Laserwaffenspezialist EOS"Wir haben noch nie ein Vergleichsschießen verloren"
.webp)
Der australische Spezialist für Drohnenabwehr und Laserwaffen EOS strebt nach Deutschland. Im Interview mit ntv.de kündigt Firmenchef Andreas Schwer einen "markterschütternden Umbruch" bei der Rüstung in Europa an, wie die USA ihn derzeit schon erlebe. Laserwaffen, die ein deutsches Konsortium für Hunderte Millionen Euro für die Bundeswehr entwickeln sollte, habe EOS bereits im Programm, für einen Bruchteil des Preises.
ntv.de: Wie wichtig ist für Sie Deutschland als Markt und als Standort?
Andreas Schwer: Deutschland ist für uns Zielmarkt Nummer eins in Europa. Gespräche mit der französischen Regierung sind momentan weiter vorangeschritten, aber wir glauben, dass es mittelfristig in Deutschland einen viel größeren Bedarf geben wird.
Warum?
Das deutsche Rüstungsbudget für die nächsten fünf bis zehn Jahre ist deutlich höher als das anderer europäischer Länder. Deswegen werden wir uns primär auf Deutschland konzentrieren. Priorität Nummer zwei ist dann Frankreich. Wir werden in beiden Ländern operative Einheiten gründen. Wir haben in Deutschland zwei Standorte im Visier, wo wir Produktionskapazitäten und Entwicklungsfähigkeiten aufbauen werden für Laserwaffen im Allgemeinen, Anti-Drohnen-Systeme und Space Warfare. Ein möglicher Standort ist der Bodenseeraum, ein anderer Oberpfaffenhofen. An beiden Orten sind wir in der Nähe von Partnerfirmen.
Was für Waffen bieten Sie an, und warum braucht Deutschland die?
Wir haben drei Produktfamilien: Die erste sind fernbedienbare Waffenstationen, die unter anderem dazu prädestiniert sind, Drohnen vom Himmel zu schießen. Dabei kommt sogenannte Airbust-Munition zum Einsatz, die in der Luft kurz vor dem Auftreffen auf das Ziel selbsttätig zündet und eine Splitterwolke erzeugt, die zum Absturz der Drohne führt.
Die zweite Produktfamilie, genannt Apollo, sind unsere hochenergetischen Laserwaffen mit einer Leistung von bis zu 150 Kilowatt. Der Vorteil unserer Laser ist die sehr hohe Abschussrate.. Ein Apollo-Laser kann pro Minute bis zu 30 Drohnen abschießen. Das kann kein anderes heute verfügbares Waffensystem leisten. Im Bereich der Laserwaffen gibt es außer EOS lediglich ein weiteres Unternehmen, das solche Systeme in einer ähnlichen Leistungsklasse anbietet.
Die dritte Produktkategorie sind Systeme, die dem Anwendungsbereich Space Warfare zuzurechnen sind. Mithilfe hochenergetischer Laser sind wir heute bereits imstande, die Sensorik von Satelliten vom Boden aus zu blenden, also zu verhindern, dass der Satellit Aufnahmen vom Boden macht. Momentan arbeiten wir daran, dass diese Waffen Satelliten nicht nur temporär blenden, sondern ihre Sensoren zerstören. Mit einer weiteren Anhebung der Laserleistung werden wir dann imstande sein, Satelliten von der Erde aus auszuschalten. Derartige Waffensysteme werden künftig kriegsentscheidend sein. Sobald nämlich die gegnerischen Satelliten ausgeschaltet sind, verfügt der Gegner über keine Aufklärung mehr, keine Navigationssatelliten, mit deren Hilfe er Raketen und Flugkörper, also Cruise-Missiles, leiten kann, sowie keine Fähigkeit zur Kommunikation. Die US-Regierung hat vor Kurzem beschlossen, mit ihrem "Golden Dome"-Programm mit einem Budget von 175 Milliarden Dollar genau diese Fähigkeit umzusetzen. Wir wollen diese Technologie im kleineren Rahmen den Nato-Partnern in Europa anbieten. Wir sind gegenwärtig das einzige Unternehmen außerhalb der USA, das über derartige Fähigkeiten, Produkte und Systemleistungen verfügt.
Warum sollte die Bundeswehr gerade Ihre Produkte beschaffen?
Unsere fernbedienbaren Waffenstationen haben wir in Deutschland schon mit der Firma Diehl als Partner an die Bundeswehr verkauft. Diese Systeme sind in die Ukraine gegangen, wo sie zum Schutz der IRIS-T-Abschussbatterien und der Hensoldt-Radare in Kiew eingesetzt werden. Unsere Systeme sind extrem leistungsfähig - wir haben in der Firmengeschichte noch nie ein Vergleichsschießen verloren - und gleichzeitig deutlich preiswerter als Produkte beispielsweise deutscher Konkurrenten. Bei Laserwaffen gibt es in der oberen Leistungsklasse (100 bis 150kW) überhaupt nur einen weiteren Anbieter aus Israel. Verschiedene europäische Anbieter arbeiten an Lasersystemen. In Deutschland hat ein Konsortium gerade einen Prototyp einer Laserwaffe mit einer Leistung von 30 Kilowatt für die Marine entwickelt und schlägt nun ein sehr teures und langwieriges Entwicklungsprogramm auf 50 kW vor. Wie gesagt, unsere Lasersysteme haben mehr als die doppelte Leistung, und wir können sie deutlich preiswerter und mit kürzerer Lieferzeit als marktverfügbares Produkt anbieten. Die europäischen Wettbewerber liegen in der Entwicklung sowie dem Reifegrad ihrer Produkte um mehrere Jahre hinter der EOS zurück.
Über welche Preisunterschiede reden wir hier?
Wir bieten unsere ferngesteuerten Waffenstationen zur Drohnenbekämpfung 50 bis 70 Prozent preiswerter als andere deutsche Hersteller an. Ich möchte betonen, dass unsere Systeme ebenfalls in Deutschland produziert werden und frei von ausländischen Exportbeschränkungen sind. Bei den Laserwaffen plante die Bundesregierung bis vor Kurzem, einen 50-Kilowatt-Laser für 500 Millionen Euro entwickeln zu lassen und drei Systeme zu kaufen. Wir haben kürzlich an die niederländische Regierung für 71 Millionen Euro ein 100-Kilowatt-System verkauft und bieten weitere Systeme für 40 bis 50 Millionen pro Einheit an. Das heißt, bei uns könnten Sie drei Systeme mit der doppelten Leistung für etwa 120 bis 150 Millionen Euro kaufen. Drei 50-Kilowatt-Systeme kosten bei uns zusammen weniger als 100 Millionen Euro, also 20 Prozent des Preises, den der Wettbewerber vom deutschen Steuerzahler verlangt. Jetzt fragen Sie bestimmt als Nächstes, warum wir das so billig anbieten können …
Und zwar?
Wir sind ein kleines, aber hochgradig effizientes und agiles Unternehmen mit extrem kleinem Wasserkopf und deswegen niedrigen indirekten Kosten. Unsere Systeme sind so konzipiert, dass wir mit einer äußerst einfachen Systemarchitektur auf das gleiche Gesamtergebnis kommen. Wir haben unsere Laser-Architektur beispielsweise den US-Beschaffungsbehörden offengelegt. Diese waren erstaunt, dass man mit so einem einfachen, aber cleveren Systemansatz zu so einem energetisch hocheffizienten Laser kommen kann. Die klassischen großen amerikanischen Wettbewerber haben dagegen einen sehr komplexen Ansatz gewählt, der eben zu horrenden Preisen führt. Das gilt auch zum gewissen Grad für die anderen europäischen Anbieter. In den USA krempeln kleine, neue Rüstungsanbieter gerade die Branche um. Anduril etwa, ein erst vor wenigen Jahren gegründetes, auf KI spezialisiertes Startup, hat mittlerweile Branchenriesen wie Boeing oder Lockheed bei milliardenschweren Aufträgen vom US-Pentagon ausgestochen, weil es imstande ist, innovative Systemlösungen anzubieten für einen Bruchteil der Preise der etablierten Konkurrenz. Unser Ziel als "junge Wilde" der Rüstungsbranche ist es, mit Partnern wie beispielsweise Helsing den deutschen Markt mit leistungsfähigen Produkten und einem unschlagbaren Preisleistungsverhältnis zu bedienen.
Bei der Vergabe der Laserwaffen für die Bundeswehr wurden Sie zunächst gar nicht in Betracht gezogen. Wie schwer ist es als Neuling in Deutschland, sich gegen gut vernetzte, heimische Wettbewerber durchzusetzen?
Natürlich hat man es als ausländisches Unternehmen auf dem deutschen Markt zunächst einmal schwer, das gilt auch für Frankreich oder Großbritannien. In Frankreich hat uns die Regierung allerdings gleich Gehör geschenkt und den Weg bereitet, mit französischen Partnern ins Geschäft zu kommen. Das war in Deutschland leider nicht der Fall. Wir haben nur aus der Presse erfahren, dass es bei den Laserwaffen diese Direktvergabe ohne Ausschreibung geben soll. Wir haben dann Anfragen aus dem Haushaltsausschuss des Bundestags bekommen von Abgeordneten, die uns kannten. Seit rund drei Jahren stellen wir unsere Systeme in Deutschland vor. Deswegen waren die Mitglieder des Haushaltsausschusses sehr irritiert und haben diese 500-Millionen-Euro-Direktvergabe gestoppt, obwohl der Vertrag schon unterschriftsreif war.
Sehen Sie noch eine Chance, bei diesem Auftrag zum Zuge zu kommen?
Wir gehen davon aus, dass es im kommenden Jahr eine Ausschreibung und keine Direktvergabe geben wird, sodass wir eine faire Chance erhalten, unsere faktischen Vorteile auszuspielen. Wie gesagt: Wir werden unsere Systemlösungen mit einem deutschen Konsortium anbieten. Wir werden die IPR, also die geistigen Schutzrechte, sowie die komplette Produktion in Deutschland lokalisieren. Es wird keinerlei Abhängigkeit von einem ausländischen Staat geben. Wir werden ein deutscheres System anbieten, als der Wettbewerber das kann.
Deutschland vervielfacht seine Verteidigungsausgaben in sehr kurzer Zeit. Die Gefahr ist, dass das nur die Preise in die Höhe treibt, weil die einheimische Industrie die Kapazitäten gar nicht hat, um diese Nachfrage zu überbieten. Was muss passieren, damit es einen effektiven Wettbewerb gibt und sich so etwas wie die Vergabe von 500 Millionen Euro für drei Laserwaffen nicht wiederholt?
Es muss nur zu normalen Ausschreibungen kommen, so wie es eigentlich das Beschaffungsgesetz vorschreibt. Dann wird mit Sicherheit das bessere und preiswertere System gewählt werden. In den USA gibt es, wie gesagt, einen markterschütternden Umbruch durch diese jungen Wilden unter den Rüstungsanbietern. Gleiches wird in Europa auch passieren, weil einfach das Thema Rüstung nicht mehr bezahlbar sein wird.
Muss ein Platzhirsch wie Rheinmetall Angst vor Ihnen haben oder ist angesichts der Aufrüstung weltweit und insbesondere in Deutschland der Markt so groß, dass für jeden Teilnehmer etwas übrigbleibt?
In den drei Segmenten, in denen wir unterwegs sind, sind wir technologisch weltweit führend. Wir werden deshalb unseren Anteil am Gesamtkuchen erhalten - auch zulasten von Rheinmetall sowie anderen großen Anbietern. Angst wird Rheinmetall aufgrund seiner schieren Größe sicherlich nicht bekommen - aber großen Respekt uns gegenüber. Wir gehen davon aus, dass wir europaweit einen Marktanteil im Bereich hochenergetischer Laserwaffen sowie dem Bereich Space Warfare von deutlich über 50 Prozent erreichen werden. Unser Umsatz wird dadurch innerhalb der nächsten vier bis fünf Jahre um eine Größenordnung wachsen.
Drohnen, Laserwaffen, Space Warfare: Das sind Verteidigungsbereiche, die in den vergangenen Jahren durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine in das Zentrum der Kriegsführung gerückt sind und bei möglichen Kriegen in der Zukunft im Zentrum stehen dürften. Ist das im deutschen Aufrüstungsprogramm für die kommenden Jahre ausreichend berücksichtigt?
Nein. Die deutsche Aufrüstung ist immer noch viel zu konventionell. Laser sind das einzige Waffensystem, das imstande sein wird, massive Drohnenschwarmattacken abzuwehren. In der Ukraine gibt es praktisch keinen flächenmäßigen Bodenkampf mehr, wo eine Armee gepanzerter Fahrzeuge gegen eine andere antritt. Keiner wagt sich mehr aus der Deckung, weil der ganze Luftraum von Tausenden von kleinen Drohnen überwacht wird. Jedwede noch so kleine Bewegung am Boden, die sichtbar wird, wird sofort beantwortet durch Kamikaze-Drohnen, die mit dem Kapitaleinsatz von 1000 Euro einen Kampfpanzer im Wert von 25 Millionen Euro ausschalten. Wir entwickeln mit der US-Regierung gerade Systeme, die amerikanische Kampffahrzeuge schützen können. Die Europäer brauchen dringend etwas Ähnliches. Es nutzt nichts, die deutschen Panzerverbände um das Drei- oder Vierfache zu vergrößern, wenn sie innerhalb von wenigen Tagen im Gefechtsfeld durch Billigdrohnen verloren gehen.
Mit Andreas Schwer sprach Max Borowski