Wirtschaft

Schulden, Inflation, Zollkrieg Trumps Rückkehr wäre ein Schock für die Wirtschaft

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Beobachter befürchten, Donald Trump könnte versuchen, seine Gegner noch stärker wirtschaftlich zu zerstören und Lobbyisten vollends freie Fahrt haben.

Beobachter befürchten, Donald Trump könnte versuchen, seine Gegner noch stärker wirtschaftlich zu zerstören und Lobbyisten vollends freie Fahrt haben.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Nach seiner Wiederwahl will Donald Trump den radikalen Kurswechsel nicht nur in der Politik: Totale Abschottung nach außen, extreme Deregulierung der US-Wirtschaft nach innen. Hochkarätige Ökonomen sprechen von einer weiteren fatalen Runde "Russischen Roulettes".

Nun ist es offiziell: Donald Trump ist der Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Auch wenn es vorher kaum einen Zweifel an seiner Nominierung gab, lässt sie ein Stück mehr Gewissheit werden, wovor viele Wähler, seine Gegner und Experten Angst haben: die Pläne für eine zweite Amtszeit.

Viele Beobachter erschaudern nicht nur wegen Trumps erklärten Zielen, die US-Unterstützung im Ukraine-Krieg zu beenden, NATO-Verbündete an Russland auszuliefern, Millionen Einwanderer zu deportieren, Steuer- und Justizbehörden für die Verfolgung seiner Gegner zu instrumentalisieren und die US-Regierung durch die Einsetzung ergebener Loyalisten für seine Politik gleichzuschalten und in eine autoritäre Verwaltung zu verwandeln. Auch wirtschaftspolitisch haben Trump und sein Team Ideen im Köcher, die der Weltwirtschaft verheerenden Schaden zufügen könnten.

Beunruhigt sind Ökonomen in erster Linie über die Schuldenorgie, die Trump vorhat. In seiner ersten Amtszeit hat der mehrfache Bankrotteur nach Berechnungen einer US-Denkfabrik 3,9 Billionen US-Dollar neue Schulden gemacht - rund 11 Prozent der US-Gesamtschulden von derzeit rund 35 Billionen Dollar.
Der Großteil ging für Trumps gigantische Steuersenkungen für Superreiche und Firmen drauf, die größtenteils 2025 auslaufen. Sollte Trump sie verlängern, kämen wohl noch einmal 3,9 Billionen Dollar neue Schulden hinzu.

Russisches Roulette für die Weltwirtschaft

Die USA würden damit unter einer möglichen neuen Trump-Regierung auf eine Schuldenkrise zusteuern. Schon jetzt steht Amerika mit mehr als 120 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in der Kreide. Unklar ist zudem, ob der wirtschaftliche Nutzen wirklich im Verhältnis zu den Kosten stehen würde. Denn nach Untersuchungen von US-Ökonomen haben die Steuersenkungen aus Trumps erster Amtszeit zwar zu mehr Investitionen und leicht höheren Löhnen geführt, aber viel weniger Wachstum generiert als erwartet - und das zu einem gigantischen Preis.

"Manche mögen sagen, dass wir es durch eine Amtszeit von Trump geschafft haben und daher wahrscheinlich auch eine zweite schaffen werden", warnen Ex-Finanzminister und Harvard-Ökonom Robert Rubin und Ex-American-Express-Chef Kenneth Chenault in der "New York Times". "Eine passendere Analogie ist, dass wir eine Runde Russisch Roulette in der Wirtschaft überlebt haben und Donald Trump nun will, dass wir nochmal drehen - aber diesmal mit viel mehr Kugeln in der Trommel."

Mittelfristig dürften wohl vor allem Kleinanleger und die Mittelklasse bei Trumps Glücksspiel getroffen werden. Denn Trumps geplante Ausgabenexplosion dürfte fast sicher zu höheren Zinsen, steigender Inflation und weniger Wachstum führen. Die Investmentbank Goldman Sachs sieht "tiefgreifende Folgen" vor allem für Europa und schätzt, dass eine zweite Trump-Administration die EU rund ein Prozent Wachstum kosten könnte.

Der Handelskrieg droht zu eskalieren

Denn mit großer Sicherheit dürfte Trump neue Wirtschaftsattacken auf die EU und China fahren. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump vor allem Peking aufs Korn genommen, Strafzölle gegen Stahlproduzenten auch in Europa verhängt und sogar Waschmaschinen zum Schlachtfeld im Zollstreit gemacht.

In einer zweiten Amtszeit droht Trump der gesamten Welt nun mit dem totalen Handelskrieg: Zöllen von zehn Prozent auf alle Importe in die USA, egal woher - und über 60 Prozent auf Importe aus China. Damit will er nicht nur Jobs schaffen, sondern auch die Verlängerung seiner Steuersenkungen gegenfinanzieren. Der Plan könnte wie schon in seiner ersten Amtszeit nach hinten losgehen und nicht nur in den USA, sondern weltweit Millionen Jobs vernichten. Und die Kosten eines typischen US-Haushalts im Schnitt um 1700 Dollar pro Jahr erhöhen, wie Studien einer unabhängigen US-Denkfabrik zeigen.

Trump will den Staat aushöhlen - und als Waffe einsetzen

Nicht nur politisch, auch wirtschaftlich droht Trumps mögliche zweite Amtszeit zum Rachefeldzug gegen Kritiker zu werden. Schon 2017 soll Trump die geplante Fusion von AT&T und Time Warner nicht aus kartellrechtlichen Gründen, sondern aus Gründen persönlicher Vergeltung gegen den US-Sender CNN blockiert haben, mit dem er auf Kriegsfuß stand. Sollte er wieder ins Weiße Haus einziehen, steht zu befürchten, dass er seine Gegner noch stärker wirtschaftlich zu zerstören versucht und Lobbyisten vollends freie Fahrt haben.

Trump hat bei einem diskreten Hintergrundtreffen in seinem Golfklub Mar-a-Lago bereits versprochen, Umweltschutzauflagen über Bord zu werfen und von den anwesenden Ölmanagern im Gegenzug eine Milliarde Dollar Spenden gefordert. Doch seine Agenda geht wirtschaftspolitisch noch über die offene Bedienung unternehmerischer Lobbyinteressen hinaus. Trump strebt einen vollständigen Umbau des Staates an.

Jedenfalls dann, wenn er dem Masterplan zur Machtübernahme namens "Project2025" folgt, den dutzende konservative Vordenker und Organisationen unter der Ägide der US-Denkfabrik "Heritage Foundation" ausgearbeitet haben. Das übergreifende Ziel: "den Verwaltungsstaat zu dekonstruieren" - vulgo den bisherigen Zentralstaat zu schleifen und abzutragen, wo es nur geht. Ähnlich wie Argentiniens Präsident Javier Milei, der die Exekutive buchstäblich aushöhlt, sieht die konservative Wunschliste etwa vor, das Bildungsministerium abzuschaffen, und zehntausende Staatsdiener im unteren oder mittleren Dienst zu feuern, wenn sie den Treueschwur auf Trump verweigern.

Öffentlich hat sich Trump von "Project2025" zwar distanziert. In seinem sozialen Netzwerk Truth Social schrieb Trump, er wisse nichts davon. Zudem seien einige der Ideen "lächerlich". Doch da viele seiner engsten Mitarbeiter unmittelbar an der Entwicklung des Masterplans für die konservative Machtübernahme beteiligt waren, wirkt dieses Dementi wenig glaubwürdig. Und so dürfte Trumps zweite Amtszeit für die Wirtschaft zugleich radikale Veränderungen und große Überraschung bedeuten.

Quelle: ntv.de

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