Wirtschaft

Unternehmen in Not Was die Pläne gegen Corona-Pleiten taugen

Kosmetiker, Heilpraktiker, Fensterputzer, Techniker, Künstler: Fast fünf Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten selbstständig ohne Angestellte.

Kosmetiker, Heilpraktiker, Fensterputzer, Techniker, Künstler: Fast fünf Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten selbstständig ohne Angestellte.

(Foto: picture alliance/dpa)

Um Firmen in der Krise mit Geld zu versorgen, versorgt die EZB Banken mit zusätzlicher Liquidität für Kredite. Auch die Bundesregierung schnürt ein weiteres Hilfspaket - diesmal für Kleinstunternehmer. Allheilmittel sind die Maßnahmen leider nicht.

Für notleidende Unternehmen und ihre Arbeitnehmer gibt es in der Corona-Krise gleich zwei Nachrichten von existenzieller Bedeutung, einmal aus Frankfurt und einmal aus Berlin: Die Europäische Zentralbank (EZB) wird im Rahmen eines Notkaufprogramms für Anleihen in Höhe von 750 Milliarden Euro erstmals auch kurzfristige Unternehmensanleihen kaufen. Und die Bundesregierung berücksichtigt mit einem 50-Milliarden-Euro-Hilfspaket nun zum ersten Mal auch Solo-Selbstständige.

Es sind schwere Zeiten für die Wirtschaft. Deutschland steht still: Keine Restaurantbesucher, keine Käufer für den stationären Handel, keine Aufträge für Freiberufler, Stillstand in den Fabriken - und Besserung nicht in Sicht. Da lässt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel keinen Zweifel dran. Doch sie macht auch Mut. Die Bundesregierung werde alles tun, was sie kann, "um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzufedern, und werde alles einsetzen, was es braucht, um unseren Unternehmen und Arbeitnehmern durch diese schwere Prüfung zu helfen", verspricht sie am Mittwoch.

Keine Allheilmittel in Sicht

Um die Wirtschaft am Laufen zu halten, sind Hilfen nötig. Aber wer hilft wie und in welchem Umfang? Dass die EZB Mittwochabend die Bazooka auspackt und massive Hilfe sowohl für Staaten, als auch Unternehmen angekündigt hat, darauf hatten die Finanzmärkte ebenso wie Betroffene lange gewartet. Durch die Liquiditätsspritzen für Banken verschaffen die Währungshüter den Unternehmen nicht nur Geld, sondern auch wertvolle Zeit. Das das Ziel.

Die schlechte Nachricht ist: Ein Allheilmittel sind sie trotzdem nicht. Denn die Zentralbanker setzen voraus, dass die Unternehmen die Kredite auch wirklich abrufen. Was sich in der Theorie gut anhört, wird den Praxistest voraussichtlich aber nicht bestehen: Tatsächlich dürften die Kredite nur wenige Abnehmer finden. Branchen wie die Gastronomie oder Messebauer, die es in der Krise besonders schwer erwischt hat, kämpfen ums nackte Überleben. Sie haben aktuell andere Sorgen, als gutes Geld schlechtem hinterherzuwerfen, wie Börsianer sagen. Heißt: Sie werden wohl eher nicht so schnell in ein Geschäft investieren, das es praktisch nicht mehr gibt.

Zumal es sich um Kredite handelt, die sie irgendwann auch zurückzahlen müssen. Ein kleiner zusätzlicher Anreiz, der manches Unternehmen in Schieflage doch noch hinterm Ofen vorlocken könnte, wäre, die Darlehen mit extra-langen Laufzeiten mit extrem niedrigen Zinsen zu versehen. Die Blaupause hierfür ist die Griechenland-Rettung. Die Inflation würde die reale Tilgung zumindest teilweise übernehmen - vorausgesetzt, es würde überhaupt nenneswerte Preissteigerungen geben.

Auch die Hilfen für Solo-Selbstständige klingen zunächst vielversprechend. Nach Maßnahmen wie Kurzarbeitergeld und Unternehmenskrediten will der Bund nun angeblich 40 Milliarden Euro für Kleinstunternehmen und Ein-Personen-Betriebe ohne Angestellte zur Verfügung stellen. Aber auch dieses Hilfspaket könnte sich - zumindest teilweise - als Rohrkrepierer erweisen. Denn auch hier gilt: Nur zehn Milliarden Euro sollen als direkte Zuschüsse vergeben werden, der Rest in Höhe von 30 Milliarden Euro wird nach jetzigen Informationen als Darlehen weitergereicht.

Auch hier stellt sich damit die Frage, ob die Kredite unter diesen Bedingungen abgerufen und in der Realwirtschaft ankommen werden. Schon auf dem Reißbrett deutet sich ein bürokratisches Monster an. Der Bund hat bereits durchblicken lassen, dass er im Nachhinein prüfen werde, ob die Begünstigten die Hilfen tatsächlich nötig hatten. Für den Fall, dass sie ungerechtfertigt vergeben wurden, sollen die Zuschüsse nachträglich in Darlehen umgewandelt werden.

Die schwarze Null war gestern

Eine gute Nachricht gibt es für Betroffene in Sachen Hilfsbereitschaft und -maßnahmen trotzdem: Mit dem Programm, das über einen "Solidaritätsfonds" finanziert werden soll, lehnt der Bund sich erstmals richtig weit zum Fenster hinaus. Denn für die Maßnahme ist ein Nachtragshaushalt erforderlich. Bisher hatte die Bundesregierung sich trotz aller Kritik hartnäckig an die Schwarze Null geklammert.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hatte angesichts der Schwere der Corona-Krise und um Pleiten abzuwenden, schon länger für ein entschiedeneres Vorgehen und in dem Zusammenhang für unbürokratische Direkthilfen geworben. "Man muss über Transfers nachdenken, alle, die beim Finanzamt gemeldet sind, kriegen 5000 oder 10.000 Euro in die Tasche, sofort, um diese Zeit lang überleben zu können", hatte der Ökonom gefordert. Die Finanzierung dieser Aktion sei bei der guten Verfassung des deutschen Staatshaushalts kein Problem. Der deutsche Staat habe "tiefe Taschen".

Was die Bundesregierung am Ende im Kampf gegen den Kollaps der Wirtschaft bereit ist zu investieren, bleibt die Millionen-Euro-Frage in der Krise. Wirtschaftsminister Peter Altmaier ist zuletzt hörbar kleinlauter geworden. Vor kurzem hatte er noch vollmundig versprochen, der Bund sei bereit, "notfalls Schulden zu machen, wenn es anders nicht geht", was er nun auch tut. Zuletzt sprach er nur noch davon, "möglichst viele Unternehmen" und "möglichst viele Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse" zu erhalten. Pleiten scheinen demnach eingepreist.

Quelle: ntv.de

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