Spediteure, Metzger, Jäger ... Wer bei den Bauern-Protesten alles mitmischt
08.01.2024, 13:14 Uhr Artikel anhören
Auch wenn der Bauernverband es sich ausdrücklich verbeten hat: Bei den Protestaktionen sind auch rechte Gruppen und Parteien wie die AfD präsent.
(Foto: IMAGO/Achille Abboud)
Nicht nur Traktoren behindern heute im Rahmen der "Aktionswoche" des Bauernverbandes in vielen deutschen Städten den Verkehr. LKW aller Art, Betonmischer und andere Baufahrzeuge sowie die Transporter von Handwerksbetrieben sind zwischen den landwirtschaftlichen Maschinen zu sehen. Viele Gruppen und Branchen haben sich dem Protest, der sich ursprünglich an geplanten Subventionskürzungen für die Bauern entzündete, angeschlossen. So breit wie das Feld der teilnehmenden Gruppen und Branchen sind auch ihre Forderungen. Ein Überblick:
Landwirte
Ursprünglich aufgerufen zur heute beginnenden "Aktionswoche" hatten der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Landesbauernverbände - und zwar mit einer klaren Forderung: die Rücknahme der geplanten Streichung der Steuervorteile für die Bauern bei Diesel und KFZ-Steuer. Plakate mit Aufschriften wie "Die Ampel muss weg" und Äußerungen von teilnehmenden Landwirten zeigen allerdings, dass es ihnen durchaus um mehr geht, unter anderem um als unfair empfundene Preise für ihre Produkte und immer mehr Vorschriften und Auflagen vor allem für Klima-, Umwelt- und Tierschutz.
Spediteure
Für das Transportgewerbe hat der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung zur Teilnahme an den Protesten und Straßenblockaden aufgerufen. Die Forderungen der Spediteure: Entlastungen bei der Maut und beim Diesel-Kraftstoff und mehr Geld für Straßen, Brücken und Parkplätze.
Handwerker
An vielen Orten haben sich Handwerker aus verschiedenen Branchen den Protesten angeschlossen. Einen bundesweiten Aufruf dazu gab es allerdings nicht. Dementsprechend gibt es auch keinen Forderungskatalog, sondern nur Äußerungen einzelner Handwerksvertreter. Dabei geht es anders als beim Bauernverband weniger um konkrete politische Entscheidungen als um allgemeine wirtschaftspolitische Themen. So forderte der Präsident des Bayerischen Handwerkstages, Franz Xaver Peteranderl, laut der Deutschen Handwerks Zeitung, unter anderem eine Unternehmenssteuerreform, Bürokratieabbau und die Senkung von Lohnnebenkosten. Die Ampel-Koalition müsse zu einer "unternehmensfreundlichen" Politik zurückkehren, so Peteranderl.
Gastronomie, Metzger, Bäcker
Ankündigungen zufolge sollen sich den Protesten der Lebensmittelhandwerker, also etwa Metzger und Bäcker auch Gastronomen anschließen. Diese Branchen klagen vor allem über die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent in der Gastronomie und über Mehrkosten bei der Energie durch den Wegfall der Gas- und Strompreisbremsen.
Baubranche
Bei vielen Protestaktionen fallen neben den Traktoren die großen Baufahrzeuge gleich ins Auge. Auch bei der Baubranche gibt es allerdings keinen bundesweiten Protestaufruf und einheitliche Forderungen. Die Baubranche hat andere Sorgen als die Bauern, sagte etwa der Vizepräsident des sächsischen Baugewerbeverbandes, Uwe Nostitz, laut den "Dresdner Neusten Nachrichten". Wie die Bauern auch, fühle sie sich aber "von dieser Bundesregierung allein gelassen, vor den Kopf gestoßen und ausgenutzt". Gespräche mit Bundespolitikern "aller Couleur" seien folgenlos geblieben. "Deshalb ist es jetzt an der Zeit, unseren Unmut über die offenkundige Ignoranz dieser Bundesregierung auf die Straße zu tragen", so Nostitz. Insbesondere der Wohnungsbau ist in Deutschland im vergangenen Jahr dramatisch eingebrochen. Hauptursache sind die schnell gestiegenen Zinsen und hohe Kosten, wofür Branchenvertreter vor allem die vielen Regeln und Vorschriften für den Wohnungsbau in Deutschland verantwortlich machen.
Jäger
Seine Mitglieder zur Teilnahme an den Bauernprotesten aufgerufen hat auch der Deutsche Jagdverband (DJV). "Wir zeigen uns solidarisch mit den Land- und Forstwirten, alle Jäger sind aufgerufen, die regional organisierten, friedlichen Protestaktionen zu unterstützen", verkündete DJV-Präsident Helmut Dammann in einem Video, das in den sozialen Netzwerken verbreitet wurde. Neben der Unterstützung für die Forderungen der Bauern nach Erhalt ihrer Steuervorteile richtet sich der Protest der Jäger laut Dammann allgemein gegen eine "unsinnig Agrar- und Umweltpolitik".
Politische Gruppen und Parteien
Auch wenn sich der Bauernverband ausdrücklich davon distanziert, haben mehrere rechte und rechtsextreme Akteure zur Teilnahme an den Aktionen der Landwirte aufgerufen. Die AfD Thüringen hat für den heutigen Montag sogar einen "Generalstreik" gegen die Bundes- und Landesregierung ausgerufen. Auch die rechtsextreme Partei "Der III. Weg" und das Netzwerk "Ein Prozent" verbreiteten Aufrufe, sich den Bauern anzuschließen. "Der Deutsche Bauernverband distanziert sich aufs Schärfste von Schwachköpfen mit Umsturzfantasien, Radikalen sowie anderen extremen Randgruppen und Spinnern, die unsere Aktionswoche kapern und unseren Protest für ihre Anliegen vereinnahmen wollen", heißt es in einem Statement des Bauernverbandes zu derartigen Versuchen, die Protestaktionen zu unterwandern.
Quelle: ntv.de, mbo