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Plötzlich verschwunden Wo steckt Top-Banker Bao Fan?

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"Ich denke, jeder hatte eine schlaflose Nacht", schreibt der 
Investmentbankchef der Pekinger Firma an die Mitarbeiter.

"Ich denke, jeder hatte eine schlaflose Nacht", schreibt der Investmentbankchef der Pekinger Firma an die Mitarbeiter.

(Foto: REUTERS)

Schon wieder ist ein chinesischer Milliardär weder für seine Familie noch für seine Firma erreichbar. Der für die Tech-Branche wichtige Banker Bao Fan wird offenbar von Ermittlern befragt. Der Aktienkurs seines Unternehmens rauscht in den Keller.

In China verschwinden seit einigen Jahren einflussreiche Geschäftsleute. Die meisten von ihnen tauchen später wieder auf - entweder in Freiheit oder vor Gericht. Manche aber sind noch immer verschwunden. Nun hat es einen weiteren Milliardär getroffen: Bao Fan. Er ist mit seiner Investment-Firma China Renaissance Holding einer der wichtigsten Finanzierer der chinesischen Tech-Branche. Bao hat zur Gründung zahlreicher Internet-Startups in China beigetragen, darunter die E-Commerce-Firma JD.com. Bei Mega-Fusionen in der Tech-Branche der Volksrepublik war er als Berater dabei.

Zunächst hatte das Wirtschaftsmagazin "Caixin" berichtet, Bao sei seit zwei Tagen nicht mehr erreichbar. Daraufhin veröffentlichte sein Pekinger Unternehmen eine Mitteilung an der Hongkonger Börse, der zufolge es nicht in der Lage sei, Kontakt mit Bao aufzunehmen. Der Aktienkurs brach daraufhin ein. Formulierungen wie "Nicht erreichbar" oder "kein Kontakt möglich" werden in China häufig als Euphemismus benutzt, wenn Menschen von Ermittlern befragt werden. Der Finanznachrichtenagentur "Bloomberg" zufolge wurde die Familie des 53-Jährige derweil darüber unterrichtet, dass Bao an Ermittlung mitwirke.

Das heißt nicht zwangsläufig, dass gegen Bao ermittelt wird. Es ist durchaus möglich, dass der Geschäftsmann etwa als Zeuge befragt wird. Oder das zumindest behauptet wird. Das war beispielsweise bei Zhou Chengijan der Fall. Der Gründer der Modekette Metersbonwe war unauffindbar und für seine Firma auch telefonisch nicht mehr zu erreichen. Der Zeitung "China Daily" zufolge war er festgenommen worden, um Ermittlern bei Untersuchungen wegen möglicher Aktienkursmanipulationen zu helfen. Kurze Zeit später kehrte er zurück. Das Unternehmen wird mittlerweile nicht mehr von ihm, sondern von seiner Tochter geführt.

Der wirkliche Grund für das Verschwinden kommt möglicherweise nie an die Öffentlichkeit. Einige der Geschäftsleute tauchen später wieder auf - allerdings ohne ein Wort darüber zu verlieren, warum sie weg waren. Das gilt auch für Jack Ma, dem Gründer des Online-Giganten Alibaba und zeitweise der mit Abstand reichste Chinese. Nachdem Ma die Finanzbehörden öffentlich als Innovationsbremse kritisiert hatte, sagte die Finanzaufsicht den Börsengang von Alibabas Finanzvehikel Ant Group Anfang November in letzter Minute ab - es wäre der bisher größte Börsengang weltweit gewesen. Ma verschwand daraufhin - aus bisher ungeklärten Gründen - für ein paar Wochen aus der Öffentlichkeit. Als er wieder auftauchte, kündigte er an, sich künftig stärker um wohltätige Projekte kümmern zu wollen.

Filmreife Verhaftungen

Der Hintergrund: Die Führung der Kommunistischen Partei will ihren absoluten Machtanspruch durchsetzen. Präsident Xi Jinping hatte nach seinem Amtsantritt im März 2013 zunächst angekündigt, gegen die Korruption vorzugehen. Seitdem hat die zentrale Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei fleißig gearbeitet. Zehntausende Beamte, Staatsmanager und Funktionäre wurden vor Gericht gestellt.

Erst konzentrierten sich die Maßnahmen auf Chinas Staatskonzerne, Verwaltungschefs und die Armee. Später gerieten dann der Finanzsektor und die Tech-Giganten in den Fokus - in diesen Zusammenhang gehören etwa die Verhaftungen von Hedgefonds-Milliardär "Big Xu" und vom chinesisch-kanadischen Geschäftsmann Xiao Jianhua. Deren Verhaftungen waren filmreif: Die Polizei nahm "Big Xu" fest, als er im Auto auf dem Weg zu seiner Großmutter war. Dafür sperrte sie eine der wichtigsten und spektakulärsten Brücken des Landes für eine halbe Stunde ab.

Doch das war nichts gegen die Verhaftung von Xiao Jianhua. Er wurde in Hongkong aus einem Luxushotel abgeführt - den Bildern einer Überwachungskamera zufolge mit einer Decke oder einem Laken über dem Kopf in einem Rollstuhl sitzend. Und das, obwohl der damals 44-jährige Milliardär bis dahin stets ohne Rollstuhl unterwegs gewesen war. Er wurde im August vergangenen Jahres wegen Korruption zu 13 Jahren Haft verurteilt. Auch von Xu war erst wieder zu hören, als er wegen Börsen-Manipulation vor Gericht gestellt und ins Gefängnis geschickt wurde.

Im Visier der Staatsführung standen vor allem Konglomerate wie Xiaos Tomorrow Group, die in zahlreichen Geschäftsfeldern von Banken bis Rohstoffen unterwegs war. Im vergangenen Sommer teilten die Behörden mit, Tomorrow werde "umstrukturiert", die übernahmen die Kontrolle über neun Tochterfirmen. Offenbar war das undurchsichtige Firmengeflecht so groß geworden, dass die Regierung in ihm eine Gefahr für die Finanzstabilität der Volksrepublik sah.

"Jeder hatte eine schlaflose Nacht"

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Das vom nun verschwundenen Bao geführte Unternehmen teilte mit, bisher deute nichts darauf hin, dass seine Abwesenheit in Verbindung mit den Geschäften der Firma stehe. Im vergangenen Herbst war der Präsident des Unternehmens, Cong Lin, in Gewahrsam genommen worden. Laut dem Magazin "Caixin" wird gegen ihn ermittelt - im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit für den Finanzleasing-Arm der staatlichen Industrial and Commercial Bank (ICBC).

Am Freitagmorgen versuchte der Investmentbankchef von Renaissance, die Lage zu beruhigen. "Guten Morgen (...) Ich denke, jeder hatte eine schlaflose Nacht", schrieb er in einer Rundmail an die Mitarbeiter, die der "Financial Times" vorliegt. Er forderte die Belegschaft auf, Gerüchten nicht zu glauben. "In solch einem kritischen Moment" müsse jeder Vertrauen in die Firma und die Geschäftsführung haben. Zugleich gab er zu, dass die "verfügbaren Informationen" derzeit "limitiert" seien.

Quelle: ntv.de

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