Frauen auf dem Arbeitsmarkt US-Ökonomin Goldin erhält Wirtschaftsnobelpreis
09.10.2023, 12:26 Uhr Artikel anhören
Die Nobelpreisträger in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften werden traditionell als letztes verkündet.
(Foto: IMAGO/TT)
Durch ihre Forschung verbessert Claudia Goldin das Verständnis dafür, welche Rolle Frauen auf dem Arbeitsmarkt spielen. Dafür wird die 77-Jährige nun mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Sie ist damit erst die dritte Frau, die die prestigeträchtige Auszeichnung erhält.
Für ihre Forschung zur Rolle von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wird die US-Ökonomin Claudia Goldin mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm bekannt. Die 77-Jährige erhält die prestigeträchtige Ehrung dafür, das Verständnis verbessert zu haben, welche Rolle Frauen auf dem Arbeitsmarkt spielen, wie der Generalsekretär der Akademie, Hans Ellegren, bei der Preisbekanntgabe sagte.
Goldin ist damit erst die dritte Frau, die den Wirtschaftsnobelpreis erhält. Im vergangenen Jahr waren der frühere US-Notenbankchef Ben Bernanke und die ebenfalls amerikanischen Ökonomen Douglas Diamond und Philip Dybvig mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet worden. Sie wurden damit für ihre Erforschung von Banken und Finanzkrisen geehrt. Die Verkündung der Preisträger in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften stellt traditionell den Abschluss der alljährlichen Nobelpreis-Bekanntgaben dar.
Goldin stieß in Forschungslücke
Das Nobekomitee begründete den Preis an Goldin damit, dass die Forscherin "die Archive durchforstet und über 200 Jahre an Daten aus den USA gesammelt" habe. "Sie hat etwas untersucht, was viele Menschen, zum Beispiel viele Historiker, vorher einfach nicht untersucht haben, weil sie nicht glaubten, dass diese Daten existieren", sagte Randi Hjalmarsson, Mitglied des Nobelkomitees. Sie nannte Goldin "eine Detektivin".
Das Komitee hob hervor, dass weltweit etwa 50 Prozent der Frauen auf dem Arbeitsmarkt vertreten sind, verglichen mit 80 Prozent der Männer. Zugleich verdienen Frauen weniger und erreichen seltener die Spitze der Karriereleiter. Goldins Arbeit sei "die erste umfassende Darstellung des Verdienstes und der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen über die Jahrhunderte hinweg".
Ein Ergebnis sei die Feststellung, dass sich trotz der Modernisierung - gekoppelt mit Wirtschaftswachstum und einem steigenden Anteil von Frauen auf dem Arbeitsmarkt - die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen lange Zeit kaum verringerten. "Laut Goldin liegt ein Teil der Erklärung darin, dass Bildungsentscheidungen, die sich auf die Karrierechancen eines ganzen Lebens auswirken, in einem relativ jungen Alter getroffen werden", erklärte die Jury.
Auch Forschung zur Antibabypille
Des Weiteren habe Goldins Arbeit gezeigt, dass der "Zugang zur Antibabypille" eine wichtige Rolle bei der Beschleunigung des Anstiegs des Bildungsniveaus im 20. Jahrhundert gespielt habe, erklärten die Juroren. Heute bestehe "der größte Teil der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen im gleichen Beruf" - und entstehe mit der Geburt des ersten Kindes, führten sie aus.
Der Wirtschaftsnobelpreis ist der einzige der Nobelpreise, der nicht auf das Testament von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel zurückgeht. Er wird er seit Ende der 1960er Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet und zählt somit streng genommen nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Trotzdem wird er gemeinsam mit den weiteren Auszeichnungen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, feierlich überreicht. Bereits in der vergangenen Woche waren die Nobelpreisträgerinnen und -preisträger in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden gekürt worden.
Nobelpreise deutlich höher dotiert
In den ersten drei Kategorien gingen die Preise diesmal an insgesamt acht Forschende, in Literatur an den norwegischen Autor Jon Fosse. Am Freitag wurde der Friedensnobelpreis der inhaftierten iranischen Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi zugesprochen. Alle Nobelpreise sind in diesem Jahr mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) pro Preiskategorie dotiert, das ist eine Million mehr als in den Vorjahren.
Mehr als 90 Menschen haben den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften seit der ersten Auszeichnung 1969 erhalten - darunter waren mit Elinor Ostrom (2009) und Esther Duflo (2019) bislang erst zwei Frauen. Einziger deutscher Wirtschaftsnobelpreisträger ist bislang der Bonner Wissenschaftler Reinhard Selten gewesen, der die Auszeichnung 1994 gemeinsam mit John Nash und John Harsanyi für ihre wegweisenden Beiträge zur nichtkooperativen Spieltheorie erhielt.
Quelle: ntv.de, lar/mpe/dpa/AFP