Wirtschaft

Mit Atomkrieg-Tweets zum Erfolg? Wie sehr Twitter vom Trump-Effekt profitiert

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(Foto: imago/ZUMA Press)

Nach Jahren der Tristesse mehren sich bei Twitter Zeichen der Besserung. Erstmals seit dem Börsengang winkt ein Gewinn. Die Aktie legt deutlich zu. Bloß Zufall, dass dies zu Zeiten von "Twitter-Präsident" Trump geschieht?

Geht Twitter das Risiko eines Atomkriegs ein, um sein Wachstum nicht zu gefährden? Nachdem US-Präsident Donald Trump Anfang Januar Nordkorea in einem Tweet mit einem Atomkrieg gedroht hatte, waren Rufe nach einer Sperrung von dessen Account laut geworfen. Twitter erteilte dem eine Absage - nicht ohne zu betonen, dass unternehmerische Interessen dabei keine Rolle spielten: "Der Account einer einzelnen Person treibt nicht das Wachstum von Twitter oder beeinflusst die Entscheidungen."

Aber ist der spektakuläre Aufstieg von Trump, der wie kein Politiker vor ihm Twitter als Sprachrohr benutzt, wirklich von Erfolg oder Misserfolg des börsennotierten Unternehmens Twitter zu trennen? Eins ist gewiss: Kaum eine andere globale Marke wird ähnlich oft mit dem starken Mann im Weißen Haus in Verbindung gebracht wie Twitter. Fast täglich tauchen die Tweets des Präsidenten in Nachrichten rund um die Welt auf. Bessere Werbung kann sich eine Firma wohl kaum erträumen.

Und siehe da: Im ersten Jahr des "Twitter-Präsidenten" geht es für das seit seinem Börsengang 2013 durchgehend mit Verlusten kämpfende Unternehmen wieder bergauf. Der Wert der Aktie legte 2017 um fast die Hälfte zu. Allein im Dezember steigt der Kurs um satte 17 Prozent - und lässt damit sogar den starken US-Index S&P-500 deutlich hinter sich. Zuletzt notierte das Papier bei etwas über 24 Dollar - allerdings nur ein Drittel des Allzeithochs von Ende 2013.

Wertverlust durch Trump-Sperrung?

Befeuert wurde die jüngste Kursrally von ersten positiven Nachrichten im vergangenen Oktober: Twitter meldete einen Rückgang des Verlusts auf nur noch 21 Millionen Dollar im dritten Quartal - nach 103 Millionen Dollar im Vorjahreszeitraum. Aber noch wichtiger: Für das letzte Quartal 2017 stellte das Unternehmen erstmals einen "möglichen" Gewinn in Aussicht. Ob es so kommt, wird sich bei Vorlage der Zahlen Anfang Februar zeigen.

Ist das womöglich der Trump-Effekt? Tatsächlich sehen manche Analysten einen nicht unerheblichen Anteil des US-Präsidenten an der Börsenrally von Twitter. So sprach James Cakmak von der Analysefirma Monness Crespi Hardt & Co. gegenüber "Bloomberg" von einem "immateriellen Wert", den Trump Twitter verleihe – er schätzt diesen auf etwa zwei Milliarden Dollar - derzeit etwas mehr als ein Zehntel des Marktwertes.

Zwei Milliarden Dollar - um diesen Betrag würde Twitter auch an Wert verlieren, glaubt Cakmak, wenn Trump sich von Twitter zurückziehen oder das Unternehmen seinen Account sperren würde. Zwar würde dies keinen Exodus der Nutzer nach sich ziehen, so der Analyst – aber die Zahl der Zugriffe von Nicht-Nutzern, die etwa von Nachrichten-Webseiten zu Twitter weitergeleitet werden, würde erheblich zurückgehen. "Wenn dieser Traffic verschwindet, schränkt dies die Wachstumsperspektiven für Twitter ein." Und aus der ohnehin teuren Twitter-Aktie würde eine Menge Luft abgelassen.

Änderungen, um Nutzer zu gewinnen

Entgegen diesen gefühlten Werten steht jedoch fest: Fundamental hat sich die Situation von Twitter bisher nur leicht zum Guten geändert. Die Zahl von zuletzt 330 Millionen monatlichen Nutzern ist gerade mal ein Zehntel höher als Anfang 2015. Über ein derartig maues Wachstum dürfte man beim Rivalen Facebook nur schmunzeln, dort waren es im selben Zeitraum fast 44 Prozent. Auch war der Umsatz von Twitter zuletzt auf Jahressicht sogar rückläufig, wenn auch nicht so stark wie erwartet.

Hinter den zuletzt positiven Zeichen, wie der möglichen Gewinn-Premiere, könnten aber auch die jüngsten Änderungen des Unternehmens stecken, mit denen Twitter neue Nutzer gewinnen will. Die bekannteste ist gewiss die Erweiterung der zulässigen Zeichenzahl pro Tweet von 140 auf 280 im vergangenen November. Das Unternehmen setzt gleichzeitig mehr auf Live-Inhalte wie Sportübertragungen. Gleichzeitig dürfte Trump auch weiterhin für viel Aufmerksamkeit sorgen.

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