Wirtschaft

Chiphersteller, Energie, Dollar Warum der Deepseek-Schock sogar Kernkraftwerke erfasst

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Insbesondere um die erwartete Stromnachfrage für KI-Rechenzentren zu befriedigen, will der Energiekonzern Constellation das berüchtigte Kernkraftwerk Three Mile Island wieder hochfahren.

Insbesondere um die erwartete Stromnachfrage für KI-Rechenzentren zu befriedigen, will der Energiekonzern Constellation das berüchtigte Kernkraftwerk Three Mile Island wieder hochfahren.

(Foto: REUTERS)

Eine chinesische KI-App erschüttert nicht nur die Erwartungen zur Entwicklung der KI-Branche. Gigantische Investitionen stehen plötzlich infrage. Das ist am Devisenmarkt ebenso zu spüren wie in der Energiebranche, in den USA wie auch in Deutschland. Ein Überblick.

So etwas hat es an den Börsen noch nie gegeben. Der Aktienkurs von Nvidia stürzte um 17 Prozent und der Marktwert des führenden Herstellers von KI-Prozessoren damit um 592,7 Milliarden Dollar. Das ist – als absoluter Dollar-Betrag - der größte Tagesverlust eines Unternehmens aller Zeiten. An den Kursverlusten in Prozent traf der durch die chinesische KI-App Deepseek ausgelöste Schock andere Branchen und Unternehmen aber noch härter. Nicht nur in den USA, auch deutsche Unternehmen sind von dem Börsenbeben betroffen.

Im Kern hat Investoren schockiert, dass Deepseek mit einem Bruchteil des Mittel-Einsatzes im Vergleich zu den US-Platzhirschen ein konkurrenzfähiges KI-Modell entwickelt hat. Das könnte nicht nur bedeuten, dass künftig weniger der teuren Spezialchips nachgefragt werden, als bisher angenommen, sondern dass auch weniger Bedarf an Investitionen in neue Rechenzentren, Energieerzeugung und Rohstoffe besteht. Ein Überblick:

Nvidia

Der US-Konzern ist unangefochtener Marktführer bei Spezialchips für das Training von KI-Modellen. Angesichts des Durchbruchs bei KI-Sprachmodellen hatte sich der Aktienkurs von Nvidia in den vergangenen Jahren vervielfacht, das Unternehmen war mit einem Börsenwert von mehr als 3,5 Billionen Dollar zum zweitwertvollsten Konzern der Welt aufgestiegen. Auch Deepseek arbeitet mit Nvidia-Prozessoren, nach eigenen Angaben aber mit deutlich weniger und mit älteren Modellen als die Konkurrenz. Dies verändert die Erwartung an die Nachfrage von Nvidias Produkten erheblich und lässt den Aktienkurs absacken.

Andere Chip-Hersteller

Nvidia ist zwar führend, aber nicht der einzige Chip-Hersteller für den KI-Einsatz. Der Konkurrent Broadcom beispielsweise hatte große Hoffnungen in diesen Markt gesetzt, die nun etwas kleiner ausfallen dürften. Die Aktien des US-Unternehmens brachen ebenfalls um gut 17 Prozent ein.

Die Chip-Produktionskette

Nvidia und Broadcom sind nur ein Teil einer langen und komplexen Lieferkette der Chip-Industrie. Der Deepseek-Schock hat die Firmen entlang dieser gesamten Kette erfasst. Der Kurs des taiwanesischen Auftragsfertigers TSMC, in dessen Fabriken die Nvidia-Chips entstehen, brach um rund 10 Prozent ein. Die Aktien der niederländischen Firma ASML, deren Maschinen unabdingbar sind für die Fertigung der modernsten Chip-Generationen, gab knapp 7 Prozent nach.

Suss Microtec

Auch der Mittelständler Suss Microtec gehört zu dieser Lieferkette. Das Unternehmen aus der Nähe von München ist weltweit führend bei fotolithografischen Geräten, die für die Hightech-Maschinen in der Chip-Produktion benötigt werden. Die Aktie, deren Wert sich in den vergangenen Jahren im Zuge der KI-Euphorie vervielfacht hatte, gab zeitweise um mehr als 10 Prozent nach.

Rechenzentren

Fest gerechnet hatten Investoren - zumindest bis zum Deepseek-Schock - mit einem riesigen Bedarf an neuen Rechenzentren für Entwicklung und Betrieb von KI-Modellen. Aktienkurse von Unternehmen, die am Bau solcher Datenzentren beteiligt sind, wurden ebenfalls abgestraft, teils noch heftiger als Nvidia. Als Beispiel sei hier die US-Firma Vertiv genannt, die auf Kühltechnik für Rechenzentren spezialisiert ist. Der Aktienkurs stürzte um fast 30 Prozent ab.

Atomkraftwerke

Sollte KI in immer mehr Lebensbereiche einziehen, würde dies gigantische Mengen an Strom verschlingen. Unternehmen wie Google und Microsoft setzen deswegen besonders auf Atomenergie. Deepseek hat dieses Szenarium für eine riesige Energienachfrage zumindest infrage gestellt. Die Aktienkurse von US-Atomkraftswerksbetreibern rutschen ab. Nuscale Power, Vistra, Talen Engergy und Constellation Energy verloren jeweils mehr als 20 Prozent. Die Aktien des Nuklear-Startups Oklo stürzten um rund 30 Prozent ab. Oklo wird von Sam Altman geführt, dem Chef von OpenAI, der Firma hinter ChatGPT.

Siemens Energy

Zu den großen Verlierern des Deepseek-Schocks gehört der deutsche Konzern Siemens Energy. Die Aktie verlor zeitweise rund 20 Prozent. Elektrotechnik für Rechenzentren ist ein wichtiger Hoffnungsträger für den Konzern.

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Dollar

Am Devisenmarkt drückte der Deepseek-Schock den Dollar auf den tiefsten Stand seit mehreren Wochen. Die bislang erwarteten und nun infrage stehenden Investitionen für die KI-Branche in den USA sind so gewaltig, dass ihr Wegfall zu ähnlich krisenhaften Auswirkungen auf die Wirtschaft führen könnte wie das Platzen der Dotcom-Blase Anfang der 2000er Jahre, wie Devisenanalysten der Nachrichtenagentur Dow Jones sagten. Dies könnte die US-Notenbank mittelfristig zu einer sehr viel taubenhafteren Haltung zwingen. Sollte KI-Technologie deutlich günstiger werden als bislang erwartet, würde das auch die Inflation bremsen und niedrigere Zinsen rechtfertigen.

Quelle: ntv.de

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