung. Arbeitgeber wiegeln ab.

Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland ist in den vergangenen zwanzig Jahren von rund 25,9 Millionen auf 24 Millionen gesunken. Im Gegenzug gibt es einen deutlichen Zuwachs bei der Teilzeit. 1996 waren noch rund 8,3 Millionen Beschäftigte in Teilzeit beschäftigt, im vergangenen Jahr 15,3 Millionen. Auf diese Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg machte die Linke-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann anlässlich des Tages der Arbeit am 1. Mai aufmerksam.

1991 gab es noch 28,9 Millionen Vollzeit- und 6,3 Millionen Teilzeitbeschäftigte. Die Teilzeitquote stieg seither kontinuierlich von 17,9 Prozent auf 39 Prozent im Jahr 2016 an. Seit 2010 nahm die Zahl der Vollzeitbeschäftigten bei leichten Schwankungen nach dem damaligen Tiefpunkt mit 22,8 Millionen wieder zu. Die Zahl der Personen mit Nebenjob lag im Jahr 1991 bei 900.000, bis 2016 stieg sie auf rund 3 Millionen an.

1991 gab es 35,2 Millionen beschäftigte Arbeitnehmer insgesamt, im vergangenen Jahr waren es 39,3 Millionen. In demselben Zeitraum sank die Wochenarbeitszeit aller Beschäftigten von im Schnitt 35 auf 30 Stunden, so die Zahlen des IAB, der Forschungseinrichtung der Bundesanstalt für Arbeit.

Linken-Politikerin Zimmermann sagte in Berlin: "Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahrzehnten strukturell deutlich gewandelt, weg vom Normalarbeitsverhältnis in Vollzeit, hin zu in vielen Fällen nicht existenzsichernder und unfreiwilliger Teilzeit und Nebenjobs, um über die Runden zu kommen." Das "vermeintliche deutsche Jobwunder" bedeute für viele prekäre Beschäftigung.

Arbeitgeber weisen Kritik zurück

Gegenüber dem Problem, dass viele Menschen trotz Arbeit arm seien, versage die Bundesregierung auf der ganzen Linie, sagte die Vizechefin der Linken-Fraktion. Nötig sei die Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 8,84 auf 12 Euro, die Abschaffung von Niedriglohnbeschäftigung in Form der Leiharbeit, eine Streichung der Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung und die Überführung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. "Das Normalarbeitsverhältnis in Vollzeit muss wieder für mehr Menschen möglich werden", forderte Zimmermann.

Die Arbeitgeber haben die Darstellung, Teilzeit sei ein Ausdruck prekärer Beschäftigung, wiederholt zurückgewiesen. Ihr Verband BDA betont, Teilzeitarbeit befördere nach einer familiären Auszeit die Rückkehr ins Erwerbsleben und stärke Erwerbsbiografien vor allem von Frauen. "Rund 87 Prozent der Frauen und 76 Prozent der Männer gehen freiwillig einer Teilzeitbeschäftigung nach", teilte die BDA unter Berufung auf das Statistische Bundesamt mit.

Regelungen zur Teilzeitarbeit sind derzeit auch Thema strittiger Beratungen in der Koalition. Ein Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles von der SPD für ein neues Recht auf befristete Teilzeit und Rückkehr auf Vollzeit liegt wegen unterschiedlicher Vorstellungen zwischen Union und SPD auf Eis. Während Nahles das neue Arbeitnehmerrecht für Unternehmen ab 15 Beschäftigten vorsieht, kam aus der Union die Forderung, die Schwelle bei 200 Beschäftigten festzulegen.

Quelle: ntv.de, Basil Wegener, dpa

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