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Trotz anhaltender Kriegsgefahr Kiew hat es mit dem Wiederaufbau eilig

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Russland greift die ukrainische Strominfrastruktur seit seinem Einmarsch im Februar 2022 unablässig mit Raketen und Drohnen an.

Russland greift die ukrainische Strominfrastruktur seit seinem Einmarsch im Februar 2022 unablässig mit Raketen und Drohnen an.

(Foto: dpa)

Die Ukraine will den Wiederaufbau des Landes trotz des andauernden Krieges mit Russland vorantreiben. Deutschland und andere Staaten unterstützen das Vorhaben. Auch Experten halten den Zeitpunkt für sinnvoll. Doch es wird Jahre dauern, bis etwa die Stromversorgung wiederhergestellt ist.

Deutschland will mit der hochrangig besetzten Ukraine-Wiederaufbaukonferenz dem von Russland angegriffenen Land eine längerfristige Perspektive über die militärischen Hilfen hinaus geben. Der Wiederaufbau ist dabei nicht etwa erst für die Zeit nach dem Krieg angedacht, sondern soll schon jetzt beginnen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba warben auf der Konferenz in Berlin um rasche Investitionen von Unternehmen. "Warten Sie nicht, bis der Krieg vorbei ist", sagte Kuleba vor Wirtschaftsvertretern. Selenskyj sagte, die Ukraine biete einen "großen Markt" für ausländische Unternehmen. "Viele Partner aus der ganzen Welt werden diese Konferenz mit Verträgen über Milliarden Euro verlassen", zeigte sich der Präsident überzeugt.

Nach Einschätzung von Julian Bergmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am German Institute of Development and Sustainability, ist der Zeitpunkt für den Wiederaufbau durchaus sinnvoll. "Es ist wichtig, den Wiederaufbau jetzt anzugehen, um das tägliche Leben der Ukrainerinnen und Ukrainer in Kriegszeiten zu unterstützen und auch um das Überleben der Ukraine als Staat und Gesellschaft zu gewährleisten", sagte Bergmann im Interview mit dem WDR. Natürlich sei es wichtig, das Land militärisch zu unterstützen, eine ebenso große Bedeutung schreibt er aber auch einer kurz- und langfristigen zivilen Unterstützung zu.

Auf die Kritik, der Wiederaufbau etwa der Energieinfrastruktur sei ein schlechtes Investment, da Russland diese Ziele weiter angreifen wird, entgegnete er: Die Grundvoraussetzung sei es, die Sicherheit zu gewährleisten und die ukrainische Luftverteidigung zu stärken. "Letztendlich bleibt den Ukrainerinnen und Ukrainern aber gar nichts anderes übrig als jetzt zu investieren", so Bergmann. In vielen ukrainischen Städten gebe es derzeit nur für wenige Stunden Strom. Es müsse deswegen schnellstmöglich in die Reparatur der Stromnetze investiert werden.

"Es wird Jahre dauern, die Versorgung wieder herzustellen"

Dieser Wiederaufbau solle möglichst nachhaltig sein. Deswegen werde jetzt in dezentrale Stromversorgung investiert, die dann weniger angreifbar für russische Angriffe ist. Das Ziel ist laut Bergmann darüber hinaus außerdem ein besserer Energie-Mix. Demnach werde auch in Solar-Anlagen und Wärmepumpen investiert. Man müsse aber auch realistisch sein. "Es wird Jahre dauern, die Versorgung wieder herzustellen. Jetzt geht es darum, für den vorstehenden Winter so schnell wie möglich eine Lösung zu finden", sagte Bergmann.

Russland greift die ukrainische Strominfrastruktur seit seinem Einmarsch im Februar 2022 unablässig mit Raketen und Drohnen an. Zeitweise waren Millionen Menschen bei eisigen Temperaturen ohne Heizung. Nach Einschätzung des staatlichen Stromversorgers Ukrenergo könnte es Jahre dauern, bis das Land seine Stromindustrie vollständig wiederhergestellt habe.

Deutschland hat sich auf der Wiederaufbaukonferenz derweil nicht nur dazu bereit erklärt, den ukrainischen Energiesektor weiter zu stützen. Berlin will durch die zusätzliche Absicherung von Risiken auch privates Kapital für die Ukraine mobilisieren. Denn ohne das dürfte es schwierig werden: "Der Wiederaufbau wird nur im Schulterschluss von internationaler Staatengemeinschaft und Privatwirtschaft gelingen", sagte die Vorständin der staatlichen deutschen Förderbank KfW, Christiane Laibach.

Konkret wurde zudem eine neue internationale Allianz gegründet, die besonders kleine und mittlere Unternehmen stärken. Sie sind das Rückgrat der ukrainischen Wirtschaft. Ziel der neuen Allianz sei es, den kleinen und mittleren Unternehmen "in Kriegszeiten unter die Arme zu greifen und sie fit für den Wiederaufbau zu machen", hieß es weiter. Die Gründungsmitglieder sollen für Finanzinvestitionen, politische Beratung oder Programme zum Kapazitätsaufbau sorgen.

Quelle: ntv.de, mit dpa/AFP

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