Kein Kontaktverbot mehrWirtschaftsverband gibt "totale Isolation" der AfD auf

Der Verband Die Familienunternehmer will die AfD nicht in der Regierung sehen. Mittlerweile dürfen aber Bundestagsabgeordnete der Partei zu Veranstaltungen des Lobbyvereins eingeladen werden. Die Stiftung Familienunternehmen geht hingegen einen anderen Weg.
Wirtschaftsverbände in Deutschland überdenken teilweise ihren Umgang mit der AfD. So gibt der Verband Die Familienunternehmer seine bisherige Brandmauer-Strategie auf, wie das "Handelsblatt" berichtete. "Im Kern geht es um die Interpretation, was die Brandmauer zur AfD überhaupt ist beziehungsweise was sie bezwecken soll", sagte Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann der Zeitung.
"Für uns war die Brandmauer eine totale Isolation der AfD", die so weit ging, "dass wir AfD-Bundestagsabgeordnete prinzipiell nicht einluden", fügte Ostermann hinzu. "Diese Art Kontaktverbot haben wir mit dem letzten Parlamentarischen Abend auf Bundesebene aufgehoben - in unseren Landesbereichen hat es diese Art der Brandmauer noch nie gegeben." Trotzdem wolle der Verband die AfD "auf keinen Fall als Koalitionspartner in einer Regierung sehen", betonte sie.
Der Verband Die Familienunternehmer vertritt circa 6500 Familienunternehmen in Deutschland. Insgesamt gibt es rund drei Millionen. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem BMW und die Oetker-Gruppe. Die Deutsche Bank hat nach Informationen des "Handelsblatts" auf die Einladung von AfD-Vertretern zu einem Treffen des Verbands in ihren Räumlichkeiten reagiert und einen Vertrag für eine künftige Veranstaltung gekündigt.
Das Portal abgeordnetenwatch.de warf dem Verband 2023 eine scharfe Rhetorik vor, Abgeordnete würden das aggressive Vorgehen des Lobbyvereins beklagen. Besonders die Grünen waren in den vergangenen Jahren in dessen Visier geraten.
Stiftung Familienunternehmen will Position nicht ändern
Die Stiftung Familienunternehmen sehe dagegen keine Veranlassung, ihre Position zu extremen Parteien zu ändern, berichtete das "Handelsblatt" weiter. Vertreter der AfD oder der Linken würden nicht zu Veranstaltungen eingeladen, "weil deren Wertebasis in weiten Teilen nicht zu der von Familienunternehmen passt", sagte Stiftungsvorstand Rainer Kirchdörfer. Die Programmatik der AfD gefährde das Familienunternehmertum in Deutschland. "Dies entbindet die Parteien der Mitte selbstverständlich nicht davon, endlich die großen Probleme in Deutschland entschiedener anzugehen", fügte Kirchdörfer hinzu.
Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) verwies gegenüber dem "Handelsblatt" auf die hohen Umfrage- und Wahlergebnisse für die AfD. Diese "sprechen derzeit nicht dafür, dass die Strategie der Brandmauer erfolgreich funktioniert hat", sagte Bundesgeschäftsführer Christoph Ahlhaus.
Er berichtet von einer "lebhaften" Debatte in der mittelständischen Wirtschaft über die AfD. Sein Verband werde sich dazu "nicht wegducken und in seinen Gremien zeitnah eine Position erarbeiten". Auf regionaler Ebene hätten in der Vergangenheit AfD-Vertreter "vereinzelt an Veranstaltungen des BVMW teilgenommen", sagte er weiter.